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Nacht in Havanna

Nacht in Havanna

Titel: Nacht in Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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sie. »Ich weiß nicht. Bist du schon einmal hiergewesen?«
    »Ein- oder zweimal. Geh du vor. Ich sehe mich um, ich suche jemanden.«
    Die dunkle Silhouette der »Gavilan« stach aus der Eintönigkeit der Fiberglasrümpfe hervor. Arkadi entdeckte sie an einem Anlegeplatz, den Walls ansteuern wollte, bevor ihn ein Hafenmeister verscheuchte, der den Schnorchlern »Peligroso!« zugerufen hatte. Jetzt waren keine Schwimmer im Wasser, und Arkadi konnte auch nicht ausmachen, worin eine mögliche Gefahr bestanden haben sollte. Das ehemalige Begleitboot des Wasserflugzeugs schmiegte sich friedlich an den Anlegesteg, Stromleitungen führten von einem Stromkasten am Ufer über die Messingreling des Bootes. Keine Schwimmer, kein Geschrei, nur das sonore Tuckern einer Motoryacht auf dem Kanal.
    Er ging weiter am Kanal entlang, ohne irgendwelche Hindernisse im Wasser oder Treibgut auf dem Dock zu entdecken. Ein verzinktes Rohr leitete Wasser zu jeder Anlegestelle; eine ausländische Mannschaft schrubbte eine dreigeschossige Superyacht, die Matrosen bespritzten einander und tranken sogar von dem Wasser. Die amerikanischen Boote auf Kuba bildeten eine interessante Gemeinschaft, gleißende weiße Paläste lagen neben ordinären, verdreckten Fischerbooten, und alle miteinander brachen sie schon durch ihre bloße Anwesenheit das Gesetz. Arkadi kannte sich mit Yachten nicht aus, doch er hatte in Wladiwostok einige Zeit in der Nähe von Fabrik- und Schleppnetzschiffen verbracht und wußte ein wenig über die Stromversorgung an Bord. Deshalb fielen ihm auch die etwa hüfthohen Verteilerkästen entlang des Anlegestegs der Marina Hemingway ins Auge, weil nur die wenigsten über normale Steckdosen verfügten. Statt dessen waren die losen Kabelenden aus den Stromkästen mit blanken Kabelenden verbunden, die von den Schiffen herunterhingen, notdürftig mit Klebeband isoliert und mit durchsichtigen Plastiktüten gegen das Wasser geschützt. Er ging bis zu einer leeren Bar am Ende des Stegs. Mindestens die Hälfte der Kabelverbindungen hing zwischen der Zementmauer des Docks und dem Rumpf des jeweiligen Bootes, nur mit Klebeband und einer Tüte umwickelt, im Wasser.
     
    Das Heckwerk der »Alabama Baron« war mit Fischeingeweiden und Schuppen verschmiert, obwohl die jinetera in der Hängematte auf Ofelia nicht den Eindruck einer passionierten Anglerin machte. Das Mädchen sah aus wie Julia Roberts in Pretty Woman, was in Kuba gerade ziemlich angesagt war, wallende Mähne, Silberblick und Schmollmund. Sie verfolgte eine Werbesendung, in der ein Armband angepriesen wurde, die auf einem tragbaren Fernseher lief, der mit einer kleinen auf Deck montierten Satellitenschüssel verbunden war. Ofelia erkannte den Sender, Home Shopping Network, zur Zeit ebenfalls sehr populär unter Kubanern, die Zugang zu einer Satellitenantenne hatten. Die Frau auf dem Bildschirm legte das Armband auf ihr Handgelenk, um zu demonstrieren, wie das Licht auf den Edelsteinen funkelte. Der Ton war abgedreht, doch der Preis blinkte am Bildrand auf.
    »Das ist wunderschön«, sagte Ofelia.
    »Nicht wahr? Und außerdem noch ein guter Preis.«
    »Diamanten?«
    »So gut wie. In der letzten Woche hatten sie ein Fußkettchen mit den gleichen Steinen. Du denkst, es wäre ein guter Preis, aber warte.« Die Frau auf dem Bildschirm legte das Armband auf eine Samtunterlage und gab noch ein Paar Ohrringe dazu. »Siehst du, ich wußte es. Wenn man zu früh bestellt, kriegt man die Ohrringe nicht dazu. Man muß abwarten, und dann muß man sich ans Telefon hängen und seine Kreditkartennummer durchgeben, und in zwei Tagen gehört einem das Armband.« Julia Roberts blickte zur Seite. »Du bist neu hier.«
    »Ich suche Teresa.«
    Die Fernsehfrau strich ihre Haarpracht zurück, um die Ohrringe zu präsentieren, von links, von rechts und von vorn. Ein weiteres Mädchen in Top und Tanga kam aus der Kabine. Ihr Haar war fast so kurz wie Ofelias, aber wasserstoffblond. »Du kennst Teresa?«
    »Ja. Luna hat mir gesagt, sie sei hier.«
    »Du kennst Facundo?« Das Mädchen in der Hängematte richtete sich auf.
    »Ich hab’ ihn schon mal getroffen.«
    »Teresa ist echt fertig.« Die Blonde kniete sich an die Reling und fuhr flüsternd fort. »Sie war im Zimmer nebenan, als man Hedy die Kehle durchgeschnitten hat. Die beiden waren echt gute Freundinnen.«
    »Sie ist auch festgenommen worden«, sagte Julia Roberts. »Irgend so eine blöde Kuh von der Polizei hat ihr die Hölle heiß gemacht. Nur weil

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