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Nacht ohne Erbarmen

Nacht ohne Erbarmen

Titel: Nacht ohne Erbarmen
Autoren: Jack Higgins
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»Laß ihn in Ruhe, Sean. Er hätte schlimmer sein können. Schaff mich nur von hier weg.«
      Er zögerte für einen Augenblick, dann verschwand die Waffe unter dem Umhang. Tufik sank auf die Knie und begann leise zu weinen.
    Ich hätte mir gleich denken können, wer die beiden anderen waren: Pete Jaeger aus Südafrika, einer der wenigen Über lebenden unserer alten Kompanie aus dem Katanga-Krieg, und Legrande, der frühere OAS-Mann, den Burke in Stanleyville angeheuert hatte, als wir uns neu formierten.
      Jaeger fuhr Husseinis Landrover, und Legrande half Burke, mich auf den Rücksitz zu schleppen. Dabei wurde nicht viel gesprochen, anscheinend mußte irgendein Zeitplan eingehalten werden.
      Fuad lag immer noch totenstill da, als wir auf die sogenannte Küstenstraße hinausfuhren, vorbei an der Kolonne von Gefangenen, die von ihrer Tagesarbeit zurückmarschierten.
      »Ihr habt nicht viel Zeit«, flüsterte ich.
      Burke nickte. »Keine Sorge, wir sind genau pünktlich.«
      Nach etwa einer Meile bog Jaeger von der Straße ab und fuhr durch die Sanddünen zum Rand eines breiten, flachen Strandstücks. Als er den Motor abschaltete, kam ein anderes Geräusch näher: Höchstens hundert Meter über dem Wasser schwebte ein Flugzeug über das Meer herein. Legrande zog eine Signalpistole und feuerte eine Leuchtkugel ab. Die Maschine flog eine enge Kurve und setzte zu einer perfekten Landung an.
      Es war eine Cessna. Das erkannte ich flüchtig, als sie auf uns zurollte, aber wir hatten es sehr eilig. Die anderen trugen mich halb, als die Tür der Kabine aufging, dann schoben sie mich hinein. Sie stiegen ebenfalls ein, und als Legrande die Tür verriegelte, drehte die Cessna bereits wieder in den Wind. Das Dröhnen des Motors wurde tiefer.
      Burke hielt mir eine Feldflasche an den Mund. Ich erstickte fast, als mir der scharfe Brandy durch die Kehle und in den Magen floß. Als ich den Hustenanfall überstanden hatte, lächelte ich matt. »Wohin jetzt, Oberst?«
      »Zuerst nach Kreta«, sagte er. »In einer Stunde sind wir dort. Wird auch höchste Zeit. Wir könnten ein Bad gebrauchen.«
      Ich nahm ihm die Feldflasche ab, trank noch einen langen Schluck und lehnte mich dann in meinen Sitz zurück. Ein herrliches Glühen breitete sich in meinem Körper aus. Jetzt fängt das Leben neu an, mehr konnte ich nicht denken.
      Als die Cessna abhob und zum Meer hin abschwenkte, sank die Sonne unter den Horizont, und die Nacht brach herein.

    2

    Ich hatte Sean Burke Anfang 1962 in Lourengo Marques in Mosambique, und zwar in einem Hafencafe namens ›Licht von Lissabon‹ kennengelernt. Ich arbeitete damals in dem Cafe als Pianist. Das Klavierspielen war eines der wenigen nützlichen Abfallprodukte meiner teuren Ausbildung, aber ich tat es nur, weil ich Geld brauchte.
      Aus Gründen, die hier keine Rolle spielen, war ich schon im Alter von neunzehn Jahren ein zielloser Herumtreiber und von Kairo aus in bequemen Etappen unterwegs zum Kap der Guten Hoffnung. In Lourengo Marques war ich gelandet, weil von Mombasa aus mein Geld auf dem Küstendampfer nicht weiter reichte, aber das störte mich nicht sehr. Ich war jung und gesund und auf der Flucht vor meiner Vergangenheit; das einzige, was mich interessierte, war jeweils der nächste Tag.
      Jedenfalls gefiel es mir in Lourengo Marques. Der Ort strahlte eine Art barocken Charme aus, und zumindest damals fehlten hier die Spannungen zwischen den Rassen, die ich überall woanders in Afrika angetroffen hatte.
      Der Besitzer des ›Licht von Lissabon‹ hieß Coimbra, ein hagerer, ausgemergelter Portugiese, den nur eins im Leben interessierte: Geld. Soweit ich das beurteilen konnte, hatte er überall seine Finger dazwischen und kannte keinerlei Skrupel. Was man auch haben wollte, Coimbra konnte es zu einem angemessenen Preis beschaffen. Wir durften uns der besten Auswahl von Mädchen an der ganzen Küste rühmen.
      Burke fiel mir schon in dem Augenblick auf, als er herein
    kam, und mit seiner gewaltigen Gestalt wäre er wohl überall ins Auge gefallen. Ich denke, das beachtete man bei ihm am meisten – diese Ausstrahlung physischer Sicherheit und beherrschter Kraft, die andere Männer veranlaßte, ihm aus dem Wege zu gehen, selbst in einem solchen Lokal.
    Er trug Buschkleidung: Filzhut, Buschjacke, Khakihosen und
    Sandstiefel. Eins der Mädchen machte ihm schöne Augen, eine Viertelnegerin mit einer Haut wie Honig und einer Figur, die selbst einen Bischof
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