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Nacht in Havanna

Nacht in Havanna

Titel: Nacht in Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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»Diese Leute wissen, wie man sein Geld weltweit gewinnbringend anlegt. Das Problem ist nur, daß dies nicht die Welt ist. Dies ist Kuba. Wissen Sie, was Fidel über Kapitalisten sagt? Erst wollen sie den kleinen Finger, dann die ganze Hand, dann den Arm und Stück für Stück auch den ganzen Rest. Er hat sich entschieden. Also haben die Banken auf den langen Weg und ihre kleine Präsentation für Fidel verzichtet, stellen Sie sich das vor. Danke, Arkadi.«
    Arkadi schaltete den Monitor mit der Fernbedienung wieder aus. »Wie dem auch sei«, sagte O’Brien, »jetzt wollen die Banken es umgekehrt. Heutzutage sind die Menschen nicht mehr an einer langsam anwachsenden Dividende ihrer Einlagen interessiert. Sie wollen den Jackpot, das große Los, den Zahltag. Schauen Sie sich um, man kann es noch sehen.« Er lenkte Arkadis Aufmerksamkeit auf die prunkvollen creme- und goldfarbenen Wände und die Art, wie die abgehängte Decke die darüberliegende Kuppel verbarg, die er von außen gesehen hatte. Wenn das Riviera der Vatikan war, war dies die Sixtinische Kapelle. Als O’Brien seine dunkle Brille abnahm und sich einmal langsam um die eigene Achse drehte, geschah ein kleines Wunder; die Falten auf seiner hohen Stirn schienen zu verschwinden, und Arkadi sah einen Hauch des Rotschopfs, der O’Brien einmal gewesen war. »Das Golden-Leaf-Kasino. Sie müssen sich vorstellen, wie es einmal war, Arkadi. Vier Roulette-, zwei Seven-Eleven, ein Bakkarat- und vier Blackjacktische mit Mahagonigeländer. Alles wurde zweimal am Tag gewienert. Kein Aschekrümel. Der Croupier auf einem Bischofsstuhl. Es war das Treffen zweier Klassen, der Reichen und des organisierten Verbrechens. Die Franzosen haben ein Wort dafür: frisson. Und es hat weiß Gott geglitzert. Kronleuchter, die gefunkelt haben wie gefüllte Champagnergläser. Frauen mit Diamanten von Harry Winston, und ich meine echte Klunker. Filmstars, Rockefellers, was immer Sie wollen.«
    »Keine Kubaner?«
    »Kubaner haben hier gearbeitet. Man hat kubanische Buchhalter engagiert und sie zu Croupiers und Kartengebern ausgebildet. Man hat ihnen Benehmen und Haltung beigebracht, ihnen Anzüge gekauft und sie so gut bezahlt, daß sich Unehrlichkeit nicht lohnte. Natürlich wurden sie am Ende eines Arbeitstages trotzdem auf Chips untersucht.«
    Arkadi hatte schon Kasinos gesehen. In Moskau gab es sie auch. Russische Mafiosi liebten es, enge Lederjacken über unbequemen Holstern zu tragen, damit sie sich an einen Tisch drängeln und lautstark im großen Stil verlieren konnten.
    »Vergessen Sie nicht, daß es in Havanna immer Glücksspiel gegeben hat«, sagte O’Brien. »Die Mafia hat es nur ehrlich gemacht und Präsident Batista einen fairen Anteil gegeben. Batista und seine Frau bekamen den Erlös aus den Geldspielautomaten, die Mafia die Tische, und es gab auf der Welt kein ehrlicheres Unternehmen. Dazu die größten Namen der Unterhaltungsbranche, Sinatra, Nat King Cole. Wunderschöne Strände, ideale Bedingungen zum Hochseefischen, und die Frauen waren unglaublich. Das sind sie noch immer.«
    »Schwer zu glauben, daß es eine Revolution gegeben hat.«
    »Man kann es nicht allen recht machen«, meinte O’Brien. »Aber ich möchte Ihnen meinen persönliche Favoriten zeigen. Kleiner, aber historischer. Amerikas letzte Bastion.«
     
    Sobald sie das Riviera hinter sich gelassen hatten, säumten malerisch verfallene Häuser die Straße, wie Arkadi sie eher in einem Mangrovensumpf vermutet hätte; die Bürgersteige buckelten sich über den Wurzeln von Feigenbäumen.
    »Und was für Geschäfte machen Sie hier?« fragte Arkadi. »Investment?«
    »Investment, Consulting, was auch immer«, sagte O’Brien. »Wir lösen Probleme.«
    »Zum Beispiel?«
    Walls und O’Brien sahen sich an, und Walls sagte: »Zum Beispiel brauchen kubanische Lkw Ersatzteile, weil die russische Fabrik, die sie früher hergestellt hat, inzwischen Schweizer Armeemesser produziert. Also haben John und ich eine russische Lkw-Fabrik in Mexiko gefunden und den ganzen Laden nur wegen der Ersatzteile gekauft.«
    »Was ist für Sie dabei herausgesprungen?«
    »Ein Finderlohn, Spesen. Wissen Sie, ich dachte, weil ich Marxist war, würde ich den Kapitalismus verstehen. Aber ich hatte keine Ahnung. John spielt es wie ein Spiel.«
    »Mir ist schon immer aufgefallen, daß die Leute aus dem sozialistischen Lager Geld viel zu ernst nehmen«, sagte O’Brien. »Man sollte seinen Spaß haben.«
    »Das Zusammensein mit John ist wie

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