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Nacht in Havanna

Nacht in Havanna

Titel: Nacht in Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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wunder Punkt, daß es wirklich unsinnig wäre, sich mit ihnen zusammenzutun. Aber was noch wichtiger ist, sie sind einfach dumm. Nichts für ungut, Arkadi.«
    »Kein Problem.«
    »Wenn ein Russe Geld will, sagt er, ich werde einen reichen Mann entführen, ihn bis zum Hals eingraben und ein Lösegeld verlangen. Vielleicht zahlt seine Familie, vielleicht aber auch nicht. Beiderseitig ein sehr kurzfristiges Geschäft. Wenn ein Amerikaner Geld will, sagt er, ich schicke eine Massenwurfsendung raus, in der ich ein Investment mit unwiderstehlicher Rendite anbiete. Vielleicht zahlt sich die Investition aus, vielleicht auch nicht, aber solange ich Anwälte habe, werden diese Leute für den Rest ihres Lebens zahlen. Und wenn sie tot sind, besorge ich mir einen Titel für ihr Erbe. Sie werden sich wünschen, ich hätte sie bis zum Hals vergraben.«
    »Das haben Sie gemacht?« fragte Arkadi.
    »Ich sage nicht, daß ich das gemacht habe, ich sage nur, daß so etwas in den Staaten gemacht wird.« Er hob seine Hand und setzte sein breitestes Grinsen auf. »Das ist die reine Wahrheit. Ich habe vor Bezirksgerichten in Florida und Georgia und vor Bundesgerichten in New York und Washington ausgesagt, und ich habe nie gelogen.«
    »Da haben Sie aber vor ganz schön vielen Gerichten die Wahrheit gesagt«, erwiderte Arkadi.
    »Dabei«, fuhr O’Brien fort, »sind mir glückliche Investoren viel lieber. Ich bin zu alt, um mich von wütenden bärtigen Männern verfolgen zu lassen oder gerichtlichen Vorladungen von Typen aus dem Weg zu gehen, die ihr ganzes erbärmliches Leben lang keinen Fuß mehr in die Tür bekommen werden. He, wir sind da!«
     
    Walls bog vor dem entgegenkommenden Verkehr in die Auffahrt eines luftigen Hotelhochhauses, eines kantigen Turms aus blauen Baikonen, an dessen Basis sich eine bunte Kuppel schmiegte. Arkadi war schon einmal an dem Hotel vorbeigekommen, doch erst jetzt fiel ihm auf, daß die Architektur den amerikanischen Stil der fünfziger Jahre in Reinkultur verkörperte. Und sie waren in dem genau dazu passenden Wagen gekommen, der jetzt vor einem Eingang mit Markise neben einer Statue hielt, die vielleicht ein Seepferd und eine Sirene darstellte und aus dem größten aller Walknochen geschnitzt war. Der Begeisterung des Türstehers nach zu urteilen war dies nicht John O’Briens erster Besuch in dem Etablissement.
    »Das Riviera«, erklärte er Arkadi im Flüsterton, als wären sie im Begriff, den Vatikan zu betreten. »Die amerikanische Mafia hat auch andere Hotels gebaut, aber das Juwel war das Riviera.«
    »Und was hat das mit mir zu tun?« fragte Arkadi.
    »Ein wenig Geduld, bitte. Es wird sich alles fügen.«
    O’Brien nahm respektvoll seine Golfmütze ab, bevor sie die Treppe hinaufstiegen und durch Glastüren in eine flache, in weißem Marmor gehaltene Lobby mit Oberlichtern traten, die unregelmäßig wie Sterne an der Decke verteilt waren.
    Sofas so lang wie Güterwaggons erstreckten sich bis zu einer verglasten Grotte mit riesigen Farnen. Von einer Wand war das an- und abschwellende Gemurmel einer Bar zu hören, am Ende der Halle wand sich eine an dicken Drähten hängende Treppe um eine abstrakte Freiplastik aus schwarzem Stein, eine gleißende Spiegelglasfront führte zu einem Pool. O’Brien durchquerte gemessenen Schrittes, fast geräuschlos die Halle. »Alles vom Feinsten. Eine Küche wie ein Kreuzfahrtschiff, wunderbar ausgestattete Zimmer. Und das Kasino!«
     
    Walls war O’Brien einen Schritt voraus und öffnete die Messingtüren zu einem Tagungssaal, der mit den farbenprächtigen und ausdrucksstarken Logos spanischer, venezolanischer und mexikanischer Banken dekoriert war. Umgestoßene Schautafeln und Staffeleien mit Tabellen sagten die Trends der karibischen Wirtschaft voraus. Visitenkarten und vierfarbige Broschüren waren auf dem Fußboden verstreut. Bei einem besonders geräumigen Stand mit Stuhlreihen vor einem riesigen Monitor blieb O’Brien stehen.
    »Es ist eine Schande«, sagte er. »Projizierte Marktentwicklung, Zinsraten, Kapitalgarantien, Multilingualität. Sehen Sie sich das an.« Er versuchte den Monitor einzuschalten. »Verdammt, funktioniert nicht.«
    »Vielleicht hiermit.« Arkadi nahm eine Fernbedienung vom Tresen des Standes und drückte auf ON. Sofort liefen Bilder von ernsten Männern und Frauen in teuren Anzügen und Kostümen über den Bildschirm. Aus ihren Taschen flössen Dollars, Pesetas und Dmark wie elektrische Funkenströme.
    »Genau«, sagte O’Brien.

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