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Nacht des Verfuehrers - Roman

Nacht des Verfuehrers - Roman

Titel: Nacht des Verfuehrers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce Gabi Langmack
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war sein Misstrauen mir gegenüber, das mich bewogen hat, aus Severinor zu fliehen, nicht die Entführung.«
    Der Sultan schwieg eine lange Zeit. »Ich denke, ich kann Ihnen glauben, was die Angelegenheit überaus erleichtert.« Er schenkte ihr ein Lächeln, das tausend Jahre alt zu sein schien. »Meine gute Freundin, die Gattin von Admiral Lord Bunting, hat von Ihrer Anwesenheit gehört und würde Sie gerne kennenlernen. Zu diesem Zwecke habe ich für heute Abend eine Unterhaltung im englischen Stil arrangiert, zu der der Admiral, seine Gattin und einige hochrangige westliche Besucher erwartet werden.«
    Alcy blinzelte und blinzelte nochmals. »Ich fühle mich geehrt, Eure Majestät.«
    »Ja«, sagte er trocken. »Das dürfen Sie auch.«
    Ich bin eine politische Größe, dachte sie begeistert. Ich bin nicht mehr nur die Frau eines Verräters, sondern eine Engländerin, an der ein britischer Admiral Interesse zeigt. Dies musste die Chance sein, Dumitru zu retten, sich selbst zu retten. Es musste einfach die Chance sein. Denn es war vermutlich die einzige, die sie bekommen würde.

Kapitel 22
    Dumitru erwachte, weil er einen Schlüssel im Schloss knarren hörte; er war völlig desorientiert. Die Tür schwang auf, und er blinzelte angespannt ins Licht einer Öllampe.
    »Da«, sagte der Schließer in osmanischem Arabisch. »Deine Frau will, dass ich dir sage: ›Ich habe gelogen, weil ich dich liebe. Benutze es, so du musst.‹«
    Worauf ein anderer Mann in die Zelle trat und etwas auf den Boden stellte. In dem Augenblick, bevor die Zellentür wieder ins Schloss fiel und das Licht aussperrte, konnte Dumitru eine Schüssel mit Essen erkennen, einen Krug mit irgendeinem Getränk – und ein Messer.
    Benutze es, so du musst , hatte sie gesagt. Mein Gott, Alcy, du närrische, starrsinnige Frau, dachte er in der Dunkelheit. Was täte ich ohne dich?
     
    Sowohl Alcy als auch der Sultan blieben im Thronsaal, während die Vorbereitungen für das Fest getroffen wurden. Die Musiker, die hinter einem Paravent neben dem Podium saßen, begannen leise, seltsam melodiöse Lieder zu spielen, während der Sultan sich mit diversen Würdenträgern und Beamten besprach, die durch eine kleine Tür ein und aus gingen. Alcy hatte das Gefühl, dass der Sultan nur blieb, weil er ihr misstraute und sie im Auge behalten wollte.

    Und er hat auch allen Grund, mir zu misstrauen, solange er meinen Ehemann gefangen hält, dachte sie verbittert. Sie stellte ein betont teilnahmsloses Gesicht zur Schau und platzierte sich unter einem der Bögen, um den Dienstboten, die ein Möbelstück nach dem anderen anschleppten, nicht in die Quere zu kommen.
    Alcys Schönheit und ihr Verstand würden heute Abend ihre einzigen Waffen sein, doch nie zuvor hatte sie sich so schlecht gerüstet gefühlt. Sie musste atemberaubend wirken, sich dem westlichen Publikum als die perfekte Frau präsentieren. Was den männlichen Teil des Publikums betraf, hieß das, klug zu wirken, aber dennoch frivol und romantisch, auf dass die Männer wegen ihres zarten Lächelns und ihrer strahlenden Augen sich zu draufgängerischen Taten bemüßigt sahen, von denen sie dann ihr Leben lang erzählen konnten. Eine Geschichte, dachte Alcy, ich muss zur Gestalt einer Geschichte werden. Keine gedankenlosen Äußerungen heute Abend, keine spitzen Bemerkungen, keine Ungeduld, die das reizende Benehmen verunzierte. Sie hatte nie zuvor einen Mann wirklich geblendet, das begriff sie jetzt, aber sie hatte es auch nie zuvor wirklich darauf angelegt.
    Die Dienstboten platzierten im ganzen Saal Mobiliar, bis sich am Ende zwei Abteilungen gebildet hatten – ein Salon und ein Speisezimmer. Diwans und niedrige Tische mischten sich mit Chippendale-Stühlen und Sheraton-Beistelltischen, die in ihrer Gegensätzlichkeit bei Weitem exotischer waren, als rein Fremdländisches es vermocht hätte. Die Tafel wirkte allerdings sehr vertraut, und Alcy war für die Stühle dankbar, denn sie hatte nicht die leiseste Ahnung, wie sie in einem Korsett in hockender Haltung anmutig
hätte dinieren sollen; und sie befürchtete, dass man genau das von ihr erwartete.
    Als die Dienstboten fertig waren, schlug einer der Leibgardisten des Sultans ein Instrument an – eine Glocke, einen Gong? -, was die Musiker mitten im Stück verstummen ließ. Die Wachen öffneten daraufhin die breite Doppeltür am Ende des Saals.
    »Sie dürfen sich dem Diwan nähern, Admiral Lord und Lady Bunting«, verkündete der Herold, der zuvor schon

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