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Nacht-Mähre

Titel: Nacht-Mähre Kostenlos Bücher Online Lesen
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frei. Den Hengst kann ich nämlich mühelos einsperren und am Weglaufen hindern. Was hältst du davon?«
    »Mit dir mache ich keine Geschäfte!« projizierte Imbri zornig.
    »Ach, du glaubst vielleicht, ich besäße hier keine Macht? Ich bin der Stellvertreter von Varsoboes und kann mir jedes beliebige Pferd aussuchen. Ich bin weitaus mehr als nur ein einfacher Spion.«
    »Ich glaube dir durchaus«, meinte Imbri. »Gerade deshalb werde ich auch nicht mit dir zusammenarbeiten.«
    »Eigentlich bin ich gar kein schlechter Bursche«, erwiderte der Mann in überzeugendem Ton. »Ich behandle meine Reittiere gut, wenn sie erst einmal wissen, wo sie stehen. Alles, was ich von ihnen verlange, ist absoluter Gehorsam.«
    »Sporen!« sandte Imbri in einem Traum, der dem Feuerstoß eines Drachen in nichts nachstand.
    »Dein Gedanke ist ja noch heißer als der Atem Baals! Aber ich benutze doch gar keine Sporen mehr, sobald mein Reittier gezähmt ist«, wandte er ein. »Das Fell des Tagpferds weist keine frischen Narben auf, es sei denn, der dumme Hengst hat sich in einem dieser widerlichen Sträucher verfangen. So ein undankbares Tier! Allein wird er im Dschungel umkommen; er ist einfach nicht klug genug, um dort zu überleben. Deshalb braucht er mich – und ich brauche ihn. Die punischen Pferde sind mager und erschöpft von ihrem anstrengenden Marsch über die kalten Berge; das beste Futter war den Elefanten vorbehalten. Ich mußte einen Zentauren überwältigen, um hier hinaufzugelangen, nachdem die Streitkräfte Xanths anfingen, sich südlich des… der… ich erinnere mich nicht mehr so recht, aber ich glaube, da gab es irgendeine Art Hindernis…«
    »Die Spaltenschlucht«, sendete Imbri und verwünschte sich sofort, denn sie hätte ihn die Spalte gänzlich vergessen lassen sollen.
    »Ja, die. Du hast dem König natürlich meine Anwesenheit gemeldet?«
    »Natürlich habe ich das getan!« sendete Imbri zornig und schickte ihm das Bild von zwei Hinterhufen, die ihn ins Gesicht traten.
    Der Reitersmann wich unwillkürlich zurück, bis er seine Reaktion auf den kleinen Traum wieder unter Kontrolle hatte. »Dann willst du mir also nicht verraten, wie du das Feuer gelöscht hast? Na gut, ich kann’s mir auch so denken. Der Wächter war eingeschlafen, da hast du ihm einen Traum geschickt, in dem er Feuer fing, so daß er einen Eimer Wasser holen ging. Irgend etwas in dieser Art, nicht wahr? Es tut mir in der Seele weh, dein Talent in diesem Punkt unterschätzt zu haben.«
    Warum hatte Imbri nur nicht selbst daran gedacht? Wahrscheinlich hätte sie den Wächter tatsächlich dazu bringen können! Doch in der Zwischenzeit wollte sie das Tagpferd nicht kompromittieren, das nämlich, wie sie meinte, wohl doch ein kleines bißchen oder zwei schlauer war, als sein Herr zu denken schien.
    »Nun, ich kann es dir nicht wirklich übelnehmen, daß du für deine Seite gekämpft hast«, fuhr der Reitersmann fort. »Schließlich kämpfe ich ja auch für meine. Einigen wir uns also darauf, daß wir quitt sind: Ich habe dich eingefangen, du bist geflohen und hast mich dem König von Xanth verraten. Aber jetzt bist du erneut eingefangen worden, und weil ich dein Temperament und deine Fähigkeiten schätze, möchte ich dich mehr denn je als Reittier besitzen. Wir beide würden recht weit kommen, Imbri! Andererseits möchten meine Freunde die Punier sicherlich gerne wissen, was für ein Pferd du denn nun eigentlich bist, und wie man dich daran hindern kann, nachts zu fliehen. Soll ich es ihnen verraten?«
    Imbri spannte die Muskeln an. Er konnte sie tatsächlich zu einer echten Gefangenen machen! Dann waren Ichabod und Grundy ebenfalls verloren, und auch Chamäleon saß dann in der Klemme, denn sie war nicht klüger als das Tagpferd. Grundy konnte vielleicht entkommen, weil er sich weiterhin für eine Lumpenpuppe ausgab und der Reitersmann nichts von ihm wußte, aber wie wollte der winzige Golem den Dschungel Xanths überleben?
    Imbri mußte mit diesem schrecklichen Mann verhandeln, so widerwärtig ihr dieser Gedanke auch war. Sie legte die Ohren wieder nach vorn.
    »Du verstehst mich also, Imbri«, sagte der Reitersmann. »Aber wenn du auch das klügste Pferd bist, dem ich je begegnet bin, weigerst du dich dennoch, mich zu unterstützen. Schön, ich bin ja ein vernünftig denkender Mensch, und auch zu Kompromissen bereit. Ich werde Information gegen Nichtinformation tauschen: Du sagst mir genau, wie du mir entkommen bist, damit ich weiß, wer oder

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