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Nacht-Mähre

Titel: Nacht-Mähre Kostenlos Bücher Online Lesen
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und kommen dadurch auch besser zurecht. Sie haben schon mehrere Drachen und Greife erschlagen und sie geröstet und verspeist. Aber sie sind doch ziemlich nervös, weil sie nicht genau wissen, was sie noch alles erwarten mag.«
    »Mit gutem Grund«, projizierte Imbri. »Durch ihr Wüten haben sie sich alle Wesen Xanths zu Feinden gemacht. Sie sollten umkehren und kein weiteres Unheil anrichten.«
    »Das werden sie nicht tun, solange es hier Aussicht auf Beute gibt«, entgegnete Grundy. »Die Spinne hat bestätigt, was wir ja auch schon festgestellt haben: Es sind zähe Naturen, Drachen in Menschengestalt, mit einem gerissenen und sturen Anführer. Die sind nur mit Gewalt aufzuhalten. So sind die Mundanier eben.«
    »Außer Ichabod«, erwiderte Imbri.
    »Ach, der ist ja gar kein richtiger Mundanier«, sagte der Golem, den es wurmte, bei einer unzulässigen Verallgemeinerung ertappt worden zu sein. »Der ist süchtig nach Informationen, und sein Kopf quillt seit eh und je von Phantasie über. Und außerdem hat er ein Auge auf unsere Nymphen geworfen.«
    Gegen Abend, als die immer finsterer werdenden Schatten etwas Schutz boten, huschte Grundy der Golem davon, um die Gegend auszukundschaften. Bis es vollends dunkel war und Imbri sich entmaterialisieren konnte, war er auch schon wieder zurück.
    »Ich habe ihn gefunden«, flüsterte er. »Ich zeig’ dir, wo er ist.«
    Er sprang auf ihren Rücken – und plumpste durch sie hindurch auf die Erde.
    Hoppla! Sie war ja nicht mehr feststofflich! Sie nahm wieder eine feste Gestalt an, ließ Grundy aufsitzen und nahm ihn schließlich entmaterialisiert mit. Er leitete sie, und schon bald stellte Imbri fest, daß der Gelehrte in einem separaten Gehege bewacht wurde. Es war hell erleuchtet, so daß Imbri dort nicht gefahrlos eindringen konnte.
    »Ich lenke den Wächter ab«, schlug Grundy vor, »während du in fester Gestalt hineingehst, Ichabod aufsitzen läßt und davonreitest. Das ist ziemlich riskant, weil sie uns verfolgen werden – aber sobald du dich entmaterialisiert hast, können sie uns nichts mehr anhaben.«
    Imbri war zwar nicht wohl bei der Sache, aber sie sah auch keine bessere Möglichkeit. Schon bald würde man ihre Flucht bemerken und sie ohnehin verfolgen, deshalb mußte sie schnell handeln. »Also los!« projizierte sie. Der Golem sprang von ihrem Rücken und nahm wieder feste Gestalt an, dann schlich er sich hinter den Wächter.
    »He, Kakerlakenschnauze!« rief Grundy ihm zu. Er hatte einen herrlich beleidigenden Tonfall gewählt.
    Der Mann blickte sich um, konnte den Golem jedoch nicht ausmachen. »Wer ist da? Zeig dich gefälligst!«
    »Zeig dich lieber selber, Schlangennase«, erwiderte Grundy. Billige Beleidigungen waren seine Stärke; er genoß das Ganze.
    Der Soldat legte die Hand an den Schwertgriff. »Komm raus, du Mißgeburt, oder ich hol’ dich raus!«
    »Du kannst doch kaum deine eigene sabbernde Zunge rausholen, Monsterfresse!« konterte Grundy.
    Der Mann zückte sein Schwert und schickte sich an, den Laut zu verfolgen. Er war eitel, was sein Äußeres betraf, wie jedes Ungeheuer, und mit ungefähr demselben Mangel an Rechtfertigung. Kaum hatte er dem Gehege den Rücken zugewandt, als Imbri auch schon leise hineinschlüpfte. »Beeil dich!« mahnte sie Ichabod in einem Traum.
    Der Gelehrte hatte geschlafen. Jetzt reagierte er im Traum mit einer Mischung aus Erleichterung und Verblüfftheit.
    »Meine Hände sind gefesselt«, sagte er. »Ich kann nicht aufsteigen.«
    Imbri hatte gute Zähne und setzte sie ein. Schon bald hatte sie die Fesseln durchbissen – doch die Verzögerung erwies sich als fatal, denn nun drehte sich der Wärter um und erblickte sie.
    »Holla!« brüllte er und stürzte sich mit erhobenem Schwert auf sie. »Gefangenenausbruch!«
    Ichabod sprang mit einem Satz auf Imbris Rücken. Die Mähre wich dem Schwert mit einem Sprung aus, befand sich aber immer noch innerhalb des beleuchteten Bereichs und damit im Festzustand.
    Grundy kam herbeigelaufen. »Beweg dich, Mähre!« schrie er und sprang ihr von unten an den Hals, wo er sich an ihrer Mähne festklammerte.
    Wieder ließ der Soldat sein Schwert herabsausen, und diesmal schlug er ihr ein paar Schweifhaare ab. Dann setzte Imbri auch schon über den Gehegezaun.
    Doch der Warnschrei des Mundaniers hatte das ganze Lager alarmiert, und nun kamen Hunderte von Fackeln herbei, erhellten das ganze Umfeld und verhinderten, daß Imbri sich entmaterialisieren konnte. Deshalb blieb ihr nur

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