Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
auszublasen, und gibt prompt mir die Schuld. Ich hab keine Zeit für so was, Mann.«
»Und warum
war
Jerry Joe in Ihrer Gegend?«
»Das is’ nicht
meine
Gegend, ich hab da ein Geschäft laufen. Bei Nacht geh ich da auch nich’ hin.« Er wischte die Fischgedärme mit dem Schuh vom Bootssteg und sah zu, wie sie in der Strömung davontrieben. »Warum fassen Sie überhaupt in diese Scheiße rein, Mann?«
»Sie wissen doch, wie das ist. Manchmal muss man aus Lust und Laune einfach irgendwas machen.«
»Ich hab gehört, dass es um ’ne Edelschnepfe geht, mit der Sie mal gefickt ham und die mit dem falschen Macker verheiratet ist. Das is’ Ihre Sache, Mann, aber wehe, Sie benutzen irgendwie im Zusammenhang mit dem, was Sie da vorhaben, den Namen meines Bruders. Geben Sie den Fisch dem alten Mann da drin«, sagte er und wollte weggehen.
Ich folgte ihm und legte ihm die Hand auf den Rücken. Ich spürte seine Schulterblätter unter dem Hemd, sah die dunklen Bartstoppeln an seinem Unterkiefer, roch den Schweiß und das Talkumpuder auf seiner Haut.
»Drücken Sie sich in der Nähe meines Hauses bitte nicht so unflätig aus«, sagte ich.
»Sie störn sich an meiner Ausdrucksweise? Auf mein Haus hat man einen Schuss abgegeben, und meinen Bruder hat man umgebracht. Das is’ der Unterschied zwischen uns zwei. Lassen Sie sich das mal gesagt sein, Mann.«
Er setzte sich auf den Beifahrersitz des Busses, schob eine Metallscheide über die Klinge an seinem Arm, schraubte sie dann ab, nahm sich eine Flasche Carta Bianca und trank sie in einem Zug aus.
Am nächsten Tag bekam ich die richterliche Vollmacht für eine Suchaktion auf dem Anwesen der LaRoses. Helen Soileau hielt mit dem Streifenwagen in der Auffahrt, und ich stieg aus und klopfte an die Haustür.
Karyn war barfuß, trug nur Shorts und ein Bustier und hatte ein dickes Handtuch um den Hals, als sie die Tür öffnete. Im weichen Nachmittagslicht wirkte ihre sonnengebräunte Haut dunkel wie gebrannter Honig. Im ersten Moment war sie überrascht, fasste sich dann wieder, stützte den Arm an den Türstock und strich sich mit den Fingern die Haare zurück.
»Was wollen wir denn heute schon wieder?«, fragte sie.
»Hier ist der Durchsuchungsbefehl. Wir wollen uns hinten am Bayou ein bisschen umsehen.«
»Wie hast du ...«, fing sie an und brach dann ab.
»Ich musste dem Richter lediglich mitteilen, dass mich die State Police vor dem Betreten des Grundstücks gewarnt hat. Er war ziemlich aufgebracht, dass sich andere Leute in seine Amtsgeschäfte einmischen.«
»Dann halt dich ran, und bring die Sache in Gottes Namen rasch hinter dich, auch wenn ich nicht weiß, was das soll.«
»Macht dir Jerry Joes Tod überhaupt nichts aus?«
Wütend kniff sie den Mund zusammen.
»Es gibt Tage, da wünschte ich, ich wäre ein Mann, Dave. Ich hätte ehrlich gesagt große Lust, dich windelweich zu prügeln.« Die Tür fiel ins Schloss.
Helen und ich gingen unter dem kühlen Vordach hindurch hinter das Haus. Der ganze Garten lag in einem rauchig goldenen Licht. In dem verglasten hinteren Erker des Hauses konnte ich Karyn LaRose sehen, die mit gespreizten Beinen dastand, sich abwechselnd nach links und rechts bewegte und ihre Zehenspitzen berührte. Ihr Nacken glänzte vor Schweiß.
»Hast du schon mal was über das Kolosseum in Rom gelesen? Als dort Gladiatoren auf brennenden Ölseen miteinander gekämpft haben und solches Zeug?«, fragte Helen.
»Ja, ich glaub schon.«
»Ich hab das Gefühl, dass Karyn LaRose im Publikum gesessen haben könnte.«
Wir gingen an den Stallungen vorbei zum abschüssigen Ufer des Teche. Ein korpulenter schwarzer Polizist saß auf einem Klappstuhl unter den Bäumen und aß geröstete Schweineschwarten aus einem Glas. Sein mit einem Zielfernrohr bestücktes Gewehr lehnte an einem Pinienstamm. Er warf einen Blick auf das Etui mit meiner Dienstmarke, das an meiner Jackentasche hing, und nickte.
»Crown hat bislang noch nicht versucht, hier einzudringen, was?«, sagte ich und lächelte.
»Meiner Ansicht nach isser verscheucht worden«, antwortete er.
»Wie das?«, fragte ich.
»Der Mann is’ schlau. Sehn Sie die Moskitos, die ich den ganzen Tag totschlag?«
»Wenn’s geregnet hat, sind sie die reinste Plage«, sagte ich.
»Unter den Bäumen hier sind sie immer eine Plage. Wenn der Mann drüben am Ufer niemand im freien Gelände sieht, weiß er, was ihn im Wald erwartet. Entweder das, oder jemand hat ihm Bescheid gesagt.«
»Nehmen Sie’s
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