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Nacht ohne Erbarmen

Nacht ohne Erbarmen

Titel: Nacht ohne Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Ihresgleichen – Sie und Ihre Mafia – sind hauptsächlich dafür verantwortlich.«
      Ich galt also als Mafioso? Ich wandte mich ab, da beugte sie sich vor und berührte meine Schulter. »Nein, ich bin auf ihn wütend und lasse es an Ihnen aus. Verzeihen Sie mir?«
      Ich konnte nicht feststellen, was hinter ihrer dunklen Brille vorging. Glaubte sie, zu weit gegangen zu sein? Versuchte sie, etwas wieder gutzumachen – oder jagte ihr allein der Gedanke, Vito Barbaccias Enkel zu kränken, soviel Angst ein? Sollte es
    ihr am Ende vielleicht wirklich leid tun?
      Meine Antwort hätte auf jede dieser Möglichkeiten gepaßt: »Schon gut.«
      Burke war jetzt bei seinem dritten großen Glas. Er stand auf, trank aus und setzte sich abrupt wieder hm. Dann machte er ein erstauntes Gesicht.
      »Haben Sie ihn vor dem Passito nicht gewarnt?« fragte Rosa.
      »Er ist nicht in der rechten Stimmung für einen guten Rat.«
      Sie begann schadenfroh zu lachen.

    Wir gelangten allmählich ins Hochland, in die große, zer klüftete Einsamkeit rings um den Monte Cammarata, und der Berg selbst erhob sich über fünfzehnhundert Meter hoch in den Himmel.
      Burke saß wie betäubt da. Rosa stützte ihre Arme auf die Lehne meines Sitzes, und wir unterhielten uns leise mit einander.
      Wir bogen von der Hauptstraße ab und arbeiteten uns im Zickzack immer höher hinauf. Tief unter uns breitete sich das Tal aus. Das Land war eine Hölle auf Erden, die Heimat entlaufener Sklaven und Banditen seit den Zeiten der Römer.
      Die Straße wurde schmaler, aber wir hatten sie für uns allein. Ich hielt mich dicht an der Felswand und kletterte langsam im zweiten Gang in einer Staubwolke hinauf. Die einzigen Lebewesen, denen wir begegneten, waren ein Schafhirt und seine Herde hoch oben hinter ein paar Pfirsichbäumen. Dann umrundeten wir eine Felsflanke und sahen Bellona nur noch hundert Meter vor uns liegen.
      Viele Jahre lang hat sich die Landbevölkerung Siziliens wegen der ständig herrschenden Anarchie und Banditengefahr in Dörfern zusammengetan, die wesentlich größer waren als sonst irgendwo in Europa. Bellona gehörte zu den kleinen Orten, aber vielleicht durfte man in dem nur dünn bevölkerten Hochland nichts anderes erwarten.
      Mehrere Straßen führten hinunter zu einem Dorfplatz. Nach dem Uringestank zu urteilen, handelte es sich hier haupt sächlich um offene Kloaken. Unbekümmert spielten magere Kinder im Dreck.
      Ich hielt vor der Weinhandlung an. Im Schatten waren drei Holztische mit Bänken aufgestellt. Zwei Männer saßen da und tranken Rotwein. Einer von ihnen war alt, ein typischer Bauer in abgewetztem, dunklem Anzug. Sein Begleiter war da von ganz anderer Art, ein kleiner, stämmiger Mann von etwa vierzig Jahren mit einem bleichen Gesicht und dunklen, tiefliegenden Augen.
      Es gibt etwas, woran man einen Mafioso erkennt: den eigenartigen Blick, das Fluidum der Autorität, eine Art Distanz gegenüber anderen. Dieser Mann mußte Gerda sein. Dessen war ich sicher, als er aufstand und zum Wagen kam.
      »Was kann ich für Sie tun, Signor?« fragte er, während ich ausstieg und ihm entgegentrat.
      Burke sah inzwischen richtig krank aus. Große Schweiß tropfen liefen ihm übers Gesicht, und er hielt eine Hand fest gegen den Magen gepreßt.
      »Wir sind unterwegs nach Agrigento«, sagte ich. »Einem meiner Mitfahrer ist nicht gut.« Er beugte sich vor und sah Burke und dann Rosa an. Ich fügte hinzu: »Sind Sie der Besitzer?«
      Er nickte. »Ein Amerikaner?«
      »Ein Ire. Er hat bei unserer letzten Pause eine Flasche Passito getrunken. Wollte sich nichts sagen lassen.«
      »Touristen!« Er schüttelte den Kopf. »Wir bringen ihn hinein.«
      Ich sagte zu Rosa: »Sie warten lieber hier draußen, Signorina. Kann ich Ihnen etwas besorgen?«
      Sie zögerte, dann lächelte sie ein wenig. »Kaffee, und achten Sie darauf, daß das Wasser auch wirklich kocht.«
      »Ich schicke Ihnen sofort meine Frau heraus, Signorina«, sagte Gerda. »Vielleicht wollen Sie an einem der Tische Platz nehmen?«
      Sie verließ den Wagen, während wir Burke zwischen uns nahmen. Im Haus stand eine Marmortheke mit vielen Sprüngen, davor ein halbes Dutzend Tische, dahinter war ein Gang. Gerda stieß eine Tür auf. Wir betraten ein kleines, überfülltes Schlafzimmer – offenbar sein eigenes. Wir legten Burke vorsichtig aufs Bett, dann lockerte ich seinen Schlips.
      »In ein bis zwei Stunden hat er

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