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Nacht über Algier

Nacht über Algier

Titel: Nacht über Algier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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mit diesem Kapitel ein für allemal abgeschlossen habe.«
    Unsere Blicke verhaken sich ineinander, schließlich gibt er sich geschlagen.
    »Wenn Sie mir versprechen, meinen Namen nicht zu erwähnen ... Ich kenne jemanden, der bis heute dafür seinen Kopf hinhalten muß. Er wohnt im Wald.«
    »Der Wald ist dicht, Monsieur Ali«, sage ich und drücke fester zu.
    »Erster Abzweig rechts, hinter der römischen Brücke an der Nordausfahrt von Sidi Ba. Sie folgen dem Weg bis zum Ende. Etwa sieben bis acht Kilometer. Dann kommt ein Bauernhof, genaugenommen eine Geflügelzucht.«
    »Lebt jemand auf dem Hof?«
    »Er heißt Jelloul Labras. Sie können ihn nicht verfehlen. Ein anständiger Kerl, wirklich sehr anständig.«
    Ich lockere den Griff, er zieht seine Hand zurück, dann wendet er sich zum Gehen, kehrt jedoch noch einmal zurück, um mit allem Nachdruck zu wiederholen:
    »Sagen Sie ihm nicht, daß Sie von mir kommen.«
    »Beim Bart des Propheten«, verspreche ich ihm.
     
    Sorias Lada schwankt auf dem Weg hin und her, fährt durch eine Schonung, windet sich kilometerweit im Zickzack um Hindernisse herum, bis wir auf eine holprige Straße stoßen. Vor uns liegt ein Tal, märchenhaft schön. In der Ferne schimmert ein Stausee im gleißenden Tageslicht. Auf den grünen Wiesen weiden Schafe, während ein Reiter in gestrecktem Galopp seinem eigenen Rausch hinterherjagt.
    Soria kurbelt die Scheibe runter und läßt den Wind in ihren Haaren spielen. Die Sonnenbrille sitzt ihr graziös auf der Nase, und sie lächelt entzückt über die Wunderdinge der Natur.
    Wir erklimmen etliche Hügel und erreichen endlich den Bauernhof, der im hintersten Winkel des Waldes verborgen liegt. Ein hochgewachsener Bursche in Overall und Gummistiefeln macht sich im Hof zu schaffen, er füttert eine ganze Armee von Federvieh.
    Als er uns bemerkt, hält er inne, aber da ihm unser Auto nicht bekannt vorkommt, fährt er fort, mit weit ausholenden Handbewegungen Korn zu verteilen.
    Soria stellt das Auto unter einem Baum ab und wartet dort auf mich.
    »Salam!« grüße ich.
    »Guten Tag«, antwortet der Bauer.
    Er muß um die Sechzig sein und trägt einen sorgfältig gepflegten Bart. Er erweckt den Eindruck, als wäre er mit sich und der Welt im reinen.
    »Sehen kräftig aus, Ihre Hühner.«
    »Danke . Der Tierarzt hat sie allerdings schon so gut wie aufgegeben.«
    »Das war sicherlich ein Scharlatan.«
    »So weit würde ich nicht gehen.«
    Mit einem Täuschungsmanöver verscheucht er einen allzu gierigen Hahn, und wirft mitten in ein Knäuel mitleiderregender, aber kampfeslustiger Küken eine Handvoll Hirse.
    »Kommen Sie wegen einer Lieferung?« erkundigt er sich.
    »Nicht direkt. Meine Kollegin und ich sind auf der Durchfahrt. Wir machen eine Forschungsarbeit im Auftrag der Universität.«
    »Archäologen?«
    »Historiker.«
    Er streckt den Daumen hoch. »Hut ab! In dieser Gegend lassen sich immer seltener Intellektuelle blicken.«
    »Wohnen Sie hier?« frage ich ihn.
    »Ich bin hier geboren. Darf man erfahren, welcher Wind Sie hierhergeweht hat?«
    »Meine Kollegin und ich untersuchen die Ereignisse, die sich in den Bergen um Sidi Ba unmittelbar nach der Unabhängigkeit zugetragen haben.«
    Er hebt die Arme, um den Ansturm der Hühner abzuwehren.
    »Sind Sie zufällig vorbeigekommen, oder hat man Ihnen einen Hinweis gegeben?«
    »Beides. Wir gehen praktisch von Haus zu Haus. Manche Augenzeugen interessieren uns, andere weniger. Jemand hat uns geraten, uns an Sie zu wenden.«
    »Hat er einen Namen?«
    »Wir haben ihn nicht behalten. Hätten Sie vielleicht einen Moment Zeit für uns?«
    Er wirft einen Blick auf Soria, die gerade aus dem Auto gestiegen ist, mustert dann mich einen Moment, und da er auf unseren Gesichtern nichts entdeckt, was sein Mißtrauen weckt, lächelt er.
    »Wenn Sie sich gedulden wollen, bis ich mit dem Füttern fertig bin, sehr gern. Dahinten, unter dem Eukalyptus, steht ein Tischchen mit Datteln und einem Krug saurer Milch. Nehmen Sie sich inzwischen davon.«
    »Sehr freundlich von Ihnen, Monsieur.«
    Soria begleitet mich zum Eukalyptusbaum. Wir betrachten die Ebene und die waldige Hügellandschaft ringsum. Der Himmel ist strahlend blau. Die ganze Umgebung erinnert mich an meine Kindheit in Ighider, wo ich in abgewetzter Gandoura [ (arab.) Traditionelles langes Männergewand] der Aufsicht meiner Mutter entfloh und so hoch wie möglich den Berg hinaufstieg. Ich liebte es, auf dem Großen Felsen in der Sonne zu liegen und bis zum

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