Nacht des Schicksals
senkte und sah, welche Wirkung sie auf ihn hatte.
Von draußen erklang plötzlich lautes Jaulen. Fetch wollte herein. Dankbar ergriff Brodie die Gelegenheit, der Versuchung den Rücken zu kehren und die Beherrschung wiederzugewinnen. “Entschuldige mich”, sagte er und ließ sich viel Zeit damit, die Tür zu öffnen.
Der Labrador schoss an ihm vorbei, und als Brodie sich umwandte, war Kendra verschwunden. Er neigte den Kopf und hörte ihre Schritte im Flur verklingen. Fetch ignorierte ihn und lief Kendra hinterher. Einen Moment später hörte Brodie, wie die Tür der Kammer geschlossen wurde.
Aufatmend strich er sich mit zitternden Fingern durchs Haar. Das war knapp gewesen! Vielleicht war sein Plan, Kendra in sein Bett zu locken und sie dann sitzen zu lassen, doch nicht so gut. Er hatte sich einmal an ihr verbrannt. Wenn er nicht aufpasste, würde es wieder geschehen. Das durfte nicht sein!
Am nächsten Morgen machte Kendra gerade Pfannkuchen fürs Frühstück, als sie Brodies Schritte im Flur hörte. Der Löffel glitt ihr aus der Hand, und erschrocken fuhr sie zusammen, als er klappernd auf den Boden fiel. Mit hochrotem Kopf hob sie ihn auf und steckte ihn in den Geschirrspüler. Als sie die Klappe schloss, kam Brodie in die Küche.
Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Brodie trug schwarze Shorts, ein weißes T-Shirt und Ledersandalen. Sein Kinn war glatt rasiert, und seine Augen wirkten heute eher blau als grün. Mit kühlem, scheinbar uninteressiertem Blick musterte er sie vom Pferdeschwanz bis zu den eng sitzenden Jeans.
“Morgen”, murmelte er gelassen. “Gut geschlafen?”
Als hätte es diesen Kuss nie gegeben! Sie würde ihm nicht verraten, dass die Erinnerung daran sie die halbe Nacht wach gehalten hatte. Diese Genugtuung wollte sie ihm nicht verschaffen! Sie war hin- und hergerissen gewesen zwischen unerfülltem Verlangen und Zorn über die kühle Zurückweisung.
“Ausgezeichnet!” Ihr Tonfall war nicht weniger gleichgültig.
“Gut.” Die Muskeln spielten unter seinem Hemd, als er sich nach dem Regal ausstreckte und einen Becher herunternahm. Die Küche hatte mindestens fünfzehn Quadratmeter, doch seit er eingetreten war, kam sie Kendra so klein vor wie eine Telefonzelle. Obwohl das Fenster offen stand, bekam sie kaum Luft. Ihm mochte es leicht fallen, so zu tun, als wäre nichts geschehen. Ihr nicht.
“Was möchtest du frühstücken?”, fragte sie. “Eier mit Speck? Pfannkuchen? Toast? Wurst und Tomate?”
“Ja”, erwiderte er. “Hört sich gut an.”
Trotz ihrer Anspannung umspielte ein Lächeln ihre Lippen. Er schien nicht verstanden zu haben, dass sie ihm eine Auswahl angeboten hatte.
“Soll ich dir einen Kaffee eingießen?”, fragte er.
“Danke.” Sie hob die fertigen Pfannkuchen aus der Pfanne und schob sie auf einen Teller. “Mit etwas Milch bitte.” Dann schlug sie zwei Eier in die Pfanne, und als sie fest zu werden begannen, fügte sie ein paar Tomatenscheiben hinzu. Aus dem Ofen nahm sie eine Platte mit knusprig gegrillten Würstchen, die sie dort warmgehalten hatte.
Als sie sich wieder aufrichtete, stand Brodie mit der Kaffeetasse vor ihr. Er roch nach Shampoo und Seife. Sehr sauber, sehr zivilisiert. Warum waren dann ihre Nerven zum Zerreißen gespannt, als wäre er ein Neandertaler, der sie jeden Moment bei den Haaren packen und in seine dunkle Höhle schleppen wollte? Sie mied seinen Blick, während sie ihm die Tasse abnahm, und stellte erleichtert fest, dass er sich wieder entfernte und ans andere Ende des Tisches setzte.
Die Kinder waren noch nicht heruntergekommen. Ihre Gedecke standen sauber und ordentlich an ihrem Platz. In der Mitte stand eine Vase mit Blumen, die Kendra frisch aus dem Garten geholt hatte, und in einem Korb lag, frisch aus dem Ofen, ein Berg duftender Muffins.
“Daran”, stellte Brodie genüsslich fest, “könnte ich mich gewöhnen.”
Hatte er je verführerischer ausgesehen? Sie trank einen großen Schluck Kaffee und befahl ihrem Herzen vergeblich, sich zu beruhigen. “Woran?”
“Sich morgens an einen gedeckten Tisch zu setzen”, erwiderte Brodie gedehnt, “auf dem frische Blumen stehen, und sich von einer schönen Frau das Frühstück servieren zu lassen.”
“Nimm dir eine Haushälterin, Brodie!”, empfahl Kendra ihm scharf.
“Daran habe ich in letzter Zeit auch schon gedacht.”
“Warum hast du es nicht längst getan?”, fragte sie. “Ich meine, ihr habt alle viel zu tun, und du hast selbst gesagt, dass bis zum
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