Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
T-Shirt ohne BH und eine Jeans, die knapp unter ihrem Nabel saß.
»Hast du immer noch Mädchen hier, die anschaffen gehen, Sabelle?«, fragte ich.
»Wir gehn alle anschaffen, Schätzchen. Das habt ihr bloß noch nicht geschnallt.« Sie ließ die Tür offen, ging barfuß über das Linoleum vor mir her und nahm eine Kaffeekanne von einer der beiden Kochplatten ihres Herds.
»Ich möchte, dass du mich mit deinem Vater zusammenbringst.«
»Meinst du damit, dass du dich mit ihm treffen willst?«
»Mach es von mir aus so, wie du willst.«
»Damit du ihn dem Henker übergeben kannst?«
»Ich glaube, dass Buford ihn in die Falle locken und umbringen will.«
Sie stellte die Kaffeekanne wieder auf den Herd.
»Woher weißt du das?«, fragte sie.
»Ich war draußen bei seinem Anwesen. Die Cops dort sehen nicht so aus, als ob sie Gefangene machen wollen.«
Sie saugte an ihrer Unterlippe.
»Was hast du zu bieten?«, fragte sie.
»Überführung in eine Bundeshaftanstalt möglicherweise.«
»Daddy hasst die Bundesregierung.«
»Das ist eine dämliche Einstellung.«
»Danke für die Anmerkung. Ich werd drüber nachdenken.«
»Es gibt nur eine Hand voll Leute, die Buford im Weg gestanden haben. Der Drehbuchautor und Lonnie Felton waren zwei davon. Jerry Joe der Dritte. Er ist gestern Morgen umgebracht worden. Damit bleibt nur noch dein Vater übrig.«
»Jerry Joe?«, sagte sie. Ihr Gesicht war völlig offen, so wie man es manchmal sieht, wenn jemand unbewusst vom Blitzlicht eines Fotografen erfasst wird.
»Er wurde systematisch zu Tode geprügelt. Meiner Meinung nach von dem gleichen Schwarzen, der auch Felton und seine Freundin umgebracht hat. Und den Drehbuchautor.«
Sie setzte sich an den kleinen Küchentisch und schaute aus dem Fenster über die Hausdächer hinweg.
»Wieder der Schwarze?«, fragte sie.
»Sagt dir das was?«
»Was weiß ich schon über Schwarze? Sie holen meinen Müll ab. Sie verkehren nicht in meiner Bar.«
»Sieh zu, dass du dir deinen alten Herrn vornimmst, Sabelle.«
»Sag mal, aber in einem irrst du dich.«
»Aha?«
»Daddy ist nicht der Einzige, der Buford im Weg steht. Lass dir das von ’nem Mädchen gesagt sein, das Bescheid weiß. Wenn er mit jemand vögeln will, isses ihm wurscht, ob Männlein oder Weiblein. Kneif die Beine zusammen, Süßer.«
Ich schaute sie an, sah das Glitzern in ihren Augen und erkannte die Wut und den Schmerz, und mir wurde klar, dass unsere Freundschaft nur auf Einbildung und Eitelkeit meinerseits beruhte, dass Sabelle Crown mich in Wirklichkeit längst genauso abgeschrieben hatte, ob zu Unrecht oder nicht, wie die zahllosen anderen Männer, die einen missbrauchten und benutzten, die immer nur nahmen und nie etwas gaben.
Am Montag klopfte ein übergewichtiger Mann, der einen marineblauen Anzug trug und lackschwarze Haare hatte, an das Glas meiner Bürotür. Er hatte ein tiefes Grübchen am Kinn.
»Kann ich Ihnen behilflich sein?«, fragte ich.
»Yo, ich bin nämlich sozusagen von allein hier hinter gekommen. Hübsches Dienstgebäude habt ihr hier.« Er hatte die rechte Hand um eine Papiertüte gelegt. Ich wartete. »Oh, Entschuldigung«, sagte er. »Ich heiße Ciro Tauzin, State Police, Baton Rouge. Haben Sie ’n Moment Zeit, Sir?«
Seine Schenkel drückten sich auf dem Stuhl breit, als er sich hinsetzte. Das gestärkte Anzughemd war ihm eine Nummer zu klein, und der Kragenknopf unter dem Krawattenknoten war abgeplatzt.
»Wissen Sie, was ich hier hab?«, fragte er und streckte die Hand in die Papiertüte. »Eine Ruderdolle mit einem Taschentuch drum herum. Schon eigenartig, wenn jemand so was in seinem Garten findet, nicht wahr?«
»Kommt drauf an, um wen es sich handelt.«
»In diesem Fall war’s einer meiner Männer, der es auf Buford LaRoses Anwesen gefunden hat. Und da ein entsprungener Sträfling den künftigen Gouverneur ermorden will, wollten wir uns auf nix einlassen und haben deshalb ein paar Abdrücke gesichert und übers AFIS laufen lassen, Sie wissen schon, das Automatische Fingerabdruck-Identifizierungs-System. Ich sag Ihnen, Mann, wir haben vielleicht gestaunt, als wir festgestellt haben, von wem die Abdrücke stammen. Hat jemand eine Ruderdolle von einem Ihrer Boote gestohlen, Sir?«
»Meines Wissens nicht.«
»Schmeißen Sie Ihre Ruderdollen immer in andrer Leute Garten?«
»Es war nur so eine Idee von mir. Angeblich soll da jemand begraben sein.«
»Ist das wahr? Hut ab. Ihr habt ja ein paar interessante Arbeitsmethoden
Weitere Kostenlose Bücher