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Nacht-Mähre

Titel: Nacht-Mähre Kostenlos Bücher Online Lesen
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obwohl bereits eine weitere Säule im Begriff war, umzustürzen. Ihre List zahlte sich aus: Die Säule stürzte in die entgegengesetzte Richtung und berührte sie nicht. Die Gespenster ließen die Steine niemals auf sich selbst stürzen, und so war stets der Ort am sichersten, an dem einer der Felsgeister stand, so viele angsterregende Geräusche er auch von sich geben mochte. Sie mußte lediglich unentwegt auf sie zustürmen, dann war sie in Sicherheit.
    Es funktionierte. Um sie herum stürzten Säulen und Deckenplatten ein, doch Imbri sprang von Stöhnen zu Stöhnen und brachte sie sicher durch das Labyrinth.
    Plötzlich fanden sie sich im Inneren des Schlosses wieder.

4
Das Schmieden der Kette
    »Hallo, Chamäleon!« sagte die Gorgone. Sie war eine reife, beinahe überreife Frau, deren beeindruckende Rundungen schon hart ans Übergewicht grenzten. Das Leben hatte es offensichtlich zu gut mit ihr gemeint. Ihr Gesicht war unsichtbar, so daß ihre Blicke keine Gefahr darstellten. »Und die Mähre Imbrium! Kommt rein und erholt euch.«
    »Wir sind gekommen, um den Guten Magier Humfrey zu sprechen«, sagte Chamäleon. »König Trent schickt uns.«
    »Aber natürlich tut er das, Liebes«, erwiderte die Gorgone. »Wir haben euch schon erwartet.«
    Chamäleon kniff die Augen zusammen. »Aber ihr habt doch versucht, uns am Eindringen zu hindern!«
    »Ach, so ist Humfrey eben. Er ist ja wirklich soo ein lieber Mensch, aber er hat halt auch seine kleinen Eigenheiten. Diese Wesen dort draußen hätten euch nicht wirklich weh getan.«
    Imbri schnaubte. Davon war sie aber gar nicht überzeugt!
    »Ihr müßt hungrig sein«, fuhr die Gorgone freundlich fort. »Wir haben Milch und Honig und Luzerne und Hafer in beliebiger Kombination.«
    »Milch mit Hafer«, sagte Chamäleon sofort.
    »Luzerne mit Honig«, projizierte Imbri in einem Träumchen.
    »Ah, es stimmt also wirklich«, sagte die Gorgone erfreut, »du bist tatsächlich die Nachtmähre! Welch eine niedliche Art, sich verständlich zu machen!« Sie führte sie ins Eßzimmer, wo sie die versprochenen Nahrungsmittel hervorholte. Chamäleons Hafer wurde über einer kleinen magischen Flamme gekocht, um dann mit Milch und einem stibitzten Stück Honig aus Imbris getränkten Luzernen serviert zu werden. Es war ein köstliches Abendessen.
    Danach wurden sie endlich dem knurrigen Guten Magier Humfrey vorgeführt. Er hatte oben im Schloß ein winziges, überfülltes Studierzimmer, das mit alten Büchern, bunten Flaschen, magischen Spiegeln und einer Unmenge undefinierbarer Gegenstände angefüllt war. Humfrey selbst saß gebeugt über einem ganz besonders großen und alten Buch. Er war von gnomenhafter Statur, trug eine riesige Brille nach Mundanierart, und sein Gesicht war voller Falten und Runzeln. Er sah genauso alt aus, wie er wahrscheinlich auch war. »Nun?« bellte er gereizt.
    »Chamäleon und die Mähre Imbrium sind gekommen, um dich um Rat zu fragen«, sagte die Gorgone in einem ehrerbietigen Ton. »Sie stehen auf deinem Terminkalender.«
    »Ach was, auf diesen Fetzen Papier achte ich sowieso nicht!« knurrte der Gute Magier. »Bin zu beschäftigt.« Doch er blickte tatsächlich auf eine Karte an der Wand. Dort stand in Großbuchstaben die Notiz CHAMÄL. & MÄHRE. »Ach, tatsächlich«, grollte er. »Na gut, bringen wir’s hinter uns.«
    Es entstand eine Pause. »Der Rat«, erinnerte die Gorgone den Magier sanft.
    »Haben sie schon den Preis bezahlt?«
    »Sie sind im Auftrag des Königs hier. Da brauchen sie keinen Preis zu zahlen.«
    »Was soll aus Xanth noch werden?« knurrte er ungnädig. »Es gibt in diesem Land einfach zu viele Wesen, die ständig hinter einem freien Mittagessen her sind.«
    »Das eben war aber ein Abendessen«, meinte Chamäleon fröhlich. Wieder eine Pause. Die Gorgone berührte Humfrey am Ellenbogen.
    Er zuckte zusammen und blickte hoch, als wäre er aus einem Schlummer gerissen worden. »Ach so, ja. Vorsicht vor dem Reitersmann.« Dann vertiefte er sich wieder in sein Buch.
    »Aber diese Botschaft haben wir doch schon längst bekommen«, protestierte Imbri in einem kleinen Traum.
    Humfrey hob die Augenbrauen noch höher. Ohne Magie wäre das völlig unmöglich gewesen. »Ach, tatsächlich? Na ja, deshalb bleibt es trotzdem ein guter Ratschlag.« Er überlegte kurz. »Sprengt die Kette.« Wieder lenkte er seinen Blick auf das Buch.
    »Ich verstehe nicht«, sagte Chamäleon.
    »Es ist nicht notwendig, Humfreys Antworten zu verstehen«, erklärte die

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