Nacht-Mähre
ein erst vor kurzem bestallter König war und kein Krieger.
»Eine Kleinigkeit mußt du allerdings dabei übersehen haben«, sagte Bink, und plötzlich wirkte sein Gesichtsausdruck alles andere als liebenswürdig. »Einer der Könige, die du eliminiert hast, war zufällig mein Sohn.«
Binks Schwert funkelte, als er auf den Mundanier zuschritt.
»Ach so, dein Sohn«, erwiderte der Punier bestürzt. »Dann handelt es sich von deiner Seite her also um Blutrache.« Er schnitt eine Grimasse. »Aber wir werden sehen, inwieweit dies das mangelnde Können wettmacht.«
Nun trafen die beiden aufeinander. Varsoboes schwang sein Schwert, und Bink parierte gekonnt. »Aha, ich stelle fest, daß du dein Handwerk wohl doch gelernt hast!« sagte der Mundanier beeindruckt. Er machte eine Finte, doch der König ließ sich davon nicht täuschen und hielt seine Stellung.
Dann griff Bink an und hieb nach dem linken Arm des Puniers, an die Stelle, wo die Rüstung aufhörte. Varsoboes konterte, wurde aber dennoch getroffen. »Das erste Blut!« rief er und parierte mit einem heimtückischen Hieb, der jedoch sein Ziel verfehlte.
Binks Mangel an Panzerung erwies sich nun als Vorteil, weil er kein zusätzliches Gewicht tragen mußte und entsprechend weniger schnell ermüdete. Sein Können reichte außerdem voll aus, daß er keine Rüstung benötigte. Methodisch trieb er Varsoboes in die Enge und zwang ihn in die Defensive.
Da wich der Mundanier plötzlich zurück. »Es wird dunkel«, keuchte er. »Ich kämpfe nicht gern bei Nacht. Deshalb schlage ich einen Waffenstillstand bis zum Morgen vor.«
Imbri war beunruhigt. Der Mundanier versuchte doch nur, Zeit zu gewinnen, um neue Kräfte zu sammeln!
Bink zuckte mit den Schultern. Er kannte die Mundanier und ihre seltsamen Sitten. »Waffenstillstand bis zum Morgen«, stimmte er zu.
Imbri peitschte frustriert mit dem Schweif. Das war doch nun wirklich der blanke Wahnsinn!
Varsoboes schob sein Schwert in die Scheide und blickte sich um. »Ich habe Hunger«, sagte er. »Magst du ein paar mundanische Reiserationen gegen einen guten Grog eintauschen? Ihr Eingeborenen wißt doch, wie man frei wachsenden Saft einsammelt, ohne dabei von einem Baum einen auf die Finger zu kriegen, nicht wahr?«
»Ja«, meinte Bink.
»Das gefällt mir aber gar nicht!« sendete Imbri. »Diesem Mann darf man nicht trauen. Die Flut zieht sich gerade zurück; Ihr könntet die Nacht woanders verbringen, weitab von ihm.«
»Um dabei zu riskieren, daß ich seine Spur verliere?« fragte Bink im Traum. »Er hat immer noch eine halbe Armee oben im Norden, und wir haben keinerlei Möglichkeit, sie aufzuhalten, wenn sie kompetent angeführt wird. Ich muß mich hier und jetzt mit ihrem Heerführer auseinandersetzen und darf ihn nicht entwischen lassen.«
»Ihr seid aber ehrlich, und er ist es nicht. Ihr dürft ihm nicht trauen«, drängte Imbri.
»Ich weiß, wie es um ihn steht«, erwiderte Bink sanft.
»Sprichst du gerade mit der Traummähre?« fragte Varsoboes. »Ein solches Reittier hätte ich auch gerne. Als wir sie oben im Norden eingefangen haben, wußte ich nicht, was es mit ihr auf sich hatte; aber diesen Fehler begehe ich kein zweites Mal.«
»Dieser Mann weiß ganz einfach zuviel!« sendete Imbri eindringlich. »Euer Majestät, er ist gefährlich!«
»Ich werde ein Auge auf ihn werfen«, versprach Bink. »Du kannst in der Nacht auf Schloß Roogna zurückkehren und den Damen berichten, was heute geschehen ist. Dieser Krieg ist noch lange nicht zu Ende. Wir müssen neue Kräfte sammeln, um die zweite mundanische Armee zu schlagen.«
Er war der König, sie mußte gehorchen. Von schwersten Zweifeln geplagt, entmaterialisierte Imbri und trabte über das zurückweichende Wasser in Richtung Schloß Roogna zurück. Als sie gerade davoneilte, hörte sie noch, wie Varsoboes fragte: »Wer soll denn nach dem Zentauren eigentlich König werden? Ich dachte, ihr hättet keine Magier mehr zu Verfügung. Ich frage aus rein beruflicher Neugier.«
»Das entzieht sich meiner Kenntnis«, meinte Bink. »Wenn ich am Leben bleibe, wird es keine anderen Könige geben. Wenn ich sterben sollte, werde ich es nicht mehr erfahren. Wie kommt es eigentlich, daß du so viel darüber weißt?«
Varsoboes lachte. Wenn er geantwortet haben sollte, waren seine Worte auf die immer größer werdende Entfernung hin jedenfalls nicht mehr zu verstehen gewesen. Doch diese beiden Fragen beunruhigten auch sie. Woher wußte der Punier alles, und wer
Weitere Kostenlose Bücher