Nacht des Verfuehrers - Roman
und ihr Leben gegen eine Übermacht von fast vierzig Soldaten zu verteidigen.
Es klopfte leise. Als die Tür sich öffnete, erhob Dumitru sich verblüfft. Er sah zuerst den Ärmel eines Soldaten und dann, als die Tür weiter aufging, Alcy, die eine kleine Öllampe in der Hand hielt, ein Nachtgewand trug und ihn mit verzweifelter Intensität ansah. Bevor er noch reagieren konnte, trat sie ein und machte die Tür hinter sich zu.
»Du hattest Recht«, sagte sie. »Man weiß nie, wozu ein klein bisschen Geld gut sein kann. Ich habe die Wachen und die Zofe bestochen. Was macht es in ein paar Tagen schon für einen Unterschied, ob wir das Schlafzimmer geteilt haben oder nicht?«
»Alcy …«, sagte er. Die Aktion war eine sinnlose Geste, eine Intensivierung ihrer Leiden, wenn die unweigerliche Trennung dann wirklich erfolgte. Und falls er sie schwängerte …
Die Vorstellung hätte ihn entsetzen müssen, denn was hätte ein Kind, das unter solchen Umständen geboren wurde, vom Leben erwarten können? Und doch erfüllte ihn der Gedanke mit einer schrecklichen Hoffnung, einem Gefühl, das er seit Wochen nicht mehr zugelassen hatte. »Komm her«, sagte er rau und nahm sie in die Arme.
Sie klammerte sich an ihn, ihr Mund suchte ihn mit einer Verzweiflung, die ihm den Atem verschlug. Sie war unter dem Nachtgewand nackt, er spürte, wie ihre harten Nippel sich durch den Stoff drückten, und sie war heiß, köstlich heiß, nicht vor Fieber, sondern vor Lust.
Es war eine Sache von Augenblicken, ihr das Nachtgewand
auszuziehen, und seine eigenen Kleider dazu. Sie stand zitternd im Licht der Lampe, denn das kleine Kohlenbecken gab kaum Wärme ab. Ihre Brüste waren voll, doch die Rundlichkeit ihrer Hüften war geschwunden.
Er hob den Blick und sah, dass sie ihn anstarrte, seinen Körper anstarrte. Von den Blutergüssen, welche die Schläge der Leute von Penev ihm eingetragen hatten, waren die schlimmsten noch zu sehen und überzogen seinen Brustkorb mit einem gelblichen Muster.
»Sie haben dich geschlagen«, flüsterte Alcy entsetzt. »Dumitru -«
»Ich sie auch, glaub mir«, erwiderte er. »Ich war ziemlich wütend, als ich feststellen musste, dass mein Kontaktmann in Sofia mich hintergangen hatte.«
Sie riss die Augen auf. »Du hast ihn geschlagen? Das hast du mir nicht erzählt!«
»Ihn habe ich auch nicht erwischt, aber seine Handlanger dürften ihre Wunden ein paar Tage geleckt haben.«
»Gut.« Ihr Tonfall war boshaft. »Das haben sie auch verdient!«
Er lachte. »Alcy, erinnere mich daran, dass ich dich nicht noch einmal gegen mich aufbringe. Ein zweites Mal überlebe ich das vielleicht nicht.«
»Du überlebst vielleicht schon das erste Mal nicht«, meinte sie nüchtern.
»Du darfst dir hierfür nicht die Schuld geben«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Nun sieh dich an, du zitterst so, dass du kaum noch stehen kannst. Er nahm die oberste Decke vom Bett und legte sie ihr um die Schultern.
Sie fasste danach, mit starrsinniger Miene. »Ich bin vielleicht nicht voll verantwortlich, zu einem Teil aber schon.«
Er seufzte. »Genau wie ich. Weit mehr als du, eigentlich. Denn ich habe das alles in Gang gesetzt und dafür gesorgt, dass man uns ein zweites Mal erwischt.« Sie setzte zu sprechen an, aber er hob die Hand. »Nein. Tu einfach so, als hätte ich nichts gesagt. Wir werden uns nicht die ganze Nacht über darüber streiten, wer wie viel Anteil an Schuld trägt. Wen interessiert das jetzt noch? Es spielt keine Rolle mehr.«
Alcy wirkte ernüchtert. »Du hast Recht.« Sie schwieg eine Weile, dann presste sie die Lippen aufeinander und suchte mit den Augen sein Gesicht ab. Schließlich platzte sie heraus: »Verdammt noch mal, Dumitru! Ich will dich nicht verlieren!«
»Und ich will dich auch nicht verlieren«, sagte er und gab einen Laut von sich, der ein Lachen, aber auch ein Schluchzen hätte sein können. Alcy zog ihn aufs Bett und küsste ihn.
Sein Körper war warm und fest. Alcy weinte, ohne es zu merken. Sie küsste ihn wieder und wieder, kostete ihn, prägte ihn sich ein. Sie brauchte ihn, wie sie nie zuvor jemanden gebraucht hatte; sie brauchte ihn in sich – und sie brauchte etwas, das ihr niemand je wegnehmen konnte. Sie glitt an seinem Körper hinunter und küsste ihn überall. »Alcy«, sagte er, »oh, meine süße, süße Alcy, alles wird gut.«
Sie stemmte sich hoch und sah ihm in die hellblauen Augen. »Nein, das wird es nicht, Dumitru. Das ist ja gerade das Problem. Es wird nie mehr gut
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