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Nacht ohne Schatten

Nacht ohne Schatten

Titel: Nacht ohne Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Klönne
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hört Noldens Schritte auf dem Flur, sie kommen näher, verstummen, setzen wieder ein. Etwas gluckst. Benzin. Jetzt riecht sie es schon, und die Angst treibt sie hoch, lässt sie den Schmerz überwinden, trägt sie zum Fenster. Luft, sie braucht Luft, sie will atmen, um Hilfe schreien. Sie umklammert den Fenstergriff, will ihn drehen, vergebens, er gibt nicht nach, nur die Glasvase auf der Fensterbank bewegt sich, fällt, zerbricht. Zu laut, viel zu laut.
    Schwindel erfasst Judith, Schwäche, eine neue Welle Übelkeit, Stiche durchbohren ihre Brust. Sie sackt zu Boden, fühlt kaum, wie sich eine der Glasscherben in ihre Handfläche bohrt. Schon wieder beginnt sie zu würgen, es dauert eine Weile, bis sie begreift, dass sie weint.
    Schritte nähern sich, halten vor dem WC. Nolden muss das Klirren der Vase gehört haben. Die Tür fliegt auf, Licht dringt in den Raum. Benzingestank. Er hält ein Messer in seiner Hand.
    Â»Hast du noch nicht genug?«
    Â»Du mieses Schwein!«
    Er lacht auf, beugt sich über sie, hebt das Messer. Eine Chance nur, eine einzige, winzige Chance. Judith zwingt ihre Hand vor, die Hand mit der Scherbe. Etwas Warmes sprudelt. Stechender Schmerz. Ein Gewicht sinkt auf sie, löscht sie aus. Schwarz und schwer.
    * * *
    Es ist sehr friedlich in Swetlanas Zimmer, das monotone Surren der diversen Anlagen macht Manni schläfrig. Er fragt sich, was in Swetlana vorgeht, ob sie ihn bemerkt, ob sie traumlos schläft oder ob sie – was er ihr nun wirklich nicht wünscht – wieder und wieder durchlebt, was man ihr angetan hat. Die Polizeimeister haben nach ihrer erfolglosen Suchaktion auf dem Krankenhausparkplatz Bericht erstattet und sind wieder abgezogen. Der Mann, der Swetlana wahrscheinlich tötenwollte, ist spurlos verschwunden und passt auch mit viel gutem Willen nicht zu irgendwelchen Daten aus der Fahndungskartei.
    Manni geht zum Waschbecken, benetzt Gesicht und Hände mit kaltem Wasser. Sie werden es nicht schaffen, Makowski hat recht, der Zuhälter Popolow ist zu groß für sie, zu gut organisiert, agiert zu international. Manni ballt die Fäuste, setzt sich wieder neben Swetlana. Archangelsk. Er versucht sich vorzustellen, wo das wohl ist, ob es dort kalt ist, ob sie es vermisst. Wer war der Mann, der sich hier eingeschlichen hat, ein Lakai Popolows? Es kann nicht anders sein. Er will raus, das beweisen, hofft, dass die Ablöse bald kommt. Noch über zwei Stunden bis Mitternacht.
    Er muss eingedöst sein, denn als die Tür plötzlich auffliegt, braucht er ein paar Sekunden, um zu kapieren, dass nicht ein wild gewordener Eskimo auf ihn zufliegt, sondern die Petrowa. Noch nie hat Manni sie so außer sich gesehen. Ihr russischer Akzent ist viel stärker als sonst. Ihre Schminke ist verschmiert, die Schlitzaugen geweitet, sie reißt sich die obligatorische Pelzmütze vom Kopf, dass die drahtigen Haare wie elektrisiert in alle Richtungen abstehen.
    Manni springt auf. »Was ist los?« Die Rechtsmedizinerin besinnt sich kurz, sprudelt dann los. Spurensicherung, Nolden, Nada, irgendein Katzenvieh und Judith, die angeblich nicht mehr zu erreichen ist. Manni reißt sein Handy aus der Hosentasche, flucht, weil es tot ist. Er hat es ausgeschaltet und dann vergessen. Er sieht die Petrowa an. »Seit wann versuchst du, mich anzurufen?«
    Â»Schon lange, seit etwa 20 Uhr.«
    Zwei Stunden hat er hier in seliger Unwissenheit rumgesessen, während die Krieger … Manni hämmert seinen Pincode in die Tastatur, vertippt sich, flucht erneut. Hat die Krieger etwa recht und ihr Mann heißt Alexander Nolden?
    Â»Wie hast du mich gefunden?«, fragt er die Petrowa, während sein Mobiltelefon nervtötend langsam zum Leben erwacht.
    Ihre dunklen Augen brennen. »Du bist oft hier, es war ein Versuch.«
    Die Stimme der Krieger ist auf seiner Mobilbox, einmal und noch einmal. Ich fahr jetzt zu Noldens, irgendwas stimmt da nicht. – Ich geh jetzt in die Villa, befrage Marlene Nolden, ruf mich bitte dringend an oder komm nach. Die Kriegerin im Alleingang, war ja klar. Aber sie bittet ihn um Hilfe, klingt regelrecht nervös.
    Kein Anschluss, er erreicht nicht mal ihre Mobilbox, nur eine elektronische Standardansage, die verkündet, dass dieser Teilnehmer vorübergehend nicht erreichbar ist. Zur Sicherheit probiert er es noch bei ihr zu Hause. Nur der Anrufbeantworter. Er drückt die Verbindung

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