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Nacht ohne Schatten

Nacht ohne Schatten

Titel: Nacht ohne Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Klönne
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bedient. Doch Sonja ist ganz offensichtlich anders, und das steigert seine Spannung auf die bevorstehende Nacht mit ihr noch mehr.
    Manni steckt das Foto des Komamädchens in seine Jackentasche und fährt seinen Rechner herunter. Auf dem Weg zum Aufzug schaut er noch kurz bei Makowski rein, der imabgedunkelten Medienraum mit glasigen Augen Pornos guckt und hastig den Zeigefinger aus der Nase nimmt, als er Manni wahrnimmt.
    Â»Und?«, fragt Manni.
    Â»Nur das übliche Geficke.« Makowski zuckt die Schultern, ohne die Augen vom Bildschirm zu wenden, auf dem sich gerade eine vollbusige Blondine in Reizwäsche und hochhackigen Sandaletten ohne jegliches schauspielerisches Talent an einem Typ mit Ganzkörperrasur zu schaffen macht. »Unser Mädel ist bislang nicht dabei.«
    Â»Wie viele musst du noch?«
    Â»Fünf.«
    Die Blondine spitzt die silikonunterspritzten Lippen und beginnt zu stöhnen. Makowski drückt auf Schnellvorlauf. »Nu macht schon voran«, fordert er und winkt Manni mit einer unwirschen Handbewegung hinaus.
    * * *
    Â»Thea, hallo, alles klar?«
    Sie hat Paul nicht kommen hören und kann gerade noch verhindern, dass ihr vor Schreck die Schleifmaschine von dem Sandsteinblock, den sie gerade bearbeitet, in den Oberschenkel fährt. Sie schaltet sie aus, wischt sich mit der Hand über die Stirn, wo Schweiß und Steinmehl sich zu einer juckenden Schicht vermischt haben.
    Â»Was willst du, Paul?«
    Er schlendert zu ihrem Arbeitstisch, fegt die Meißel, die Thea sich bereitgelegt hat, zu einem Haufen zusammen und setzt sich auf die frei gewordene Fläche. Er trägt dieselbe Jeans wie am Vorabend, die seine muskulösen Beine hervorragend zur Geltung bringt. Sein grauer Bart ist frisch getrimmt. Als er bemerkt, wie sie ihn mustert, lächelt er sein Verführerlächeln.
    Â»Ich arbeite, Paul.« Die Tatsache, dass das bei Weitem nicht so barsch klingt, wie es klingen sollte, bringt die Bitterkeit desMorgens zurück, die Thea bei der Arbeit endlich abgeschüttelt zu haben glaubte. Paul trägt das eng anliegende Sweatshirt wie früher auf der bloßen Haut, es spannt über seiner Brust. Wieder lächelt er sie an. Thea platziert das Schleifgerät auf der Oberkante des Steinblocks, weitaus nachdrücklicher, als es nötig wäre. Ihre Geburtstagsfeier, zu der sie sich erst spät und mit durchaus zwiespältigen Gefühlen entschlossen hatte, ist ausgeufert, so sehr, dass sie am Morgen die Tabletten, mit denen sie ihre hämmernden Kopfschmerzen betäuben wollte, augenblicklich wieder erbrechen musste. Sie hat zu viel Wein getrunken, viel zu viel. Vielleicht wegen der Kommissarin mit ihren beunruhigenden, nicht ausgesprochenen Unterstellungen, vielleicht auch einfach nur, weil ihr Bein so brannte wie lange nicht mehr und die Blutung nicht aufhört und jeder Blick in den Spiegel ihr vor Augen führt, dass sie alt ist, unsichtbar für Männer, indiskutabel, ausgezählt.
    Â»Ich will Geld«, sagt Paul in Theas Gedanken hinein. »Dein Obolus für unser Benefizevent ist der einzige, der noch fehlt. Sechzig Euro pro Nase für Plakate, Getränke und Musik hatten wir gesagt.«
    Sechzig Euro. Thea streift die Schutzbrille herunter, die an dem Gummiband wie eine Kette um ihren Hals baumelt, was sich plötzlich anfühlt, als drücke ihr jemand die Luft ab. Thea tastet nach der Brille, dann nach dem Reißverschluss am Kragen ihrer Fleecejacke, öffnet ihn, obwohl sie ganz genau weiß, dass dies das Engegefühl in ihrer Kehle in keinster Weise erleichtern wird. Anfang des Monats und sie ist bereits pleite. Die schmale Rente von der Versicherung hat wie immer gerade für die Mietkosten für Atelier und Wohnung gereicht, die blödsinnige Party und der Klempner haben das Minus auf Theas Konto noch vergrößert. Sie wird zur Bank gehen müssen, wieder einmal betteln und lügen und den eventuellen Gewinn bei der
Angels
-Ausstellung als Sicherheit verkaufen. Egal, denkt sie, während sie zu ihrem Rucksack hinkt. Es wird schon gehen, ich werde das schaffen, und vielleicht gewinneich ja wirklich, und wenn nicht, heißt es halt wieder einmal Callcenter, auch wenn ich das hasse.
    Fünfzig Euro und ein paar Münzen stecken noch in ihrer Brieftasche, ihre Reserve für die gerade erst angebrochene Woche. Sie reicht Paul den Schein, zählt die Münzen in seine Hand. »Die letzten vier Euro

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