Nacht über der Prärie
Hauswand und schloß für einen Augenblick die Augen.
So blieb sie wohl eine Stunde stehen, immer lauschend. Aber im Hause rührte sich nichts. Stonehorn schien eingeschlafen zu sein. Sein Atem war kaum mehr zu hören. Nur ein oder zweimal jaulte er laut auf wie in einem bösen Traum.
Queenie konnte nicht in das Haus hinein, denn Stonehorn hatte von innen zugeschlossen. Sie hatte keine Nachbarn, zu denen sie sich flüchten konnte, und sie hatte keine Decken für die kalte Nacht in der Prärie. Es war schon Herbst. Sie verstaute die Fische, die sie nicht essen mochte, in einem gedeckten Eimer, den sie an eine Kiefer hängte. Weder die Vögel noch die Hunde konnten sich daranmachen. Sie ging zu den Pferden, zu dem Dunkelbraunen, der zufrieden weidete, nachdem er einen schönen Weg hinter sich hatte, zu dem Schecken, der böser Laune war und mit zurückgelegten Ohren den Kopf warf, wenn Queenie ihn streicheln wollte. Sie schaute dem Mond zu, wie er hinter den weißen Bergen heraufzog, und sie grüßte die Sternbilder, die jetzt auch über dem Haus leuchteten, in dem die Großmutter mit den kleinen Geschwistern Queenies schlief und der immer strenge und immer so ruhige und sichere Vater. Sie dachte an die Mutter im Hospital. Vielleicht hatte Stonehorn sie besucht. Das Hospital lag nicht weit von der Agentursiedlung. Aber vielleicht hatte er sich auch gescheut, das Hospitalgelände überhaupt zu betreten, oder Typhuskranke durften nicht besucht werden. Queenie ging zur Blockhütte zurück und lauschte wieder.
Stonehorn schien von neuem zu träumen; er sprach und schrie laut. Sie meinte auch zu hören, daß er mit dem Kopf gegen die Wand schlug, und sie preßte die Hände zusammen und betete auf ihre Weise. Es war schon Mitternacht, sie sah es am Stande der Sterne. Noch immer war sie aus ihrem Haus ausgeschlossen. Aber drinnen wurde es nun wiederum still. Queenie wollte sich nicht von den Nachbarn drüben beobachten lassen. Sie versteckte sich vor allen Blicken an der Rückseite des Hauses, die dem Hang zugewandt war. Dort stand sie, an die Wand gelehnt, und wurde ruhiger, denn sie hoffte, daß Stonehorn fest eingeschlafen sei. Wenn es ihm gelungen war, sich dazu zu bringen, war alles gut. Der Schecke hob den Kopf und spitzte die Ohren. Queenie beobachtete das Tier. Das Verhalten des Hengstes machte auch die anderen Pferde unruhig. Die eine Stute, die noch gegrast hatte, hob den Kopf, der Dunkelbraune stand auf. Queenie meinte, daß sich oben bei den Kiefern etwas gerührt habe. Es konnte eine Wildkatze sein, die selbst von großen Tieren gefürchtet wurde, vielleicht auch nur ein Wiesel oder ein Marder. Die Kaninchen schlummerten, dicht aneinandergeschmiegt, eine weiße Angoramasse, harmlos, unwissend.
Aus dem Haus drang wieder Joes Stöhnen. Oben bei der Kieferngruppe stand ein Mann. Das war Harold Booth. Er hatte keine Waffe in der Hand. Er trug keinen Hut. Er hatte kein Pferd bei sich. Ein Zufall konnte ihn hierher geführt haben, aber Queenie fühlte Harolds stumme Absicht so stark, daß ihr die Glieder einen Augenblick wie gelähmt waren.
Die Hunde knurrten. Booth trat nach ihnen, sie fuhren zurück. Langsam kam er den Abhang herunter, dem Haus näher.
Queenie konnte um das Haus herumlaufen, eine Scheibe einschlagen und zu Stonehorn ins Haus hineinflüchten. Aber vielleicht kam sie durch eine zerborstene Scheibe nicht durch. Sie konnte schreien, aber vielleicht schlief Stonehorn so tief, daß er sie nicht hören würde, oder er bekam im Erwachen einen neuen Anfall. Sie konnte hinüberschreien auf die andere Talseite, vielleicht hörten sie Mary und Isaac, wahrscheinlich aber hörten sie sie mitten im Schlaf auf die weite Entfernung hin nicht. Sie blieb stehen, und das einzige, woran sie ernsthaft dachte, das war ihr Messer, das sie in der Schürzentasche umklammert hielt. Es war offen. Sie hatte die Fische damit geputzt und auf dem Ofen in der Pfanne gedreht.
Harold Booth stand vor ihr. Sein Atem stank.
»Ach«, sagte er. »Die kleine Frau! Sie muß in der Nacht ganz allein sein. Nein, du sollst nicht so allein sein. Komm…« Und er wollte sich auf sie werfen. Da sie die Hauswand hinter sich hatte, schien es, daß sie ihm nicht ausweichen konnte. »Komm, wenn das besoffene grunzende Schwein da drin dich nicht mehr haben will… Du wirst jetzt meine Frau«, und er warf seinen schweren dünstenden Körper vor.
Queenie glitt seitlich an ihm vorbei, unterhalb seiner Achsel. Dann wandte sie sich um, und während
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