Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
drehte sich verlassen an den Ketten unter dem Außenlicht.
Ich ging zwischen den Bäumen hinab zum Bootsanleger. Die Lichterkette über dem Steg war angeschaltet, und man konnte die Brassen sehen, die sich an den ins Wasser gefallenen Insekten gütlich taten. Batist war im Köderladen und reinigte die Kaffeemaschine.
»Erzähl mir von dem Schwarzen«, sagte ich.
Batist schaute von seiner Arbeit auf und musterte mein Gesicht. Er hatte den Kopf zur Seite geneigt und eine Augenbraue hochgezogen.
»Weswegen bist du sauer?«, fragte er.
»Wegen gar nichts.«
»Das seh ich. Na schön ... Der Filmmensch hat ein Boot gemietet, ist den Bayou rauf- und runtergefahren und hat Aufnahmen gemacht. Da hab ich den Schwarzen zum ersten Mal gesehn. Er hat droben an der Straße in ’nem Pick-up gesessen und durch das Fenster den Bayou beobachtet. Später isser runtergekommen und hat gefracht, ob hier ein Film gedreht wird. ›Sieht so aus‹, sag ich. Er hat mich gefracht, ob’s ein Film über den Weißen wird, der aus Angola ausgebrochen is’, der, der vor langer Zeit den schwarzen Bürgerrechtler in Baton Rouge umgebracht hat. Als ich ihm erklärt hab, dass ich’s nicht weiß, sacht er, er hat ’ne Geschichte, die er dem Filmmensch anbieten kann, wenn er Geld dafür kriegt, und dass er mir was davon abgibt. Aber erst muss er rausfinden, wo der Filmmensch wohnt.
›Was willst du hier?‹, hab ich gefracht.
Er hat ’n Strohhut aufgehabt, mit ’m Band außenrum. Er hat ihn abgenommen, und ich hab gesehn, dass sein Kopf an der Seite kahl rasiert is. Er sacht: ›Ich bin so stark, dass sogar meine Scheiße Muskeln hat, Alter. Ich tat aufpassen, was ich sag.‹ Und die ganze Zeit hat er gelächelt und seine Goldzähne funkeln lassen.
Ich sag: ›Ich bin grad am Aufräumen. Willst du irgendwas kaufen?‹
Dave, die Arme von dem Mann warn so dick wie meine Oberschenkel. Seine Schultern ham links und rechts die Tür gestreift, als er reingekommen is’. Er sacht: ›Bist du sicher, dass dir der Filmmensch nicht gesacht hat, wo er wohnt?‹
Ich sag: ›Das geht mich nix an. Und jemand anders auch nicht.‹
Er hat mich immerzu angeschaut, hat gegrinst und mit dem Salzstreuer oben auf dem Tresen rumgespielt, wie wenn er irgendwas vorhat.
Also sag ich: ›Nigger, beweis nicht, dass deine Mama ’n Dummkopf großgezogen hat.‹
Er hat gelacht, hat sich ’n Schinkensandwich genommen, ’n Fünfdollarschein zusammengeknüllt, auf den Tresen geschmissen und is’ raus. Einfach so. Dem Mann isses wurscht gewesen, ob ich ihn beleidigt hab. Das hat den nicht mehr geschert wie ein Moskito, der ihm um den Kopf fliegt.«
»Ruf mich an, wenn du ihn wieder siehst. Leg dich nicht mit ihm an.«
»Wer ist der Kerl, Dave?«
»Klingt nach einem gewissen Mookie Zerrang. Er ist ein Killer, Batist.«
Er fing an, den Tresen abzuwischen, und schmiss den Lappen dann in den Eimer.
»Die ham nix dafür übrig, nicht wahr?«, sagte er.
»Wie bitte?«
»Das da draußen, das hier drin. Auf mich horcht ja keiner«, sagte er und winkte zu den Fliegengitterfenstern hin, zu dem im Scheinwerferlicht liegenden Bayou, der schwarzen Schattenwand am anderen Ufer. »Es wird nie wieder so wie früher. Wozu ham wir uns das alles eingebrockt, Dave?«
Er wandte mir den Rücken zu, ließ die Holzjalousien an den Fenstern herunter und verriegelte sie von innen.
19
Am Samstagmorgen ging ich in aller Frühe in den Köderladen, kochte mir Kaffee, machte mir eine Schale mit Studentenfutter und Blaubeeren, frühstückte allein am Tresen und sah zu, wie die Sonne über dem Sumpf aufging. Über Nacht hatte es geregnet, danach aber wieder aufgeklart, und das Wasser im Bayou war lehmgelb, der Bootsanleger glitschig vom Regenwasser. Vor einer Woche, als ich nicht da gewesen war, hatte Jerry Joe von seiner Spielautomatenfirma eine Jukebox liefern lassen, eine nachgebaute 1950er Wurlitzer. Schwer und massig stand sie in der Ecke, mit ihrem Plastikgehäuse, den orange, rot und lila flimmernden Lichtern und den 45er-Platten, die in einem glänzend schwarzen Halbkreis hinter dem Plexiglas aufgereiht waren. Ich hatte beschlossen, sie von Jerry Joes Leuten wieder abholen zu lassen.
Ich hatte immer noch nicht angerufen.
Ich drückte Jimmy Clantons »Just a Dream«, Harry Choates’ 1946 aufgenommene Version von »La Jolie Blon« und Nathan Abshires »Pine Grove Blues«.
Die Stimmen und die Musik stammten aus einer anderen Ära, einer Zeit, von der wir geglaubt hatten, sie
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