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Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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aufhörte, das wie der Flügelschlag eines verletzten Schmetterlings klang. Ich sah, wie Bootsie mich anschaute, langsam die Kaffeetasse hinstellte, sah, wie sich ihr Gesicht verkrampfte.
    »Sind Sie noch dran, Partner?«, fragte der Sheriff.
    »Wer ist es gewesen?«
    »Eine Bande schwarzer Taugenichtse, meint man beim NOPD. Ich sag’s Ihnen lieber im Voraus, Dave: Er ist elendiglich umgekommen.«
    »Ich brauche ein Flugzeug«, sagte ich.

24
    Die Sonne stand fahl, fast weiß, wie ein Stück Eis, hinter den Wolken über dem Lake Pontchartrain, als Clete mich am Flughafen von New Orleans abholte und auf dem 1-10 in Richtung Innenstadt fuhr.
    »Willst du wirklich in den Gefrierfleischschuppen, Streak?«, fragte er.
    »Weißt du was Besseres? Wo sollen wir denn sonst anfangen?«
    »War ja bloß ’ne Frage.«
    In Leichenschauhäusern findet man nicht die Farben, die man gemeinhin mit dem Tod verbindet. Die Einrichtung ist kühl, aus Aluminium und Edelstahl, auf dem sich stumpf das Licht der Neonröhren an der Decke spiegelt, sodass alles um so steriler wirkt. Der Tisch mit den Abflussrinnen, auf dem gerade eine Autopsie durchgeführt wird, ist blitzblank; das Wasser, das über die Metallfläche spült, könnte aus einem frischen Quell stammen.
    Aber irgendwie meint man hinter all den schimmernden Schubfächern Geräusche zu vernehmen, so als höre man, wie die Körpersäfte rinnen, wie eine Sehne sich strafft und eine Lippe sich zurückzieht und die Zähne entblößt.
    Der Assistent trug einen knöchellangen weißen Laborkittel, der wie ein Staubmantel aus dem neunzehnten Jahrhundert wirkte. Er blieb vor einem Schubfach stehen. Er war erkältet und wischte sich ständig mit dem Handrücken über die Nase.
    »Seine Hände stecken in Tüten. Ansonsten sieht er so aus, wie man ihn aufgefunden hat«, sagte er.
    »Die Bude hier is’ ja der reinste Iglu. Schaun wir’s uns an, okay?«, sagte Clete.
    Der Assistent warf Clete einen seltsamen Blick zu und zog dann die Schublade heraus. Clete schaute auf Jerry Joe, atmete tief aus und blickte dann zu mir auf.
    »Wenn’s so schlimm ist, war normalerweise ein Radeisen im Spiel, vielleicht auch eine Kandare. Die Polizeistreife hat ihn auf dem Gehsteig gefunden. Daher lässt sich das im Moment schwer sagen«, sagte der Assistent. »Haben Sie ihn gekannt?«
    »Ja, er hat ihn gekannt«, antwortete Clete.
    »Ich hab mich bloß gefragt, was er bei Nacht in der Gegend gesucht hat, das ist alles«, sagte der Assistent. »Wenn ein Weißer bei Nacht da runtergeht, will er entweder Weiber oder Stoff. Da sind wir uns doch einig?«
    Man hatte Jerry Joe fast sämtliche Zähne ausgeschlagen. Sein eines Auge sah aus wie ein in Tee getauchtes Ei. Das andere war nicht mehr vorhanden. Ich hob seine linke Hand an. Sie fühlte sich durch die Plastiktüte an wie matschiges altes Obst.
    »Alle beide gebrochen. Ich weiß nichts über den Typ, aber ich würde wetten, dass er die ganze Tortur durchgemacht hat, bevor die ihm den Rest gegeben haben«, sagte der Assistent.
    »Vielen Dank für Ihre Mühe, Sir«, sagte ich, drehte mich um und ging hinaus.
    Ich rief vom Münztelefon in einer Tankstelle beim zuständigen Revier an und redete mit dem Sachbearbeiter. Er sprach mit schwerem Akzent, im typischen Tonfall der einfachen Leute von New Orleans, der eher nach Brooklyn klingt als nach dem tiefen Süden. Er erklärte mir, dass er zu einer Versammlung müsste und nicht mit mir reden könnte.
    »Wann können Sie denn?«, fragte ich.
    »Wenn ich aus der Versammlung zurück bin.«
    »Wann ist das?«
    »Geben Sie mir Ihre Nummer.«
    Wir fädelten uns wieder in den Verkehr ein. Cletes Fenster war offen, und der Wind zerzauste ihm die Haare. Er schaute ständig zu mir herüber.
    »Streak, du machst mich nervös.«
    »Glaubst du, dass das Kids gewesen sind?«, fragte ich.
    »Meiner Meinung nach läuft’s darauf hinaus.«
    »Du hast meine Frage nicht beantwortet.«
    Er nahm ein Cocktailrührstäbchen vom Armaturenbrett und steckte es in den Mund. Ein grüner, mit Palmen bestandener Mittelstreifen huschte an uns vorbei. »Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Jerry Joe sich von einem Haufen Rotzlümmel fertig machen lässt. Jedenfalls nicht so. Vielleicht ist er zugedröhnt gewesen und ...«
    »Was wollte er überhaupt da drunten?«
    »Er hat auf schwarze Musik gestanden. Er war bei den Fallschirmspringern. Er hat gemeint, ihm könnte keiner was ... Dave, versuch da nicht, irgendwas reinzudeuten. Diese Stadt

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