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Nacht ohne Erbarmen

Nacht ohne Erbarmen

Titel: Nacht ohne Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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stehen, starrte voll Haß zu mir herauf und wandte sich dann abrupt ab. Er betrat das Wachhaus.
      Die Schafe kamen ins Dorf, strömten an den Häusern vorüber, breiteten sich über den Platz aus und drängten zu dem Teich auf der anderen Seite. Der Junge, der mir vorhin auf gefallen war, mochte zehn oder elf Jahre alt sein. Er war klein und dunkel und voll überschüssiger Energie. Er rannte pfeifend und Arme schwingend auf und ab, um die Herde in Bewegung zu halten. Seine drei Begleiter waren typische Beduinen in schäbigen Gewändern. Sie hatten sich ihre Burnusse zum Schutz gegen den von der Herde aufgewirbelten Staub über das Gesicht geschlagen.
      Mit gesenkten Köpfen kamen sie vorüber, trieben ihre Herde an und kümmerten sich nicht um mich. Die Glöckchen läuteten in der Stille. Es war sehr ruhig, und die Sonne war schon halb unter den Horizont gesunken. Noch etwa dreißig Minuten, dann würde das Arbeitskommando von einem langen, harten Tag an der steinernen Mole zurückkehren.
      Die Schafe hatten das Wasser erreicht und stritten sich um die besten Plätze. Die Hirten lehnten sich an eine Mauer und sahen ihnen zu. Die Tür der Wachstube ging auf, Husseini trat heraus und kam auf mich zu. Zwei Soldaten folgten ihm. Als sie mich abschnitten, brach ich unter dem hölzernen Galgen zusammen. Er sagte irgend etwas, aber ich verstand es nicht. Dann hoben sie mich hoch und schleppten mich über den Platz hinüber zu Tufiks Haus.
      Der Dicke wohnte da ganz allem. Eine alte Frau kam jeden Tag und kochte und wusch für ihn. Das Haus, das er sich besorgt hatte, diente ihm gleichzeitig als Büro. Ein Schreibtisch mit verschließbarem Oberteil, zwei Stühle und ein hölzerner Tisch standen hier.
      Husseini bellte einen Befehl. Die beiden Soldaten setzten mich auf einen der Stühle und fesselten meine Arme.
      Erst jetzt bemerkte ich eine Peitsche, anscheinend eine echte Nilpferdpeitsche, die einem garantiert das Fleisch von den Knochen reißt. Er zog die Uniformjacke aus und begann bedächtig, die Ärmel hochzukrempeln. Tufik schien Todes ängste auszustehen und schwitzte noch mehr als sonst. Die beiden Soldaten lehnten an der Wand. Dann griff Husseini nach der Peitsche.
      »So, Jude«, sagte er und spannte sie wie einen Bogen zwischen den Händen. »Fangen wir mit einem Dutzend an. Danach sehen wir weiter.«
      »Major Husseini«, rief halblaut eine Stimme auf englisch.
      Husseini fuhr herum. Ich hob den Kopf. Hinter ihm im Eingang stand einer der Hirten. Mit der rechten Hand zog er seinen Burnus auseinander, und ein sonnenverbranntes, scharfgeschnittenes Gesicht kam zum Vorschein. Die schmalen Lippen erweckten den Eindruck, als könnten sie sich jeden Augenblick zu einem Lächeln verziehen, aber sie taten es wohl selten. Die grauen Augen waren so kalt wie ein Gebirgsfluß.
      »Sean«, krächzte ich. »Sean Burke, ist das denn möglich?«
      »Genau der bin ich, Stacey.«
      Die linke Hand kam mit einer Pistole unter dem Umhang
    hervor. Sein erster Schuß traf Husseini in die Schulter und schleuderte ihn herum, so daß er Burke in die Augen sah, bevor er starb. Die zweite Kugel riß ihm ein Stück vom Hinterkopf weg. Er taumelte an mir vorbei und prallte gegen die Wand.
      Die beiden Soldaten standen mit dummen Gesichtern da, die Augen vor Entsetzen geweitet, die Gewehre noch über den Schultern.
      In dieser Haltung starben sie, als zwei lange Garben aus einer Maschinenpistole durch das Fenster schlugen und sie niedermähten.
      Stille trat ein. Tufik war der erste, der wieder etwas sagte. Seine Worte überstürzten sich. »Ich habe mir Sorgen gemacht, schreckliche Sorgen. Ich habe schon gedacht, Sie kommen gar nicht. Daß irgend etwas schiefgegangen ist.«
      Burke ignorierte ihn. Er trat langsam vor und beugte sich über mich. »Stacey?« fragte er und legte mir die linke Hand behutsam an die Wange. »Stacey?«
      Ein schmerzlicher Ausdruck glitt über sein Gesicht, wie ich ihn noch nie zuvor bemerkt hatte, aber dann wich er der schrecklichen Mordlust, für die dieser Mann so berüchtigt war. Er wandte sich Tufik zu.
      »Was hast du ihm getan?«
      Tufik riß die Augen auf. »Was soll ich ihm getan haben, Effendi? Ich habe doch das alles erst möglich gemacht.«
      »Ich habe mir gerade überlegt, daß mir deine Preise nicht passen.«
      Die Pistole fuhr hoch, und Tufik duckte sich mit einem Schrekkensschrei in die Ecke. Ich schüttelte den Kopf und sagte matt:

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