Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nacht über Algier

Nacht über Algier

Titel: Nacht über Algier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
Vom Netzwerk:
Liebhaber hatte.«
    »Halt bitte endlich dein entsetzliches Lästermaul und versuch wenigstens einmal, ein bißchen Freundlichkeit zu heucheln. Ich habe einen Freund, der sich Sorgen macht. Er steckt in einem Dilemma. Er schätzt die Bullen außerordentlich, und deshalb würde er es bedauern, wenn einige von ihnen wegen Lappalien dran glauben müßten. Ein prima Kerl, sehr nobel und selbstlos. Er begreift nicht, warum so ein erbärmliches Würstchen von Bulle sich mit ihm anlegt. Heute morgen hat er mich deswegen in meinem Büro aufgesucht. Sein Bericht hat mir das Herz zerrissen, glaub mir. Ich war seinetwegen so bekümmert und habe mich so für unsere Einrichtung geschämt, daß, wenn sich die Erde nur einen Spalt geöffnet hätte, ich mich ohne zu zögern hinabgestürzt hätte. Während wir hohen Polizeikader alles tun, um unsere Berufsehre wieder aufzupolieren, spucken uns solche unbedarften Würmchen in die Suppe und ziehen den Minister in den Schmutz. Ich habe meinen Freund gefragt, warum er sich nicht direkt an den Minister gewandt habe, mit dem er befreundet ist. Halt dich gut fest. Der Gute hat mir erklärt, daß er die Karriere eines jungen Polizisten nicht einfach platzen lassen wolle, nur weil er sich ein bißchen gehenläßt. Das hat mir die Tränen in die Augen getrieben, waliah laadiam [ (arab.) Ich schwöre bei Gott!]. Dabei ist er ein sehr mächtiger Mann. Er braucht sich nur die Hände zu reiben, und auch der Hartgesottenste unter uns wird zu Brei geschlagen. Aber nein, er weigert sich, seinen Namen zu mißbrauchen. Er möchte lediglich, daß das schwarze Schaf zur Vernunft gebracht wird ...«
    »Ich vermute, daß dein guter Samariter Haj Thobane ist.«
    »Ins Schwarze getroffen.«
    »Und der rücksichtslose Polizeibeamte ist Lino.«
    »Man kann aber auch nichts vor dir verbergen.«
    »Weil die Schande niemanden mehr schockiert, Hadi.«
    »Genau dasselbe habe ich unserem Freund Haj Thobane auch gesagt.«
    So ein Idiot!
    »Habe ich was Falsches gesagt, Brahim?«
    Ich schüttle verzweifelt den Kopf. »Deine Wampe hat dir das Gehirn aufgeweicht.«
    Er läuft rot an. »Merkst du es? Du willst einfach nicht vernünftig mit mir reden. Du findest immer einen Widerhaken. Ich komme als Freund, und du gibst mir zu verstehen, daß ich unerwünscht bin. Ich erzähle dir von einem Mißverständnis, und du drehst die Sache so, daß wir nur aneinander vorbeireden. Ich versuche freundlich zu sein, und du nutzt jede Gelegenheit, mir einen reinzuwürgen.«
    »Warum bist du hier?«
    »Um dem ungehörigen Verhalten deines Lieutenants Einhalt zu gebieten, falls du noch zu ihm stehst.«
    »Ich habe ihn heute nachmittag wieder an seinen Arbeitsplatz beordert.«
    Er nimmt seine Brille ab, um mich besser beobachten zu können, sucht nach einer Falle, findet keine. Plötzlich schlackert sein Doppelkinn vor lauter Freude.
    »Hast du mit ihm darüber gesprochen?«
    »Ich habe ihm ordentlich den Kopf gewaschen.«
    »Und was gedenkt er zu tun? Ich meine, akzeptiert er, auf Nedjma zu verzichten?«
    »Was für eine Nedjma?«
    »Das Mädchen, mit dem er geht.«
    »Sie heißt Nedjma?«
    »Das ist völlig unwichtig. Die Hauptsache ist, daß dein Lieutenant dieses Kapitel abschließt und woanders seine Fühler ausstreckt. Wir können schließlich nicht zulassen, daß unsere Untergebenen unsere Integrität antasten.«
    Mit einer Handbewegung bitte ich ihn, seine Imperialistenzigarette, mit der er mir vor den Augen herumfuchtelt, wegzunehmen, und erkläre ihm ganz ruhig:
    »Ich habe dem Lieutenant gesagt, daß er von nun an pünktlich im Dienst zu erscheinen hat, daß ich unerlaubtes Fernbleiben nicht dulde und daß ich mir nicht auf der Nase herumtanzen lasse.«
    »Ausgezeichnet. Meinst du, daß er dich verstanden hat?«
    »Und ob!«
    »Phantastisch. Dann kann ich Haj Thobane ja beruhigen.«
    »Achtung, Hadi. Ich habe mir den Lieutenant vorgenommen, nicht den Gigolo.«
    Er zieht die Augenbrauen hoch, drückt die Zigarette an der Hauswand aus. Seine Hand zittert, seine Lippen zucken.
    »Was soll dieses Kauderwelsch?«
    »Der Lieutenant wird pünktlich zur Arbeit erscheinen. Alles andere - seine Abende, seine Wochenenden, seine Weibergeschichten - ist seine Privatsache. Er ist alt genug, um selbst dafür geradezustehen.«
    »Ich fürchte, er wird den kürzeren ziehen, dein Hänfling. Haj wird ihn zerquetschen wie eine Fliege.«
    »Das ist nicht mein Problem.«
    »Da täuschst du dich aber. Du hast nichts getan, um deinen jungen Hund an

Weitere Kostenlose Bücher