Nacht ohne Ende
Story mitmischte und Tiel McCoy nicht. Verdammt! Dass sie aber auch ausgerechnet jetzt in Urlaub gefahren war.
»Ich komme heute Nacht zurück, Gully.«
»Nein.«
»Ich glaube, du hast mich für nichts und wieder nichts losgeschickt, damit es mir unmöglich sein würde, rechtzeitig zurückzukehren.«
»Das stimmt nicht.«
»Wie weit bin ich von El Paso entfernt?«
»El Paso? Wer hat denn irgendwas von El Paso gesagt?«
»Oder San Antonio. Welches von beiden auch immer näher ist. Ich könnte heute Abend dort hinfahren und morgen früh mit einer Southwest-Maschine zurückfliegen. Hast du zufällig einen Flugplan der Southwest Airlines zur Hand? Um welche Zeit geht die erste Maschine nach Dallas?«
»Jetzt hör mir mal zu, Tiel. Wir haben hier bereits genügend Leute auf die Sache angesetzt. Bob bearbeitet die fahndungsbehördliche Seite. Linda fühlt den Freunden, Lehrern und Familien der Kids auf den jeweiligen Zahn. Steve hat sich praktisch in der Villa der Dendys häuslich niedergelassen, sodass er an Ort und Stelle ist, falls eine Lösegeldforderung eintrifft, womit ich persönlich nicht rechne. Und - und das ist das Entscheidende - diese Kids werden wahrscheinlich sowieso wieder auftauchen, bevor du nach Dallas zurückkehren könntest.«
»Was tue ich dann hier m itten in dieser verdammten Wal lachei?«
Der alte Mann warf ihr einen neugierigen Blick über die Schulter zu.
»Hör zu«, zischte Gully. »Die Freundin verklickerte uns, Sabra habe ihr gegenüber vor ein paar Wochen erwähnt, dass sie und Ronnie vielleicht einfach nach Mexiko verduften würden.«
Etwas besänftigt, weil sie näher an der mexikanischen Grenze war als an Dallas, fragte Tiel: »Wo in Mexiko?«
»Das wusste sie nicht. Oder wollte es nicht sagen. Linda musste sie regelrecht in die Mangel nehmen, um wenigstens so viel aus ihr herauszubekommen. Die Freundin wollte Sabras Vertrauen nicht enttäuschen. Aber das eine, was das Mädchen tatsächlich gesagt hat, ist, dass Ronnies Vater - sein leiblicher Vater; seine Mutter ist zum zweiten Mal verheiratet - Mitgefühl für die Zwangslage der beiden hat. Vor einer Weile hat er sich angeboten, ihnen zu helfen, wenn sie seine Hilfe jemals brauchen sollten. So, und jetzt wirst du dich wirklich mies fühlen, dass du mich angeschrien hast, wenn ich dir sage, wo er sich niedergelassen hat.«
»In Hera. Zufrieden?«
Sie hätte sich entschuldigen müssen, aber sie tat es nicht. Gully verstand auch so.
»Wer weiß sonst noch davon?«
»Keiner, bis jetzt jedenfalls. Aber die Konkurrenz wird es herausfinden. Es ist zu unserem Vorteil, dass Hera ein verschlafenes Nest ist und ziemlich abgelegen.«
»Erzähl mir davon«, raunte Tiel.
»Wenn sich die Sache herumspricht, werden die anderen eine Weile brauchen, um dort hinzukommen, selbst per Hubschrauber. Du hast also einen klaren Vorsprung gegenüber der Konkurrenz.«
»Gully, ich liebe dich!«, rief Tiel jetzt aufgeregt. »Erklär mir den Weg, wie ich fahren muss.«
Die alte Dame kam aus der Damentoilette und gesellte sich wieder zu ihrem Ehemann. Sie schimpfte mit ihm, weil er mit dem Camcorder herumspielte, und befahl ihm, ihn wieder in die Tasche zu tun, bevor er etwas daran kaputt machte.
»Als ob du eine Expertin für Videokameras wärst«, gab der alte Mann ärgerlich zurück.
»Ich habe mir immerhin die Zeit genommen, die Gebrauchsanweisung durchzulesen. Du nicht.«
Tiel steckte sich den Finger ins Ohr, damit sie Gully besser hören konnte. »Wie heißt der Vater des Jungen? Davison, wie ich annehme.«
»Ich habe eine Adresse und eine Telefonnummer.«
Tiel notierte sich die Informationen so schnell, wie Gully sie herunterrasselte. »Habe ich einen Termin bei ihm?«, wollte sie wissen.
»Ich arbeite noch daran. Er ist möglicherweise nicht bereit, vor der Kamera zu stehen.«
»Ich werde ihn schon dazu bringen, dass er sich bereit erklärt«, erwiderte sie zuversichtlich.
»Ich schicke einen Helikopter mit einem Kameramann los.«
»Kip, wenn er abkömmlich ist.«
»Ihr könnt euch dann alle in Hera treffen. Du wirst das Interview morgen machen, sobald die Sache mit Davison geregelt ist. Anschließend kannst du dann deine Vergnügungstour fortsetzen.«
»Es sei denn, es gibt dort noch mehr heiße Storys.«
»Nichts da! Das ist die Bedingung, Tiel.« Sie konnte ihn förmlich vor sich sehen, wie er störrisch den Kopf schüttelte. »Du machst dieses Interview, und dann verschwindest du nach Angel Fire. Basta. Ende der
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