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Nacht-Mähre

Titel: Nacht-Mähre Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sobald er dünner wird, nehme ich wieder feste Gestalt an.«
    »Sobald wir sie deutlich gesehen haben, können wir auf der Stelle wieder verschwinden«, sagte Ichabod. Er war inzwischen angespannt vor Nervosität, der Gefahr voll bewußt, in der sie schwebten. »Vielleicht haben sie auch Pferde; kannst du denen davonlaufen?«
    Imbri dachte nach. »Wenn sie wie das Tagpferd sind, können sie mich bei Tag einholen, bei Nacht jedoch nicht.«
    »Das riskieren wir lieber nicht«, meinte Ichabod. »Wir sind nicht gerüstet, um uns gegen bewaffnete Männer zu stellen.«
    »Aber mit dem Rauch brauchen wir das doch gar nicht!« wandte der Golem ein.
    »Warum suchen wir uns nicht lieber erst ein Gebiet, das noch nicht gebrandschatzt wurde?« fragte Imbri. »Dann könnte Grundy dort das Gras befragen und sich von ihm eine Beschreibung geben lassen.«
    »Ausgezeichnete Idee«, pflichtete Ichabod ihr bei.
    »Da ist was dran.« Der Golem mochte Aufgaben, die ihn als wichtig erscheinen ließen.
    Der Irrwind traf auf das Feuer. Die Flammen wirbelten erfreut herum und ließen den Rauch gen Norden davonschweben. Das gefiel den Mundaniern gar nicht, und es ertönte ein wahres Hustenkonzert.
    Imbri tastete sich am Rande des Feuers vor, um nach einer guten Nordroute Ausschau zu halten. Doch da stürzten plötzlich Männer aus dem Qualm hervor und ihnen entgegen.
    »Hoppla«, meinte der Golem. »Da haben wir uns aber etwas verschätzt.«
    Imbri jagte davon. Zuerst gen Süden – doch da loderte inzwischen ein Seitenarm des Feuers und trieb ihr seinen Qualm ins Gesicht. Leider war der Rauch nicht dicht genug, um ihr eine Entmaterialisation zu ermöglichen. Sie schwenkte nach Osten, weil sie es möglichst vermeiden wollte, durch die Flammen zu springen – da trafen sie auf Mundanier. Die hatten den Windumschwung sofort dazu genutzt, auch diesen Teil des Gebietes zu überrennen. Sie hielten Speere und Schwerter kampfbereit, und manche von ihnen besaßen auch Bögen. Sie waren zu zahlreich, als daß die drei ihnen hätten entkommen können.
    Die Mundanier näherten sich vorsichtig Imbri und ihren Freunden. Es war ein ziemlich bunt zusammengewürfelter Haufen mit verschiedensten Rüstungen und Kleidungsstücken, doch sie waren offensichtlich gut diszipliniert.
    »Das sieht mir nach einer Söldnertruppe aus«, murmelte Ichabod. »Die sind kaum besser als Piraten und Räuber. Vorchristliche Epoche, europäisch. Gallien oder Iberien, würde ich vermuten.«
    »Bist du Römer oder Punier?« fragte einer der Soldaten.
    »Römer oder Punier!« wiederholte Ichabod leise. »Das ist es! Die Römer haben Bürgersoldaten eingesetzt, jedenfalls zu Anfang. Später wurden daraus tatsächlich Berufssoldaten, die nur noch nominell Bürger mit Landbesitz waren. Aber die Punier – das ist eine Kurzform von ›Phönizier‹ – haben sich ganz offen und in großem Umfang Söldnertruppen bedient. Hm, Karthago – dann sind das wahrscheinlich karthagische Söldner um die Zeit zwischen 500 und 100 vor Christus.«
    »Los, antworte, alter Mann!« rief der Soldat und machte eine drohende Geste mit seinem Schwert.
    »Oh, weder noch«, erwiderte Ichabod hastig. Und zu Grundy und Imbri gewandt, murmelte er leise: »Sie gehen davon aus, daß ich als einziger von uns intelligent bin. Ich halte es für das klügste, sie in diesem Irrglauben zu lassen, so sehr ich auch Lügen verabscheue.«
    »Gut«, projizierte Imbri. »Grundy kann so tun, als wäre er nur eine Puppe, und ich gebe mich als dummes Tier aus.«
    »Du siehst mir nicht nach viel aus«, meinte der Mundanier. »Wo hast du denn dieses prächtige Pferd gestohlen?«
    »Ich habe dieses Pferd nicht gestohlen!« protestierte Ichabod. »Ich habe es mir von einem Freund ausgeliehen.«
    »Na gut, und jetzt leihen wir es uns von dir aus. Absteigen!«
    »Wir sollten uns nicht trennen«, meinte Imbri in einem besorgten Träumchen.
    »Dieses Tier ist nicht ganz zahn«, bemerkte Ichabod. »Ich kann es zwar ohne Sattel und Zügel reiten, aber einem Fremden würde es das nicht gestatten.«
    Der Soldat überlegte. Anscheinend hatte er so seine Erfahrungen mit halbwilden Pferden gesammelt. Er legte Imbri eine Hand auf die Schulter, worauf sie warnend wieherte und mit einem Vorderhuf aufstampfte, um das undisziplinierte Tier zu spielen. »Also gut. Dann reitest du es vorläufig weiter. Wir bringen dich zu Varsoboes, der dich verhören wird.«
    Varsoboes war offensichtlich ein Anführer, denn er besaß ein bequemes Zelt in den

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