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Nacht des Ketzers

Nacht des Ketzers

Titel: Nacht des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weinek
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eigensinnig.“
    Die Königin schmunzelte bei diesen Worten, und ihr Hofstaat tat es ihr gleich.
    „Selbst die Empfehlungen ihrer Königin belieben die Professoren manchmal zu ignorieren.“
    Wieder leises Gelächter im Saal.
    „Ich werde mich Eurer Gunst schon würdig erweisen, Majestät.“
    Giordano hatte sein Selbstbewusstsein wiedererlangt.
    „Ihr dürft gehen, Monsieur. Das Schreiben wird Euch zugestellt.“
    Giordano verneigte sich tief und entfernte sich rückwärts aus dem Saal. Auch de Castelnau schickte sich an zu gehen.
    „So bleibt doch, Monsieur.“
    Die Königin war enttäuscht, als der Gesandte ebenfalls gehen wollte. Sie schlug nun wieder einen freundlicheren Ton an und bedeutete de Castelnau, zu ihr zu kommen.
    „Nun, welche Nachrichten bringt Ihr aus Frankreich?“
    Giordano wurde von einem Diener zum Haupttor des St.-James-Palastes gebracht. Abermals musste er mehrere Höfe des weitläufigen Baus aus rotem Backstein durchqueren. Überall waren Wachen postiert, so dass niemand ungehindert bis zur Königin vordringen konnte. Nahe dem Palast setzte er sich in eine Taverne, um auf de Castelnau zu warten. Nach etwa einer Stunde kam der Gesandte aus dem Palast, in der Hand eine Pergamentrolle. Giordano trat vor das Wirtshaus und winkte de Castelnau, der, als er ihn sah, mit der Rolle in der Luft wedelte.
    „Euer Empfehlungsschreiben, Monsieur Bruno. Nun aber rasch auf nach Oxford.“
    Der Empfang der Professoren war mehr als unterkühlt. Walsingham hatte ganze Arbeit geleistet und den Gelehrten als möglichen Spion des französischen Hofes denunzieren lassen. Dementsprechend abweisend verhielt sich das Kollegium. Giordano war enttäuscht, und nach kurzer Unterredung verließ er die Universität und kehrte noch in der Nacht nach London zurück. Auch de Castelnau konnte sich das Verhalten der Professoren nicht erklären und schlug vor, noch einmal bei der Königin vorzusprechen. Doch Giordano winkte ab. Wenn man ihn nicht wolle, würde er sich nicht aufdrängen. Er werde mit der nächsten Überfuhr aufs Festland zurückkehren. Der Gesandte verstand die Enttäuschung, doch versuchte er noch die halbe Nacht, ihn bei etlichen Gläsern Rum umzustimmen. Er schlug ihm einen Besuch bei William Shakespeare vor. Vergebens. Ein Zusammentreffen mit Francis Bacon. Auch das konnte seine Meinung nicht ändern. Gleich am nächsten Tag würde ein Schiff Richtung Calais auslaufen, und Giordano gedachte, an Bord zu sein.
     
    ***
     
    Elisabeth schlief schlecht. Sie träumte schwer. Ein süßlich-schmerzhafter Traum. Ein Mann hielt sie in den Armen und stieß sie immer wieder weg. Der Mann war groß, hager und von geheimnisvollem Aussehen. Wieder lief sie zu ihm hin. Wieder umarmte er sie, wollte sie küssen, doch kurz bevor es dazu kam, stieß er sie von sich. Schweißgebadet erwachte sie am nächsten Morgen. Sofort trug sie ihrer Kammerzofe auf, nach dem Philosophen im Hause des französischen Gesandten zu schicken. Nach etwa einer Stunde erhielt sie die Nachricht, dass Giordano Bruno sich Richtung Festland eingeschifft hatte.

Kapitel 67
    6. Februar 1600
     
    Es war wieder wärmer geworden in Rom. Nach einem kurzen, aber umso heftigeren Winter freuten sich die Menschen über mildere Temperaturen. Der Kardinal hatte seinen Entschluss gefasst. Die Verurteilung des Ketzers war unvermeidlich. Die Kollegen des Offiziums hatten sowohl der Hinrichtung Giordano Brunos als auch der Beccarias zugestimmt und die baldige Vollstreckung festgelegt. Bellarmin war zufrieden. Viel zu lange hatte er den Versuchen Brunos, seine abstrusen Wahrheiten in die Köpfe der Inquisitoren zu pflanzen, zugesehen. Er war müde und wollte sich damit nicht mehr belasten. Die Folterungen hatten nicht den gewünschten Effekt gebracht. Der Gefangene hatte über sein Schicksal also selbst entschieden. Er konnte nun nichts mehr für ihn tun.

Kapitel 68
     
    Gleich nach seiner Ankunft in Frankfurt am Main suchte Giordano das Gebäude der Verleger Wechel & Fischer auf, eine Adresse, die ihm de Castelnau noch mit auf die Reise gegeben hatte. Hier bedurfte es allerdings keines Empfehlungsschreibens. Die Verleger nahmen den Philosophen, als der er mittlerweile unter den gebildeten Kreisen in Europa galt, mit offenen Armen auf. Nachdem er einen Verlagsvertrag über drei Bücher unterschrieben hatte, mussten ihm die Herren Wechel und Fischer allerdings die bedauerliche Mitteilung machen, dass er keineswegs wie sonst üblich unter ihrem Dach bei freier Kost

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