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Nacht-Mähre

Titel: Nacht-Mähre Kostenlos Bücher Online Lesen
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könnten mich wieder einfangen.« Er stampfte nervös mit dem linken Fuß auf, so daß der Messingreif glitzerte. »Dann würde ich nie mehr entkommen.«
    Imbri konnte ihn gut verstehen. Sobald er erst einmal gefangen war, würde er sich nicht einfach entmaterialisieren, wie Imbri es konnte, denn er war kein magisches Wesen. Wie die mundanischen Menschen auch, war er auf mundanische Mittel und Methoden beschränkt. Das war ja auch der schreckliche Fluch, der auf allen Mundaniern ruhte: Sie konnten keine Magie ausüben. Die meisten von ihnen glaubten nicht einmal an Magie, was wohl einen großen Teil ihres Problems ausmachen mochte. Zum Glück wurden ihre Kinder in Xanth sehr bald magisch, weshalb die mundanischen Eroberungen auch selten länger als eine Generation andauerten; danach hörten die Eindringlinge nämlich auf, Mundanier zu sein.
    »Du brauchst dich ihnen ja auch gar nicht zu nähern«, meinte Grundy auf pferdisch. »Du brauchst lediglich Ichabod nahe genug an sie heranzutragen, daß er sie betrachten kann. Er ist selbst Mundanier, aber ein zahmer, der Xanth treu ergeben ist und nicht mit ansehen will, wie es verwüstet wird. Dazu mag er die wilden Nymphen viel zu sehr.«
    »Was macht er denn mit den Nymphen?« fragte Imbri neugierig.
    »Meistens guckt er nur ihre Beine an«, erläuterte der Golem. »Er ist zu alt, um allzu schnell hinter ihnen her zu jagen. Ich bin mir auch nicht sicher, daß er überhaupt weiß, was er mit ihnen anfangen soll, wenn er tatsächlich mal eine von ihnen einfangen sollte. Aber er ist eben ein Träumer. War nicht persönlich gemeint, Mähre.« Nach und nach wurde Grundy etwas gesitteter, weil er Imbri besser kennenlernte.
    Das Tagpferd schüttelte den Kopf und schabte unruhig mit den Hufen über den Boden. »Ich mag keine mundanischen Menschen. Ich kenne sie. Man kann ihnen nicht trauen.«
    »He, stimmt ja!« rief Grundy. »Du bist ja mit ihnen zusammen hierher gekommen! Aus welcher Epoche und Region Mundanias stammen sie denn?«
    »Epoche? Region?« Das Tagpferd wirkte verwirrt.
    »Mundania besteht aus allen Epochen und Orten«, erklärte Grundy mit erzwungener Geduld. »Tausende von Jahren, und mehr Gebiete, als ganz Xanth umfaßt. Wir müssen in Erfahrung bringen, von wann und wo ihr kommt, damit Ichabod in seinen gammeligen Büchern nachschlagen kann, um festzustellen, wie wir die Männer am besten bekämpfen.«
    »Davon verstehe ich nichts«, erwiderte das Tagpferd. »Ich weiß nur, wie der Reitersmann mir eine Trense ins Maul geschoben, mir die Sporen gegeben und mich geritten hat.«
    Imbri wieherte voller Mitgefühl; das konnte sie gut nachempfinden!
    »Du mußt es aber einfach wissen!« rief der Golem. »Wie kann man denn sein ganzes Leben unter Mundaniern verbringen, ohne gleichzeitig alles über sie zu erfahren?« Der Hengst blickte ihn stumm und mit angelegten Ohren an.
    Imbri begriff, was los war.
    »Mundanische Tiere sind dumm, wie Chamäleon«, projizierte sie dem Golem in einen kleinen Privatraum. »Er hat wahrscheinlich nie etwas von der mundanischen Gesellschaft mitbekommen. Vermutlich hat man ihn in einen Stall gesteckt und allenfalls mal auf eine Weide gelassen.«
    »Das wird’s sein«, meinte der Golem irritiert. »Na, wenigstens kann er uns dann auch nicht an die Mundanier verraten, weil er unsere Mission nicht verstehen wird.«
    Das brachte sie wieder zu ihrem Anliegen. »Irgendwie müssen wir dich davon überzeugen, daß du uns helfen mußt«, sagte Grundy zu dem Tagpferd. »Sonst überspült die mundanische Welle noch ganz Xanth. Dann kannst du nirgendwo mehr hin fliehen, denn die Mundanier werden alles unter Kontrolle haben.«
    Das schüchterte das Wesen ein. »Das will ich aber nicht!«
    »Natürlich könntest du dich leichter verstecken, wenn du deinen Messingreif abnehmen würdest«, riet der Golem.
    »Nein, das kann ich nicht tun!« widersprach das Tagpferd.
    »Warum denn nicht? Solange du ihn trägst, weiß der Reitersmann, daß du sein Pferd bist. Wenn du es aber abnimmst, dann hält er dich vielleicht für ein anderes Pferd, vor allem dann, wenn du dir dein Fell schwarz färben läßt.«
    Das Tagpferd hatte zwar Schwierigkeiten, sich verständlich zu machen, und es vermochte auch nur sehr langsam zu sprechen, doch dafür klang es um so entschiedener. »Wenn ich den Reif abnehme und sie mich erwischen, dann werden sie wissen, daß ich ein Deserteur bin und mich abschlachten. Wenn ich ihn aber behalte, dann glauben sie vielleicht, ich habe mich

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