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Nacht ohne Erbarmen

Nacht ohne Erbarmen

Titel: Nacht ohne Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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stehenblieb, bemerkte ich wieder diese eigenartige Stille, die mir vorhin schon aufgefallen war.
      Als ich dann Stimmen vernahm, klangen sie wie aus weiter Ferne. Ich ging weiter und hörte, daß jemand sehr zornig war. Die erste Tür führte in eine Art Vorraum. Ich trat lautlos ein und schob mich durch die Dunkelheit auf die Stelle zu, von wo ich in das Nebenzimmer blicken konnte.
      Coimbra saß an seinem Schreibtisch, und hinter ihm stand, mit einer Waffe in der Hand, einer seiner Gorillas – Gilberto. Herrara, der Mann, der Burke aus dem Cafe heraufgeführt hatte, lehnte mit verschränkten Armen an der Tür.
      Burke stand zwei Meter vor dem Schreibtisch, die Beine ein wenig gespreizt, die Hände in den Taschen seiner Buschjacke. Ich sah ihn im Profil. Sein Gesicht wirkte wie aus Stein gehauen.
      »Sie scheinen das nicht zu begreifen«, sagte Coimbra gerade. »Es interessiert sich einfach niemand für Ihr Angebot, das ist alles.«
    »Und meine fünftausend Dollar?«
      Coimbra machte den Eindruck, als würde er im nächsten Augenblick die Geduld verlieren. »Ich hatte in dieser Sache beträchtliche Auslagen – sehr beträchtliche Kosten.«
      »Das glaube ich Ihnen.«
      »Nun seien Sie doch vernünftig, Major. Im Geschäftsleben kommt so etwas nun einmal vor. Man muß bereit sein, für rasche Gewinne auch ein gewisses Risiko zu tragen. Und nun müssen Sie mich entschuldigen. Meine Männer werden Sie hinausführen. Die Gegend hier ist ziemlich gefährlich. Ich wäre untröstlich, wenn Ihnen etwas zustieße.«
      »Das kann ich mir vorstellen«, sagte Burke trocken.
      Zum erstenmal lächelte Gilberto. Er hob die Luger in seiner Hand, und Burke nahm seinen Filzhut ab. Er wischte sich mit dem Rücken der rechten Hand übers Gesicht und wirkte auf einmal niedergeschlagen.
      Doch ich sah etwas, das die anderen nicht sehen konnten: In seinem Hut hatte er einen alten, kurzläufigen Revolver versteckt, der mit einer Feder festgehalten wurde. Gilberto erwischte sozusagen ein verdeckter Schuß und trieb ihn an die Wand zurück, dann fuhr Burke herum und hielt Herrara in Schach, der gerade ziehen wollte.
      »Das täte ich nicht«, sagte Burke, und plötzlich spürte ich die Macht, die von diesem Mann ausging wie reine Lebenskraft.
      Herrara mußte sich mit dem Gesicht an die Wand stellen, dann durchsuchte Burke ihn rasch. Aber Coimbra hatte noch nicht alle Trümpfe ausgespielt. Er öffnete eine silberne Zigarettendose und zog eine kleine Pistole hervor.
      Ich hatte einmal einen Freund, der Golf zu spielen begann und innerhalb von drei Monaten ein As war. Er war eben ein Naturtalent für dieses Spiel, so wie manche Leute sprachbegabt sind und andere im Kopfrechnen manchem Computer etwas vormachen.
      An einem denkwürdigen Sonntagnachmittag während meines ersten Monats in Harvard nahm mich ein Kommilitone in den örtlichen Schützenklub mit. Ich hatte noch nie in meinem Leben eine Waffe abgefeuert, aber als man mir einen Colt in die Hand drückte und mir erklärte, was ich zu tun hatte, bekam ich ein völlig neues Gefühl. Die Waffe wurde sozu sagen ein Teil von mir, und was ich innerhalb einer kurzen Stunde damit anstellte, versetzte alle in höchstes Erstaunen.
      Ich war als Schütze ein Naturtalent und mit Handfeuer
    waffen beinahe ein Genie. Aber ich hatte bisher noch nie auf einen Menschen gezielt. Was nun folgte, lief so automatisch ab, daß mir rückblickend noch ein Schauer über den Rücken lief. Ich stieß die Tür auf, ließ mich auf ein Knie fallen und hob Gilbertos Luger vom Fußboden auf. Im gleichen Augenblick schoß ich Coimbra durch die Hand.
      Burke fuhr herum wie ein sprungbereites Tier, in der einen Hand seine eigene Waffe, in der anderen die Herraras. Damals war mir das zwar noch nicht klar, aber es sprach schon für seine Selbstbeherrschung, daß er mich nicht aus einer Reflex bewegung heraus erschoß.
      Er warf mir einen kurzen Blick zu, und ich glaube fast, daß er lächeln wollte. Statt dessen öffnete er die Tür nach draußen, lauschte und schloß sie wieder.
      »Hier kümmert sich jeder um seinen eigenen Kram«, sagte ich.
      Er trat langsam an den Schreibtisch. Gilberto lag verkrümmt an der Wand und hielt sich mit beiden Händen die Brust. Aus seinem Mundwinkel sickerte Blut. Er hatte die Augen offen, befand sich aber offenbar in einem Schockzustand. Coimbra war sehr bleich geworden und preßte die rechte Hand unter den linken Arm, als wollte

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