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Nacht-Mähre

Titel: Nacht-Mähre Kostenlos Bücher Online Lesen
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klammerte sich an Imbris Mähne fest. Das Problem beim Reisen war, daß es einen ziemlich mitnahm.
    Darüber hinaus war es auch eine ziemlich hungrige Angelegenheit. Pferde mußten nun einmal eine Menge Nahrung zu sich nehmen, und es war sehr schwer, während des Trabens auch noch zu grasen. So mußten sie wohl erst abwarten, bis das nächste brauchbare Feld und eine Quelle in Reichweite waren. Doch hier gab es so etwas nicht: Das Land war ziemlich unfruchtbar, und es gab weder Quellen noch Flüsse.
    »Vielleicht sollten wir ein Stück westwärts in Richtung Norddorf gehen«, meinte der Golem. »Da ist das Land wesentlich besser.«
    »Aber das würde uns erstens aufhalten und zweitens möglicherweise unsere Mission preisgeben«, wandte Ichabod ein. »Es muß noch eine bessere Alternative geben.«
    Imbri überlegte. »Es gibt hier ein paar weit verstreute Seen in dieser Gegend, die sich auch inmitten üppiger Vegetation befinden, aber ich weiß nicht mehr so genau wo; ich bin nur selten hier gewesen. Doch die ortsansässigen Pflanzen und Tiere müßten es wissen.« Sie schüttelte ihre Mähne und weckte den Golem auf, der anscheinend tatsächlich die Unschicklichkeit begangen hatte, während ihrer Rede einzunicken.
    »Hä?« machte Grundy. »Ach so, klar, kann ich machen.« Er begann damit, die Sträucher zu befragen, an denen sie vorbeikamen. Bald darauf hatte er eine Fruchtfliege ausfindig gemacht, die an einem See im Norden ausgesät worden war. »Aber die Fliege meint: Vorsicht vor der Sphinx«, meldete der Golem. »Die Sphinx hat gerade einen Sonnenbrand und ist diese Woche ziemlich gereizt und launisch.«
    »Vorsicht vor der Sphinx?« wiederholte Chamäleon. »Ich dachte, wir sollten uns vor dem Reitersmann hüten?«
    »Das ist ein guter Rat!« wieherte das Tagpferd. »Wie oft habe ich die Sporen dieses Ungeheuers zu spüren bekommen!«
    »Du meinst, wie bei Imbris Flanken?« fragte der Golem. »Ich kann es kaum glauben, daß jemand Interesse daran hat, einem lebendigen Pferd Löcher ins Fell zu bohren. Was ist dieser Reitersmann denn nur für ein Ungeheuer?«
    Das Tagpferd mochte Grundy zwar nicht, doch diese Frage besänftigte es etwas. »Ein Menschenungeheuer.«
    »Sporen sind wirklich unvertretbar grausam«, warf Ichabod ein. »Ein normales Pferd wird für seinen Reiter auch so das Beste leisten. Sporen ersetzen ehrlichen Ansporn nur durch Schmerz, und zwar zum Nachteil des Tieres.«
    Das Tagpferd nickte. Anscheinend gefiel ihm der Archivar jetzt schon besser. Es hatte immer etwas Anziehendes, wenn der eigenen Meinung von einem anderen auf wohlformulierte Weise auch noch Nachdruck verliehen wurde.
    Auch Imbri pflichtete ihm herzhaft bei. »Und die Trense ist fast genauso schlimm«, fügte sie hinzu.
    »Ich sehe gar keine Narben auf deinen Flanken«, meinte Grundy zu dem Tagpferd.
    »Ich habe schon vor langem gelernt, zu gehorchen, ohne zu fragen«, erwiderte der Hengst. »Er hat schon eine ganze Weile die Sporen nicht mehr benutzt. Die Narben sind inzwischen so verblaßt, daß man sie kaum noch sehen kann. Doch wenn er mich jetzt einfinge, nachdem ich ihm davongelaufen bin, dann wäre es entsetzlich. Dann wäre mein ganzes Fell schon bald blutig.«
    Imbri stellte sich leuchtend rotes Blut auf dem hellen, weißen Fell vor und zuckte zusammen. Welch eine entsetzliche Vorstellung!
    »Bestimmt.« Ichabod nickte. »Was seine Behandlung von Tieren angeht, so hat der Mensch nur eine ziemlich klägliche Geschichte aufzuweisen. In Xanth ist das nicht so schlimm, weil die Tiere sich viel besser schützen und verteidigen können.«
    »Drachen, ja!« stimmte der Golem ihm zu. »Und Ameisenlöwen und Basilisken und Harpyien.«
    Sie erklommen gerade einen steilen, kahlen Hügel, der ihnen den Weg nach Norden versperrte. Aber da im Osten und Westen nur fleischfressende Lianen und Nesseln zu sehen waren, erschien ihnen dies als die beste Route. Doch plötzlich explodierte die kahle, rötliche Böschung zu einem Rutenbündel. Chamäleon stieß einen Schrei aus. Beide Pferde bäumten sich erschreckt auf und wichen zur Seite aus.
    »Das sind Luftschlangen!« rief Grundy. »Wehrt sie ab! Ich kenne diese Sorte – die sind hinterhältig und unvernünftig, und manche von ihnen sind auch giftig. Es hat keinen Zweck, mit ihnen zu diskutieren. Das einzige, was die respektieren, ist ein Schlag auf die Nase.«
    Chamäleon und Ichabod trugen Stäbe, die sie sich in einem Generalstabswald abgepflückt hatten, um damit Schlingpflanzen

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