Nacht-Mähre
Hinterteil, um sicherzugehen, daß man ihr kein Brenneisen aufdrücken wollte. Dann näherte sie sich den Flammen. Imbri sprang auf Chamäleon zu, die sofort wieder aufsaß. Die Frau hatte ganz offensichtlich Angst gehabt, und das aus gutem Grund, aber sie hatte sich dennoch wacker geschlagen. Das mußte man sich merken – sie mochte vielleicht nicht sehr schlau sein, aber Mut besaß sie.
Die Zentikora trat gegen das Feuer. Ein Holzstück flog funkenstiebend davon und erzeugte an einer anderen Stelle einen zweiten Brand. »So kriegst du das nie aus, Bärenschnauze«, projizierte Imbri, zusammen mit dem Bild eines brennenden Astes, der sich im Geweih des Ungeheuers verfing und es in Brand steckte. Die Traumzentikora schüttelte wütend und heftig den Kopf, doch das stachelte das Feuer nur noch mehr an, so daß es ihr schließlich sogar die Schnauze versengte.
»Laß das!« fauchte das Monster.
»Du wirst zu Asche verkohlen!« träumte Imbri. Jetzt schossen Flammenstöße aus allen Geweihenden hervor, als das Ungeheuer zornig sein Geweih hin und her schüttelte. Die Flammen ergaben schließlich ein Muster, ein großes Wort: FEUER.
»Das genügt!« kreischte das Ungeheuer, sprang zum Graben hinunter und tauchte sein Geweih ins Wasser. Das löschte die Traumflammen; die Realität war einfach zu stark. Doch es gelang Imbri immerhin, dort, wo die Geweihenden in das Wasser eindrangen, ein leises, unterdrücktes Zischen zu erzeugen.
»He!« protestierte der Nöck, der das Traumbild aufgefangen hatte. Er ließ das Wasser um das Geweih gefrieren, wodurch er die Zentikora kopfunter einfror. Das Monster begann mit entsetzlichem Gebrüll zu toben und riß seinen Kopf frei, wobei die Eissplitter nur so durch die Gegend stoben. Der Nöck verwandelte sich hastig in einen Fisch und jagte eingeschüchtert davon.
Jetzt versuchte die Zentikora, mit ihrem Geweih eisiges Wasser auf das Feuer zu schaufeln. Doch das Feuer war zu groß und zu weit entfernt; nur ein paar kleine Tropfen erreichten zischend ihr Ziel. Keine Hölle konnte es mit dem Zorn eines mit Wasser benetzten Feuers aufnehmen, wie Imbri aus Erfahrung wußte.
Die Zentikora überlegte. Dann schaufelte sie etwas Schlamm vom Grabenrand empor und schleuderte diesen nun gegen die Feuerstelle. Als der Klumpen sein Ziel erreichte, gab es ein gewaltiges Zischen, und ein Ballon aus Dampf und Rauch stieg plötzlich empor.
»Haha, Mähre, sie schafft es doch!« rief der Nöck aus sicherem Abstand vom anderen Grabenufer herüber. Anscheinend hielt er es für das beste, sich auf die Seite des Ungeheuers zu schlagen. »Schätze, das rasiert dir jetzt aber gehörig den Schwanz!«
»Halt’s Maul!« projizierte Imbri in einem Traum, der sowohl den Nöck als auch die Zentikora einschloß. »Das schafft sie nie völlig!«
»Ja, meinst du, Pferdekopf!« rief der Nöck.
Davon angespornt, machte sich das Monster geradezu fieberhaft ans Schlammschleudern. Sein Zielvermögen war beachtlich, und immer mehr Rauchballen stiegen empor. Das Feuer war zwar fürchterlich wütend, schien den Kampf aber zu verlieren.
»Verdammt, sie schafft es doch noch!« projizierte Imbri mit einer unmißverständlichen Verlierermiene.
So kam es auch: Schon bald war das Feuer fast gänzlich gelöscht, und Rauch qualmte in dicken Schwaden über das ganze Gebiet und brachte sie zum Husten. Das Licht der Sonne wurde schwächer, denn Sonnenstrahlen mochten stinkenden Smog genausowenig wie alle anderen.
Ob es schon dunkel genug war? Imbri war sich da nicht so sicher. »Wenn das hier nicht funktionieren sollte, sind wir am Ende«, projizierte sie Chamäleon privat. »Vielleicht steigst du besser ab.«
»Ich bleibe bei dir«, erwiderte die Frau. Imbri vermerkte einen weiteren Pluspunkt ihren Charakter betreffend, obwohl sie begriff, daß es genau so sehr die Angst vor dem Ungeheuer sein konnte, die Chamäleon dazu antrieb, bei ihr zu bleiben, wie der Wunsch, Imbri beizustehen.
Jetzt blickte die Zentikora sie wieder an. »Du bist als nächstes dran, Mährenschnauze!« rief sie und stürzte auf sie zu.
Imbri jagte zu dem Megalithen hinüber, der dem Feuer am nächsten stand und wo der Rauch am dichtesten war. Die Zentikora raste hinter ihr her. Sie war sicher, daß sie ihr Opfer jetzt erwischen würde.
Die Mähre sprang direkt auf die Steinsäule zu – und glitt hindurch. Chamäleon, die ja in Hautkontakt mit ihr stand, tat das gleiche. Die Dunkelheit hatte also ausgereicht!
Das Ungeheuer, das ihnen zu dicht
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