Nacht des Verfuehrers - Roman
eintreffen«, hatte Alcy erklärt. Unter dem strengen Regiment seines Großvaters war alles, was allzu verdächtig nach Komfort aussah, nach unten verbannt worden, aber Celestes unerbittliche Jagd hatte Möbel zu Tage gefördert, die – auch wenn sie vom Stil her vielleicht nicht ganz zusammenpassten – recht ansprechend und gemütlich waren.
Volynroskyj lachte bellend auf. »Ist sie verheiratet? Ein Zimmer wie das hier bringt selbst den überzeugtesten Junggesellen zum Grübeln, ob sein Lebensstil klug gewählt ist.«
»Nein, und sie kommt aus Frankreich«, sagte Dumitru trocken. »Ich meine mich zu erinnern, dass du ein Faible für Französinnen hast.«
Volynroskyj lachte breit. »Du erinnerst dich richtig,
auch wenn mich die betreffenden Französinnen vor allem wegen ihres Geldes interessiert haben, nicht ihrer persönlichen Qualitäten wegen.«
Dumitru hatte damit gerechnet, dass Alcy aus ihrem Studierzimmer kommen würde, sobald sie Stimmen hörte, doch sie ließ sich nicht blicken. Er schob die angelehnte Tür auf. Das Zimmer war leer, und er wusste auch nicht zu sagen, wann der sich ständig in Bewegung befindliche Papierberg zum letzten Mal umgeschichtet worden war. Er runzelte die Stirn und ging zur Tür ihres Schlafzimmers. Sie war zu, also drehte er den Knauf und -
- und nichts passierte. Die Tür war verriegelt. Er versuchte es ungläubig noch einmal. Die Tür ratterte im Schloss, aber öffnen ließ sie sich nicht.
Er stierte das alte harzige Pinienholz eine Weile lang an, starr vor Erstaunen. Dann klopfte er mehr als irritiert an.
» Qui est-ce? «, rief Celeste leise hinter der Tür.
»Wo ist meine Frau?«, geiferte Dumitru, ohne sich groß mit einer Antwort aufzuhalten. Wer sonst sollte um diese Tageszeit anklopfen?
»Madame fühlt sich ein wenig unwohl«, erwiderte Celeste aufgeräumt, aber in gedämpftem Tonfall. »Sie möchte eine Weile alleine sein, um sich in Ruhe zu erholen.«
»Wenn sie krank ist, dann möchte ich nach ihr sehen«, sagte Dumitru und spürte einen sorgenvollen Stich.
»Sie braucht aber nichts; sie schläft, Sir. Lassen Sie sie ausruhen. Wenn Sie so weitermachen, wecken Sie sie noch auf.« In ihren Worten schien eine sonderbare Freude mitzuschwingen.
Dumitru zögerte. Celeste hörte sich nicht wie sonst an: Ihre Stimme hatte einen Unterton, der beinahe … unfreundlich
war. Aber das war ja wohl lächerlich. »Nun, denn«, sagte er und verwarf den Gedanken, »sehe ich sie denn zum Abendessen?«
»Ach, bis dahin wird sie sich bestimmt besser fühlen, Sir!«
Die fröhliche Zuversicht in Celestes Stimme vertrieb Dumitrus Zweifel, und als er sich mit Volynroskyj zum Mittagessen setzte, verspürte er nur noch einen winzigen Rest von Verunsicherung. Nachdem sie gespeist hatten und der Verwalter gegangen war, starrte Dumitru einen Moment lang Alcys Zimmertür an, aber es drang kein Laut heraus, genau wie das ganze Mittagessen über. Also verließ er wortlos den Salon und ging nach unten, wo ihn schon wieder die Pflicht rief.
Dumitru lud Volynroskyj zum Abendessen erneut nach oben ein, denn er wusste ja, dass Alcyone ihn gern sehen würde, sobald sie gesund und munter war. Aber als sie oben eintrafen, war der Salon dunkel, das Studierzimmer leer. Dumitru ging zur Schlafzimmertür und klopfte, ohne zu zögern, an.
»Still«, drang Celestes gedämpfte Stimme heraus. »Sind Sie das, Sir?«
»Natürlich«, sagte Dumitru. »Ist die Gräfin wach?«
»Das war sie, ungefähr eine halbe Stunde lang, aber jetzt schläft sie wieder«, erklärte die Zofe.
Celestes zufriedener Unterton ließ Dumitru die Stirn runzeln. »Dann ist sie also krank? Hat sie Fieber? Hat sie sich verkühlt?«
»Aber nein, Sir«, kam auf der Stelle die Antwort. »Sie ist nur müde und hat leichtes Kopfweh, ansonsten, sagt sie,
gehe es ihr gut. Das hat sie früher schon manchmal gehabt, sie ist bloß erschöpft. Das kommt, weil sie sich mit ihren Büchern und ihren Aufzeichnungen so anstrengt. Sie bekommt dann nervöse Anwandlungen.«
Dumitru wechselte einen Blick mit Volynroskyj, der die Schultern zuckte. Nun gut, er und Alcy waren gerade zwei Monate verheiratet, er konnte natürlich nicht alles von ihr wissen, doch irgendwie wollte das hier gar nicht recht zu ihr zu passen. Vielleicht war ja etwas anderes nicht in Ordnung – etwas, das weit ernster war, als Celeste ihn glauben machen wollte. Oder … Dumitru kannte nur eine Sache, die Frauen sich müde und schwach fühlen ließ, ohne dass sie krank
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