Konnotation, die Andeutung rauher Paarung, als ob ein fehlendes Ohr oder Auge ein angemessener Tribut für den Geschlechtsverkehr wäre. Morden war sauber, Arsch aufreißen klang nach einer größeren Sauerei. Seltsamerweise fühlte Arkadi neue Lebensgeister in sich erwachen. Er war nicht direkt glücklich, aber die Suche nach dem Foto und die damit verbundene Erlaubnis, Fragen nach Pribluda zu stellen, gaben ihm neue Kraft. Außerdem amüsierte ihn das in Zeiten der Depression reichlich absurde Angebot, einen amerikanischen Radikalen wie George Washington Walls zu beschützen. Vielleicht fühlte Arkadi sich so unverwundbar, weil ihm Havanna so unwirklich vorkam, wie ein Mann, der weiß, daß er nur schlecht träumt. Luna war jedenfalls eine Figur direkt aus einem Alptraum. Luna war perfekt.
Zurück in Pribludas Wohnung, verbarrikadierte er die Wohnungstür und nahm eine Flasche gekühltes Wasser mit ins Arbeitszimmer, wo er den Computer anschaltete und, als die Maschine das Paßwort verlangte, gordo eingab.
Die Maschine zwitscherte, und auf dem Bildschirm leuchteten verschiedene Icons auf: programme, startup, systemordner, drucker. Fünfundzwanzig Jahre beim KGB, und ein Agent benutzte den Namen einer Schildkröte als Paßwort. Lenin würde weinen. Nach wie vor an Pribludas letztem Tag interessiert, klickte sich Arkadi über den Systemordner in den Kalender ein. Stunden, Tage und Monate rollten ohne Termin rückwärts, doch welch seltsamer Trost, dachte er. Er sprach kein Spanisch, aber er konnte auf der universellen Schreibtischoberfläche eines PCs navigieren. Hinter cumin verbargen sich das kubanische Ministerium für Zucker sowie etliche Tabellen, hinter rusmin das russische Handelsministerium, hinter sugfut die Kurse von kubanischem, brasilianischem und indischem Zucker im Wettkampf an den entsprechenden Handelsbörsen. Derweil ließ der aus dem Erdgeschoß nach oben dringende Lärm darauf schließen, daß Erasmo, der Mechaniker, wieder bei der Arbeit war. Arkadi wollte mit Mongo reden und ein Foto von Pribluda auftreiben, doch eins nach dem anderen, solange er noch in der Materie war.
Er öffnete sughab, die Havanna in hundertfünfzig Zuckerfabriken aufteilte. Die letzte abgespeicherte Datei hieß comfueg.
Die Commune Camilo Cienfuegos ist die ehemalige Zuckerfabrik von Hershey im Osten Havannas. Besuch derFelder ergab schlechte kubanische Wartung der antiquierten Maschinen. Wir müssen jedoch auch offen eingestehen, daß russische Schiffe mit Ersatzteilen bis jetzt noch nicht aufgetaucht sind, zuletzt ein Frachter, der in der vergangenen Woche in Havanna erwartet wurde. Man nimmt an, daß der Kapitän des Schiffes einen anderen Hafen entlang der südamerikanischen Küste angelaufen hat und seine Fracht zu einem besseren Preis verkauft hat. Das macht die Verhandlungen mit dem Zuckerministerium bedauerlicherweise noch schwieriger.
Arkadi konnte sich vorstellen, daß die Kubaner darauf gereizt reagiert hatten. Er begann nach dem Havana Yacht Club zu suchen. Nichts. Rufo Pinero. Nichts. Sargento Luna und obendrein noch Capitán Arcos. Nichts. Er öffnete den Eingangs- und Ausgangsordner für E-Mails. Leer.
Ein Dokument namens azupanama fiel ihm ins Auge, weil Vizekonsul Bugai Verhandlungen zwischen Rußland und Kuba erwähnt hatte, die dank der Vermittlung eines panamaischen Zuckerhändlers jenes Namens erfolgreich zum Abschluß gebracht worden waren. Arkadi dachte, es wäre aufschlußreich zu sehen, welche Rolle der Handelsattache Sergej Pribluda in dem Ganzen gespielt hatte. Er öffnete die Datei, um eine kurze, traurig einseitige Korrespondenz aus ihrem Grab zu heben.
[email protected]/IntelWeb/ru Wed Aug 5 1996
A. I. Serkow, Manager
Diamond International Trading
1123 Smolenski Sq. Suite 167
Moskau
Lieber Serkow,
Grüße aus dem Land der Mambo Kings. Ich gewöhne mich gerade erst daran, Post via Internet zu verschicken. Ich hoffe also, es geht Euch allen gut usw. Das Wetter ist angenehm, danke. Schick mir eine Bestätigung, wenn diese Mail Dich sicher erreicht.
Dein
S. S. Pribluda
Es war, als würde man jemandem zusehen, der Fahrradfahren lernte.
A. L Serkow
Diamond International Trading
Lieber Serkow,
Fortschritt.
Dein
S. S. Pribluda
Das gefiel Arkadi. Fortschritt! Fortschritt hörte sich gut an! Und so durch und durch russisch! Interessant war auch, daß die Mail keine Adresse und keinen Vermerk über die Sendezeit trug, was darauf hindeutete, daß es lediglich