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Nacht in Havanna

Nacht in Havanna

Titel: Nacht in Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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hier. Es gibt amerikanische und europäische Boote, und alle haben andere Anschlüsse und eine andere Spannung, und eigentlich müßten sie für jedes Boot einen neuen Anschluß installieren. Ich bin Feuerwehrmann, und ich kenne mich mit stromführenden Kabeln im Wasser aus. Wenn diese Leitung im Wasser hängt und ein kleines Leck hat, kann man sich ein paar verdammt überraschte Fische braten. Ich meine ja nur, wie kommt es, daß Sefior Walls den einzigen Anlegeplatz mit einem neuen Stromanschluß im ganzen Yachthafen hat?«
    »Und wenn jemand im Wasser schwimmen würde?«
    »Würde es ihn umbringen.«
    »Herzinfarkt?«
    »Es würde einfach aussetzen.«
    »Und würde man Brandspuren finden?«
    »Nur wenn er die Leitung berührt. Ich habe schon Leichen gesehen, die mit einem Fön in der Badewanne gelegen haben, das ist im Prinzip das gleiche. Schauen Sie nur«, der Baron nickte Ofelia aufmunternd zu, »als ob sie alles verstehen würde.«
     
    Die Aussage, daß Teresa nach Hause aufs Land gegangen sei, ließ Ofelia vermuten, daß die jinetera sich irgendwo in Havanna in der Wohnung von Freunden versteckte. Aus ihrem DeSoto versuchte Ofelia die Nummern zu erreichen, die Rufo für Daisy und Susy aufgelistet hatte. Nachdem sich unter keiner der Nummern jemand gemeldet hatte, rief sie Blas an.
    »Es ist nicht wie ein Blitzschlag, aber«, stimmte der Pathologe ihr zu, »wenn ein stromführendes Kabel ins Wasser fällt, würde es natürlich einen Stromschlag geben.«
    »Wie stark?«
    »Das kommt darauf an. Im Wasser verbreitet Elektrizität sich je nach der Entfernung zu der Stromquelle exponential. Weitere Faktoren sind die Größe und der körperliche Zustand des Opfers und die Besonderheiten jedes einzelnen Herzens.«
    »Ein tödlicher Stromschlag?«
    »Je nachdem. Wechselstrom ist beispielsweise gefährlicher als Gleichstrom. Salzwasser ist ein besserer Leiter als Süßwasser.«
    »Würde ein Stromschlag Spuren hinterlassen?«
    »Das kommt drauf an. Bei einem direkten Kontakt würde es Verbrennungsspuren geben. Weiter entfernt würde ein Mensch möglicherweise nur ein Kribbeln in den Gliedmaßen spüren. Aber das Herz und das Atmungszentrum im Hirn werden von elektrischen Impulsen gesteuert, und ein Elektroschock kann zu Fibrillationen führen, ohne daß es notwendigerweise zu Beschädigungen des Gewebes kommt.«
    »Das bedeutet«, sagte Ofelia, »daß jemand, der sich nicht zu nah und nicht zu weit von einem stromführenden Kabel entfernt im Wasser aufhält, einen Herzinfarkt erleiden könnte, ohne daß man irgendwelche Ein- und Austrittsmale, Verbrennungen oder sonst etwas finden würde?«
    Am anderen Ende der Leitung wurde es still. Verkehr rauschte über den Malecon. Arkadi schien seine Zigarette sehr zu genießen.
    »So könnte man es ausdrücken«, sagte Blas schließlich.
    »Warum haben Sie das nicht früher gesagt?«
    »Man muß alles im Zusammenhang betrachten. Wo sollte ein neumätico mitten im Meer auf ein stromführendes Kabel stoßen?«
    Man hörte ein Knacken und Rauschen, und Blas wechselte das Thema. »Haben Sie den Russen gesehen?«
    »Nein«, sagte sie und blickte Arkadi tief in die Augen.
    »Nun«, meinte Blas, »er hat ein neues Foto von Pribluda dagelassen.«
    »Haben Sie es schon mit der Leiche verglichen?«
    »Nein. Wie Sie wissen, gibt es auch noch andere Morde.«
    »Aber Sie werden es versuchen? Es ist ihm wichtig. Er scheint nämlich doch kein kompletter Idiot zu sein, wissen Sie.«
    Da sie das Frühstück ausgelassen hatten, hielten sie an und aßen an einem Tisch in einem Park ein Eis. Große lederartige Bäume breiteten ihre Äste über einen Spielplatz und einen Schießstand. Ofelia wollte nach Teresa suchen, und Arkadi hatte vor, sich noch einmal in Mostowois Wohnung umzuschauen, doch im Moment sah die Kommissarin mit ihren von Eiscreme pinkfarbenen Lippen aus wie ein Filmstar an der Riviera.
    »Wir können uns später wiedertreffen und zum Abendessen noch ein Eis kaufen«, sagte Arkadi. »Um sechs? Und wenn wir uns verfehlen, dann um zehn Uhr am Yacht-Club. Da werden wir dann auch erfahren, was das alles mit Angola zu tun hat.« Ofelia war mißtrauisch. »Was willst du in der Zwischenzeit machen?«
    »Ein Russe namens Mostowoi hat ein Foto von einem toten Rhinozeros, das ich mir gern ansehen würde.«
    »Warum?«
    »Weil er es mir vorher nicht gezeigt hat.«
    »Das ist alles?«
    »Ein ganz normaler Besuch. Und du?«
    »Du hast gesagt, daß Luna, als du ihn gestern verfolgt hast, eine

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