Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
den Wagen in der Auffahrt abstellte. Sie trug Sandalen, ein rotes Frotteehemd und eine hoch um die Taille sitzende Khakihose.
»Hi«, sagte ich.
Sie hatte die Beine übereinander geschlagen, tippte die Asche in einen umgedrehten Einmachglasdeckel und schaute auf die Enten, die über den Teich paddelten.
»Du rauchst doch gar nicht«, sagte ich.
»Ich fang grade an.«
Ich setzte mich ihr gegenüber hin. Sie wandte mir den Blick zu.
»Ich habe dir letzte Nacht die Wahrheit gesagt«, sagte ich.
»Aus gewissen Gründen tu ich mich damit trotzdem schwer.«
»Warum?«
»Wieso ist sie so versessen auf dich? Was trägst du dazu bei?«
»Ich wollte von Anfang an nicht hin, als sie uns seinerzeit zu sich eingeladen haben. Ich habe versucht, ihr aus dem Weg zu gehen.«
»Wem willst du damit was unterstellen?«
Ich hatte mit einem Mal einen Kloß im Hals. Meine Augen brannten, als ob ich durch gleißendes Wasser schaute.
Sie warf die Zigarette in ein Blumenbeet an der hinteren Hauswand, das voller altem Laub lag. Ihr Gesicht war rot und erhitzt. Bevor ich ins Haus ging, hob ich die glimmende Zigarettenkippe auf und zerdrückte sie in dem vor ihr stehenden Weckglasdeckel – eine Geste, die ebenso töricht und selbstgefällig war wie mein Einwand.
Das Wandtelefon in der Küche klingelte. Ich nahm den Hörer ab und starrte durch das Fenster auf Bootsies Rücken. Ihr dichtes Haar wirkte in dem grauen Licht wie mit Gold durchwoben.
»Aaron Crown hat das Boot drunten in der Nähe von Maurice liegen lassen«, sagte der Sheriff.
»Hat ihn jemand gesehen?«
»Nein, nur das Boot.«
»Der kommt wieder.«
»Das klingt ja fast bewundernd.«
»Ein alter Wachmann hat mal gesagt, Aaron wäre das reinste Ungewitter.«
»Sie kriegen jedenfalls Ihren Wunsch erfüllt. Sie sind abgezogen.«
Als ich nichts erwiderte, sagte er: »Wollen Sie gar nicht wissen, warum?«
»Schießen Sie los, Sheriff.«
»Buford hat angerufen und gesagt, dass Ihnen diese Aufgabe nicht liegt. Er hat gesagt, Sie brauchen nicht mehr bei ihm zu Hause vorbeikommen.«
»Allen Ernstes?«
»Das ist noch nicht alles. Er hat gesagt, Sie hätten sich letzte Nacht an seine Frau rangemacht.«
»Er lügt.«
»Ich glaube Ihnen. Aber warum meint er, er müsste jetzt
Lügengeschichten über Sie verbreiten?«
»Fragen Sie ihn.«
»Mach ich auch ... Dave, sind Sie noch dran?«
»Wir reden später weiter, Sheriff. Ich muss was erledigen.«
»Ich hab von Anfang an gewusst, dass mich dieser Job
kleinkriegt... Sagen Sie mal, Sie wollen sich doch nicht etwa
Buford vorknöpfen, oder?«
Ich fuhr mit Bootsies Toyota zur Werkstatt, holte meinen Pick-up ab und bat den Autoschlosser, den Toyota zurückzubringen. Dann steuerte ich die Plantage der LaRoses an.
Doch ich war nicht der Einzige, der an diesem Tag mit Buford ein Hühnchen zu rupfen hatte. Jerry Joe Plumbs blauer Buick parkte schräg vor dem alten Plantagenladen, und Jerry Joe stand auf der Veranda, zwischen den beiden Holzfässern voller Pecannüsse links und rechts der Doppeltür, hatte die Hände in die Hüfte gestützt und redete aufgebracht auf Buford ein.
Ich fuhr quer über die knirschenden Muschelschalen auf dem Parkplatz und stellte den Motor ab. Die beiden schauten zu mir her, traten dann durch die Doppeltür mit den angelaufenen, zerbrochenen Fenstern und stritten sich weiter.
Aber ich bekam einen Teil davon mit.
»Du haust mich übers Ohr. Dein alter Herr hätte das nicht gemacht, Buford.«
»Du bekommst deinen Teil.«
»Drei von den Aufträgen, die du mir versprochen hast, hat schon Dock Green gekriegt.«
»Ich habe dir mein Wort gegeben. Aber hör auf, Vergünstigungen einzufordern, nur weil du ein alter Bekannter der Familie bist.«
»Hat dich Persephone etwa an die Wäsche gelassen?«
Jerry Joe hatte mir den Rücken zugekehrt. Steif und breitschultrig stand er da, die Oberarme mit Muskeln bepackt – wie ein Preisboxer, der auf die letzten Anweisungen des Ringrichters wartet, bevor der Gong ertönt.
Aber Buford wandte sich einfach ab, zündete sich eine Zigarre an, schirmte die Glut mit der Hand ab und paffte im Zwielicht, als ob Jerry Joe gar nicht da wäre.
Jerry Joes Schritte hallten auf der Veranda wider, als er aus der Doppeltür kam.
»Was ist los, Jerry?«, fragte ich.
Er blieb stehen, balancierte auf den Ledersohlen seiner rotbraunen Slipper. Sein Gesicht war glutrot.
»Du fragst mich, was los ist? Ich verrat dir mal was. Wenn du dich mit Piranhas einlässt, darfst du
Weitere Kostenlose Bücher