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Nacht des Schicksals

Nacht des Schicksals

Titel: Nacht des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grace Green
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meint, das wird die Halsschmerzen lindern.”
    Die Abendsonne ließ sein Haar schimmern und sein Gesicht wie Bronze erscheinen. Sie, Kendra, sah jedoch mehr in ihm als sein perfektes Äußeres und war den Tränen nahe.
    Brodie Spencer, den halbstarken Flegel von Lakeview, gab es nicht mehr. Er hatte das Leben in seiner ganzen Härte kennengelernt. Nun war er ein Mann.
    “Was ist los?”, fragte er. “Du betrachtest mich, als sei ich ein Fremder. Allerdings”, fügte er mit einem spöttischen Unterton hinzu, “wäre es nicht das erste Mal.” Offenbar spielte er auf die vielen Gelegenheiten an, bei denen sie ihn nur verächtlich angesehen hatte. Sie überging seinen Vorwurf.
    “Es war lieb von dir, auch an Megan zu denken. Vielen Dank.”
    “Lieb?” Er verdrehte die Augen. “Du meine Güte!” Er sah sich um, wie ein Mann auf der Flucht. “Lass das niemanden hören! Mein Ruf wäre total ruiniert. Trotz allem, was du gelesen haben magst … Die Frau von heute will nichts vom lieben Softie wissen. Sie begehrt den Macho!”
    “Gibt es denn eine Frau in deinem Leben, Brodie?” Kendra konnte kaum glauben, dass ihr diese Frage entschlüpft war. Nun war es zu spät, um sie zurückzunehmen.
    “Im Moment nicht. Warum fragst du?” Sein Blick war durchdringend, und Brodie schien ihre Gedanken lesen zu können.
    “Nun, du bist …” Sie suchte verzweifelt nach einer Antwort, doch alles, woran sie denken konnte, war die Weisheit, die Hayley angeblich mit ihrer Freundin Zoe geteilt hatte: “Männer haben Bedürfnisse.” Fast trotzig stieß sie den Satz hervor.
    Als sie das belustigte Funkeln in seinen Augen sah, wünschte sie, der Boden würde sich öffnen und sie verschlingen. Verzweifelt blickte sie sich um und stellte fest, dass Megan sich neugierig die Nase am Wagenfenster platt drückte.
    “Ich habe tatsächlich Bedürfnisse.” Brodie legte die Hand auf ihren Arm. “Allerdings hatte ich keine Ahnung, dass du … daran interessiert bist.”
    “Das bin ich auch nicht.” Kendra hob das Kinn. “Deine Bedürfnisse interessieren mich nicht im Geringsten.”
    Sein Lächeln war der pure Spott. “Früher aber schon.”
    “Niemals!”
    “Wer war dann das Mädchen, das hinter den Vorhängen von Rosemount lauerte, wenn ich halb nackt in den Gärten der Westmores gearbeitet habe?”
    “Du redest Unsinn!” Sie bekam eine Gänsehaut. “Ich hatte Besseres zu tun, als dich zu beobachten.”
    “Und du hast dir ausgemalt, wie es wäre, meinen nackten Rücken zu berühren, mit der Hand über meine glatte, sonnengebräunte Hand zu streichen, die harten Muskeln …”
    Kendra riss sich los. “Du hast eine kranke Fantasie, Brodie Spencer!” Ihr brannten die Wangen. “Aber ich wäre dir dankbar, wenn du sie für dich behieltest – vor allem wenn Kinder in der Nähe sind.”
    “Du weißt ganz genau, dass Megan mich durch das Fenster nicht hören kann.” Er legte ihr die Hand auf die Schulter und führte sie um den Wagen herum zur Fahrerseite. Er umfasste den Griff der Tür, öffnete sie aber noch nicht. Er zog Kendra näher zu sich heran und flüsterte ihr ins Ohr: “Ja, ich habe Bedürfnisse, und eines Tages werde ich dich daran erinnern, wie stark sie sind.”
    Jetzt erst öffnete er den Wagen, und Kendra ließ sich aufatmend in ihren Sitz fallen. Während sie atemlos versuchte, den Schlüssel ins Zündschloss zu bekommen, beugte Brodie sich über sie und sagte zu Megan: “Schatz, ich hoffe, es wird dir bald besser gehen. Bis bald!”
    Dann warf er die Tür zu und schritt davon, ohne Kendra noch einmal anzusehen.
    Kendra war während des kurzen Intermezzos der Schweiß ausgebrochen, sodass ihr jetzt das T-Shirt am Rücken klebte. Wie hatte Brodie wissen können, dass sie ihn früher gelegentlich beobachtet hatte? Es konnte nur ein Schuss ins Blaue gewesen sein – aber er hatte genau ins Schwarze getroffen. Dieser Kerl war so scharfsichtig, dass es ihr unheimlich war.
    Tief in Gedanken versunken, hörte sie kaum, dass Megan mit ihr sprach, bis sie sie plötzlich sagen hörte: “Und morgen Abend fährt Jodis Dad weg.” Da horchte sie plötzlich auf.
    “Weg? Wohin denn?”
    “Nach Toronto, zu einer Messe. Da sieht er all die neuen Maschinen und macht Bestellungen für seine Firma.”
    “Wird er lange fort sein?”
    “Bis Freitagabend. Jodi sagt, dass sie nächste Woche sehr viel im Haushalt helfen muss. Hayley muss jeden Tag für den Kochkurs in der Schule ein Rezept vorbereiten, und außerdem hat sie jetzt,

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