Nacht des Schicksals
Freitag immer ziemliche Unordnung im Haus herrscht. Warum nicht jemanden einstellen?”
Er schloss die Hände um seine Tasse und sah Kendra an. “Anfangs war es wichtig”, erklärte er, “dass ich den Kindern zuliebe so wenig wie möglich änderte. Ich wollte schon damals eine Haushälterin einstellen, aber Hayley duldete keine Frau im Haus.” Er zuckte die Schultern. “Nicht in der Küche ihrer Mutter.”
“An ihrer Mutter Stelle”, sagte Kendra nachdenklich. “Das kann ich verstehen. Sie wollte diesen Platz selbst einnehmen.”
“Ja, ich glaube, so war es. Verdammt, die Kleine war noch nicht einmal zwölf, aber sie war wild entschlossen. Und sie hatte recht. Es war eine gute Entscheidung. Es hat uns noch enger zusammengebracht, weil keine fremde Person zwischen uns stand.”
“Aber jetzt?”
“Du warst doch fast eine Fremde für die Kinder. Wie haben sie es aufgenommen, dass du die ganze Woche hier warst und den Haushalt geführt hast?”
Brodie hatte ihre Frage nicht beantwortet, doch sie ahnte, warum er seine gestellt hatte. “Es hat ihnen gefallen, glaube ich. Es hat keinerlei Schwierigkeiten gegeben.”
“Das habe ich mir gedacht.” Er strich sich mit den Fingern durch das vom Duschen noch feuchte Haar. “Ich werde wohl bald einmal mit den Kindern darüber sprechen müssen, ob wir nicht jemanden einstellen.”
Kendra überlegte, ob sie ihm von Hayleys Plänen, aufs College zu gehen, erzählen sollte, doch sie entschied sich dagegen. Das ging sie nichts an. Doch sie wünschte, sie könnte die steile Falte auf Brodies Stirn glätten. Sie wünschte, sie hätte das Recht, die Arme um ihn zu legen und ihm einen Kuss …
Oh ja … Sie hatte gesehen, was gestern Nacht passiert war, als sie ihm die Arme um den Nacken gelegt hatte! Sie riss sich zusammen und wandte ihre Aufmerksamkeit der Pfanne zu. “Die Eier auf beiden Seiten gebraten?”, fragte sie.
“Nein, so sind sie gut.”
Sie arrangierte sein Essen hübsch auf dem Teller und stellte diesen vor ihm auf den Tisch.
“He, das sieht fantastisch aus!” Die Falte auf seiner Stirn war verschwunden. “Wo hast du kochen gelernt?”
“Ich habe in Vancouver Kochkurse besucht.”
“Nachdem dein Mann gestorben war?”
Sie errötete. “Ja, ich habe es gelernt, als ich … allein war.” Dann bemühte sie sich schnell, das Gesprächsthema zu wechseln. “Als ich noch in Rosemount lebte, hat Molly Flynn für uns gekocht, und sie hat niemanden in ihre Küche gelassen. Als ich mit siebzehn von zu Hause wegging, wusste ich nicht einmal, wie man ein Ei kocht.”
“Hattest du denn keine Hauswirtschaftskurse in der Schule?”
“Die habe ich nicht in meinem Stundenplan unterbekommen. Ich hatte zu viele akademische Kurse.”
“Dann hattest du in Vancouver einen Job?”
“Ja. Ich habe als Köchin in einem kleinen Hotel gearbeitet.”
“Hast du viele Freunde zurücklassen müssen, als du wieder hierhergezogen bist?”
Kendra kam sich vor wie bei einem Verhör. “Nur … Arbeitskollegen. Wir haben uns während der Arbeit gut verstanden, aber sonst haben wir nicht viel Kontakt gehabt. Ich habe meine Freizeit ganz Megan gewidmet. Wir wohnten in keiner schönen Umgebung. Das Zentrum von Vancouver ist kein Ort, an dem man ein kleines Mädchen zum Spielen hinauslässt.” Sie nippte an ihrer Tasse. “Das war der eigentliche Grund, warum ich gern nach Lakeview zurückgekehrt bin. Ich wollte aus der Großstadt heraus.”
“Für die Pension, die du planst, werden dir deine Kochkünste zugutekommen. In Rosemount hast du Platz für mindestens zwölf Gäste. Die Lage dort oben auf dem Hügel ist ideal. Ich bin sicher, dass du den ganzen Sommer über ausgebucht sein wirst.”
Bevor Kendra antworten konnte, kam Hayley hereingestürmt. “Guten Morgen, alle miteinander!”, rief sie fröhlich aus. “Ich habe deinen Wagen gesehen, Brodie. Du bist früh zurück!” Sie umarmte ihn kurz, schnappte sich einen Muffin aus dem Korb und verschwand durch die Hintertür. “Ich bin in Eile. Ich muss meine Präsentation vorbereiten.”
Kaum war sie verschwunden, kam Jack auf Socken hereingerutscht. “He, du bist schon zurück, Dad. Cool! Hallo, Kendra, kann ich dasselbe wie gestern haben? Aber nur vier Pfannkuchen heute, ich bin nicht so hungrig.”
Lächelnd stellte Kendra ihre Tasse ab und machte das Frühstück für Jack fertig. Als sie den Teller vor ihm hinstellte, sagte sie: “Vergiss nicht dein Mittagessen. Es steht fertig verpackt im Kühlschrank.
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