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Nacht ohne Erbarmen

Nacht ohne Erbarmen

Titel: Nacht ohne Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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das Schlimmste überwun
    den«, sagte Gerda. »Ihm bleibt zwar ein gräßlicher Katzen jammer, aber Sie können weiterfahren. Ich bin gleich wieder zurück.«
      Er verließ das Zimmer, wohl um sich um den Kaffee zu kümmern. Ich zündete mir eine Zigarette an und trat ans Fenster. Kaum eine Minute später ging die Tür wieder auf, und als ich mich umdrehte, lehnte er im Türrahmen, eine Hand hinter dem Rücken.
      »Jetzt können wir uns unterhalten. Wer sind Sie?«
      »Sie kapieren schnell«, sagte ich.
      Er schüttelte den Kopf. »Kein vernünftiger Mensch, der nach Agrigento will, biegt von der Straße ab und fährt nur zum Spaß fünfzehn Kilometer über die mieseste Straße von ganz Sizilien.«
      »Sie haben natürlich recht. Ich werde jetzt etwas aus meiner rechten Tasche holen, also schießen Sie nicht auf mich, es ist keine Waffe.«
      Das blaue Tuch hatte bei ihm etwa dieselbe Wirkung wie eine Heiligenreliquie. Im ersten Augenblick dachte ich schon, daß er es küssen würde. Hinter seinem Rücken kam ein alter fünfundvierziger Colt hervor, vermutlich ein Überbleibsel aus dem Krieg. Er legte ihn auf eine Kommode.
      »Sie kommen also vom Capo? Ich habe gleich gewußt, daß Sie zur Gesellschaft gehören, aber man kann sich da immer irren. Seltsam, daß wir uns noch nicht begegnet sind. Ich bin
    jeden Monat geschäftlich für die Gesellschaft in Palermo.«
    »Ich war ein paar Jahre fort, bin gerade erst zurückge
    kommen.« Ich beschloß, die volle Breitseite abzufeuern: »Ich bin der Enkel vom Capo.«
      Seine Augen wurden groß. Nun glaubte ich ganz ehrlich, daß er einen Kniefall machen würde. »Aber natürlich, ich erinnere mich an Ihre Mutter, Gott hab' sie selig.« Er bekreuzigte sich. »Der Vater war Amerikaner, nicht wahr? Ich habe mir gleich gedacht, daß etwas an Ihnen nicht ganz sizilianisch ist. Was ist mit Ihrem Freund?«
      »Er arbeitet mit mir zusammen, aber die Sache mit dem Passito stimmt.«
      Er grinste. »Wir lassen ihn erst einmal in Ruhe. In der Küche ist es ohnehin kühler.«
      Die Küche war ein großer, quadratischer Raum mit nur einem kleinen Fenster. Trotz des hellen Sonnenscheins draußen lag sie im Halbdunkel. Er stellte eine Flasche Wein auf den Tisch, füllte zwei Gläser und bot mir einen Stuhl an. Seine Frau huschte wie ein dunkler Schatten vom Ofen herbei, ein Tablett in den Händen, und verschwand durch die Tür.
      »So, was führt den Enkel des Capo nach Bellona?«
      »Serafino Lentini«, antwortete ich.
      Er wollte gerade sein Glas an die Lippen führen, aber dann hielt er inne und setzte es wieder ab.
      »Sie wollen also Serafino zwischen die Finger bekommen?« Er lachte. »Heilige Mutter Gottes, das möchte ich auch. Und der Capo hat Ihnen gesagt, Sie sollen mich besuchen? Das verstehe ich nicht. Unsere Gesellschaft ist jetzt schon seit fast zwei Jahren hinter Serafino her. Er hat uns eine Menge Ärger gemacht, aber die Leute in der Gegend gehen für ihn durch dick und dünn.« Er trank einen Schluck Wein und seufzte. »Sehr, sehr entmutigend.«
      »Was will der Kerl eigentlich?« fragte ich. »Spielt er Giuliano? Oder Robin Hood?«
      Er spuckte auf den Fußboden. »Serafino ist genau wie die anderen auch. Er will vorwärtskommen. Aber ab und zu tut er den Schafhirten einen kleinen Gefallen oder er bewahrt eine alte Frau davor, verjagt zu werden, und deshalb benehmen sich alle, als ob aus seinem Hintern die Sonne scheint. Vor sechs Monaten hat er in der Nähe von Frentim den Linienbus aufge halten, der die Lohngelder für eine Genossenschaft mithatte. Er hat auf den Fahrer und einen Bankangestellten geschossen. Der Fahrer ist zwei Tage später gestorben.«
      »Wirklich ein harter Bursche«, bemerkte ich.
      »Nur wild«, sagte er. »Er wird nie erwachsen. Man darf nicht vergessen, daß die Polizei ihm in jüngeren Jahren schwer zugesetzt hat. Er hat ein Auge verloren. Ich persönlich glaube, das hat er nie überwunden. Aber was wollen Sie von ihm?«
      Ich erzählte ihm soviel, wie er unbedingt wissen mußte. Als ich fertig war, schüttelte Gerda den Kopf. »Das ist verrückt. Es gibt gar keine Möglichkeit, in die Nähe von Serafino zu kommen. Hier, ich zeig's Ihnen.«
      Er öffnete eine Schublade und holte eine sehr gute General karte der Gegend hervor. Sie zeigte die ganze Umgebung des Monte Cammarata in allen Einzelheiten.
      »Hier hält sich Serafino im Augenblick auf.« Er deutete auf einen Punkt auf der

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