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Nacht-Mähre

Titel: Nacht-Mähre Kostenlos Bücher Online Lesen
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König war sie.

13
Das Sprengen der Kette
    Es machte keine Schwierigkeiten, die Erlaubnis einzuholen, Blyght Messingmädchen mit in die wirkliche Welt nehmen zu dürfen; der Nachthengst hatte auf Imbris Bitte schon gewartet. Noch vor Tagesanbruch trafen die beiden vor Schloß Roogna ein.
    Die Gorgone, die Sirene und Goldy waren bereits da, ebenso Chem Zentaur, Tandy und ihr Ogermann Krach, der das Schloß die ganze Zeit treu bewacht hatte. Die anderen hatte man in die benachbarten Dörfer in Sicherheit geschickt, weil man ja wußte, daß es hier bald zu einer Schlacht kommen würde. Tandy hatte ihren Vater, den alten Soldaten Crombie, dazu überreden können, den Abmarsch zu organisieren und die Flüchtlinge zu begleiten und ihnen den Weg zu zeigen, damit sie sich nicht verirrten. In Wahrheit war Crombie überhaupt nicht mehr in der Lage, gegen die Mundanier zu kämpfen, doch sein Stolz blieb ungebrochen. Die Sirene hatte die Evakuierung mit ihrem ausgeprägten Taktgefühl in die Wege geleitet.
    Blyght war erfreut, die anderen wiederzusehen. Alte Freundinnen begrüßten einander fröhlich, doch dann wurden sie wieder ernst, weil ihnen bewußt war, welch schlimme Zeiten ihnen noch bevorstanden. Von der Spalte her war der eine Feind im Anmarsch, im Schloß gefangen war der andere. Beide mußten sie unschädlich machen – diese erbärmlich schwach aussehende Gruppe von Frauen und einem einzigen Oger.
    »Und ein Golem«, bemerkte Grundy voller Ingrimm und Stolz. Offensichtlich war er nicht zusammen mit den anderen geflohen, obwohl er das hätte tun sollen. Es war zwar nicht ganz klar, was er hier tun konnte, aber was es auch sein mochte – er war fest entschlossen, sein Bestes zu geben.
    Sie blickten Imbri an, die plötzlich begriff, daß es nun ihr oblag, Befehle zu erteilen, denn sie war jetzt der König. »Ruhen und essen«, sagte sie in einem etwas zittrigen kleinen Traum. »Wir erwarten die Mundanier frühestens morgen. Ihr wißt, was ihr zu tun habt.«
    Imbri blickte zu dem Schloß hinauf, das sich als dunkle Silhouette vor dem langsam heller werdenden Himmel abzeichnete. »Und ich weiß, was ich als erstes zu tun habe!«
    Das Schloß wirkte auf merkwürdig ungewohnte Weise imposant. Es war fast völlig von Pflanzen überwuchert. Gewirrbäume wuchsen an seinen Mauern empor, und fleischfressende Gräser sprossen aus den Schießscharten. Bewegliche Schlingpflanzen hingen von den Brüstungen herab, und Krakentanggewächse im Schloßgraben beunruhigten die normalen Grabenungeheuer. König Irene war verbannt worden, doch ihre Magie blieb zurück, und es sah wirklich danach aus, als habe sie Magierformat. Es gab keinen leichten Zugang oder Ausweg mehr. Der Pferdmensch saß tatsächlich in der Falle, denn ein Greifer verschlang genauso gern einen Menschen wie ein Pferd. Die Pflanzen konnten zwar nicht ins Schloß selbst eindringen, denn dieses war mit jahrhundertealten Schutzzaubern versperrt, aber das hinderte sie nicht daran, draußen gierig nach Beute aller Art Ausschau zu halten. Imbri mußte jetzt, noch vor dem Morgengrauen, ins Schloß eindringen, sonst würde es ihr erst wieder am Abend gelingen, und an diesen Gewächsen kam sie nur im entmaterialisierten Zustand vorbei.
    Da hörten sie im Norden Hufgeklapper. Chet Zentaur kam herangaloppiert, sein prachtvoller Leib war schweißbedeckt. »Die Mundanier kommen! Die Mundanier kommen!« rief Chet atemlos.
    »Aber wir haben doch die Brücke aus ihrer Verankerung gerissen!« protestierte Imbri.
    »Das weiß ich. Ich habe sie so gut beobachtet, wie ich nur konnte, ohne selbst entdeckt zu werden. Anscheinend haben sie, gleich nachdem Ihr verschwunden seid, einen Mann auf die andere Seite geschickt. Es ging alles so schnell, daß der Spaltendrache nicht mehr rechtzeitig eintraf – obwohl ich nicht weiß, ob dieses arme Monster überhaupt jemals wieder mit Mundaniern in Berührung kommen will! Jedenfalls hat der Mann die unsichtbare Brücke wieder hinaufgezogen, es ist ja eine Netzstruktur, wie Ihr wißt. Dann hat er sie an der anderen Seite wieder befestigt, und die Mundanier sind noch während der Nacht hinübermarschiert. Jetzt trifft bald ihre Vorhut ein! Ich hätte es schon früher entdeckt, wenn ich nicht erst noch andere Fährten überprüft hätte.«
    »Du warst ja auf einem normalen Patrouillengang und hast mit nichts dergleichen gerechnet«, meinte Grundy tröstend. »Wir wußten doch alle, daß sie an der zerstörten Brücke nachts nicht losmarschieren

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