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Nacht des Ketzers

Nacht des Ketzers

Titel: Nacht des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weinek
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Fragen. Sie wussten das Losungswort und brauchten Hilfe. Das genügte ihm. Auch er hatte Frau und Kinder verloren, als das Hugenottenpogrom über die Gegend um Toulouse hereingebrochen war. Katholiken hatten sie hingemetzelt, einfach so, ohne lange zu fragen. Sie hatten sie verdächtigt, flüchtende Hugenotten zu verstecken. Er selbst hatte als Einziger fliehen können. Seitdem half er, wo er konnte, Menschen, die diesem Wahnsinn entkommen wollten.
    Unter dem Dach gab es eine Nische, in der sich die beiden zum Schlafen legen konnten. Man war übereingekommen, dass es erst einmal ratsam war, den Weg bei Dunkelheit weiterzugehen. Nach dem üppigen Mahl kletterten die beiden eine wacklige Holzleiter hinauf in den Verschlag, den Aristide, so hieß der Vetter, von außen mit Holzbalken so abdeckte, dass niemand einen Hohlraum dahinter vermuten konnte. Er löschte den Kienspan und legte sich dann selbst noch etwas schlafen.
    „Giordano?“
    „Ja“, brummte der widerwillig und kurz angebunden, da er kurz vor dem Einschlafen war.
    „Wo wollen wir denn eigentlich morgen hin?“
    „Paris“, war die knappe Antwort, und gleich darauf vernahm Guiseppe regelmäßige Atemzüge. Warum Paris? Was um alles in der Welt trieb ihn nun nach Paris? Er beschloss, sich solche Fragen nicht mehr zu stellen, solange er Giordano begleitete. Er gähnte einmal lang anhaltend und schlief dann ebenfalls ein.
     
    ***
     
    Guiseppe erwachte als Erster von dem Lärm. Dem Stand der Sonne nach zu schließen, musste es kurz vor Mittag sein. Durch einen Spalt in der Mauer sah er, wie eine Gruppe von Männern den auf dem Platz vor seinem Haus knienden Aristide umringte. Es waren Hugenotten, das konnte Guiseppe erkennen. Sie waren auf Pferden gekommen, nur so waren sie in der Lage gewesen, die Gegend rings um die Stadt so rasch nach ihnen abzusuchen.
    „Wo sind diese Bastarde? Wo hast du sie versteckt?“ Einer der Männer hatte den Alten mit der linken Hand von hinten fest im Griff, mit der rechten drückte er ihm ein Messer an die Kehle, so fest, dass sich schon eine kleine Blutspur bildete.
    „Zum letzten Mal: Wo sind sie?“
    Aristide schüttelte heftig den Kopf und gab grunzende Geräusche von sich. Auf ein Zeichen des Anführers stieß ihn der mit dem Messer in den Staub, trat ihn noch einmal heftig gegen den Bauch und spuckte auf den sich am Boden Windenden. Dann eilte die Bande davon.
    „Giordano, rasch, wach auf!“ Guiseppe schüttelte seinen Reisegefährten, bis dieser wach war. Hastig kletterten sie aus ihrem Verschlag, um dem Alten zu helfen. Aristide hatte sich aufgerichtet und machte eine abwehrende Handbewegung.
    „Fort, fort mit euch. Die Kerle geben nicht eher auf, als bis sie euch gefunden haben.“ Mühsam ächzend stand er auf. Die beiden halfen ihm ins Haus, legten ihn auf sein Bett, reinigten und verbanden notdürftig seinen Hals.
    „Hinter dem Haus, im Wald …“ Aristide konnte nur noch unter großer Anstrengung sprechen. „Zwei Esel …“
    Er gab ihnen noch die Adresse eines Freundes, bei dem sie etwa einen Tagesmarsch von hier Unterschlupf finden würden, dann verließen sie ihn. Das Versteck mit den Eseln, in dem sich auch noch zwei Ziegen und drei Schafe befunden hatten, hatten sie rasch gefunden. Etwas ungelenk saßen die beiden nun auf den sattellosen Tieren. Giordano war der bessere Reiter. Man sah ihm an, dass er als Junge oft auf den Eseln über die Felder Nolas geritten war. Für Guiseppe hingegen war es das erste Mal überhaupt, dass er auf einem Reittier saß. Mehrmals drohte er auf den Boden zu fallen, und Giordano hätte um ein Haar laut aufgelacht, wäre die Situation nicht so ernst gewesen. Die Esel brachten sie rasch vorwärts, doch manchmal meinte Guiseppe, Hufgetrappel zu hören.
    „Komm weiter“, mahnte ihn Giordano, den er inzwischen als seinen Freund sah. „Wenn sie es wirklich sind, holen sie uns mit den Pferden schnell ein.“
    Sie mussten so rasch als möglich weg, um ihre Haut zu retten.
     
    ***
     
    Giordano und Guiseppe ritten einen steinigen, schmalen Weg am Fuße eines Berges entlang. Immer wieder hatte Guiseppe sich umgedreht, da er etwas gehört zu haben glaubte.
    „Sieh nur, Giordano, sieh!“ Diesmal hatte er sich nicht getäuscht. Schnell kamen die Staubwolke und das Donnern der Hufe näher, und eine gelbbraune Rauchwolke war aufgestiegen. Eine dunkle Ahnung befiel ihn, doch sie wich rasch der Angst. Der Todesangst.

Kapitel 41
    4. Juli 1598
     
    Zufrieden rollte Bellarmin die

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