Nacht des Schicksals
fehlte sie ihm nicht. Sie hatten beide ein Bedürfnis befriedigt, mehr war es nie gewesen. Einmal hatte Laurie sogar scherzhaft gesagt, sie würde lieber tote Würmer essen, als zu heiraten und in einem Kaff im Nirgendwo zu versauern.
An Heirat hatte auch er nie gedacht. Laurie Campell war eine Karrierefrau durch und durch, eine üppige Brünette, sexy und unersättlich … und nach ein paar Drinks manchmal ein wenig ordinär. Keinesfalls eine Frau, die man mit nach Hause nahm und den Kindern vorstellte.
Die Kinder! Seine Gedanken kehrten in die Gegenwart zurück. Wie mochte es Jodi gehen? Sie hatte sich wirklich eine üble Erkältung eingefangen. Bestimmt hatte sie heute nicht zur Schule gehen können.
Er sah auf den Radiowecker neben seinem Bett. Sieben Uhr fünf. Zu Hause war es jetzt fünf nach vier. Eine gute Zeit zum Anrufen. Danach würde er in die Bar hinuntergehen und sich ein kühles Bier genehmigen.
Er setzte sich auf die Bettkante und wählte. Einen Augenblick später hörte er das Rufzeichen. Mrs T. hatte es sich bestimmt mit einem Kreuzworträtsel der
New York Times
auf dem Schoß bequem gemacht. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Wie sehr wünschte er, sich jetzt zu Hause entspannen zu können!
Am anderen Ende wurde der Hörer abgenommen, und eine vertraute Stimme sagte: “Bei Spencer.”
Brodie streckte abrupt den Arm aus, als hätte ihn der Hörer gebissen. Das war nicht der walisische Akzent der alten Lady, die sonst auf die Kinder aufpasste. Was, zum Teufel, machte Kendra Westmore in seinem Haus?
7. KAPITEL
Kendra runzelte die Stirn. “Hallo?”, sagte sie. “Hallo?”
Am anderen Ende war nichts zu hören.
Sie wollte gerade den Hörer wieder auf die Gabel legen, als sie die Stimme eines Mannes … eine sehr vertraute Stimme fragen hörte: “Kendra? Was, zum Teufel, geht dort vor?”
Sie sank gegen den Küchentisch. Als das Telefon klingelte, hatte sie angenommen, dass es Hayley wäre. Mit Brodie hatte sie nicht im Mindesten gerechnet. Am allerwenigsten damit, dass schon der Klang seiner Stimme ihre Knie weich werden ließ.
“Brodie?” Mit der freien Hand zog sie sich einen Küchenstuhl herbei und ließ sich darauf niedersinken.
“Was ist los?”, fragte er. “Stimmt etwas nicht?”
“Deine Mrs Thomas konnte nicht kommen.” Sie blickte angestrengt auf das Blech mit heißen Zimtkeksen, die sie gerade aus dem Ofen genommen hatte. “Hayley hat mich heute Morgen angerufen und gefragt, ob ich einspringen könnte.”
Ein halbes Dutzend Herzschläge lang hörte sie gar nichts. “Du spielst den Babysitter? In meinem Haus?”, hörte sie ihn dann fragen.
Da war er wieder, dieser spöttische Unterton. Die Worte selbst waren nicht verletzend, doch zwischen den Zeilen konnte sie deutlich heraushören, was er wirklich dachte: Die hochnäsige Westmore-Göre ist Babysitter für die Spencer-Kinder. Wenn das die Leute wüssten!
Sie unterdrückte eine bissige Erwiderung, die ihr schon auf den Lippen lag. “Ich habe Megan mitgebracht. Sie ist auch krank”, erklärte sie stattdessen.
“Ich stehe in deiner Schuld.” Der Spott war verschwunden. “Es tut mir leid. Ich hätte mit Mrs T. sprechen sollen, bevor ich abgereist bin, um sicherzustellen, dass sie im Notfall …”
“Es hat keinen Zweck, über vergossene Milch zu jammern, Brodie”, unterbrach Kendra ihn kühl. “Aber ich bin froh, dass du angerufen hast. Ich wollte Doktor Jamieson bitten, sich Megan einmal anzusehen. Ist er auch euer Hausarzt?”
“Ja, das ist er. Ich wäre dir dankbar, wenn du ihn bitten könntest, Jodi auch gleich mit zu untersuchen. Und zögere nicht, mich anzurufen, wenn du es für nötig hältst. Bist du im Wohnzimmer?”
“Nein, in der Küche.”
“Die Telefonnummer meines Hotels hängt dort an der Pinnwand.”
“Ach ja, ich sehe sie.”
“Gut. War es das? Geht es Hayley und Jack gut?”
“Jack habe ich nicht gesehen. Er ist zur Schule gefahren, bevor ich angekommen bin. Aber ja, ich denke alles andere ist in Ordnung.”
“Sag Hayley bitte, dass ich sie morgen früh anrufen werde, ungefähr um sieben nach eurer Zeit.”
“Brodie, ich habe überlegt …”
“Ja?”
“Mrs T. wird ein paar Tage verreist sein. Falls der Arzt sagt, dass Jodi auch morgen nicht in die Schule gehen sollte, wäre es einfacher, wenn ich die Nacht hier verbringen würde. Megan hat Fieber, und ich möchte sie nicht in diesem Zustand hin und her transportieren. Auch für Hayley wäre es leichter, wenn sie
Weitere Kostenlose Bücher