Nacht über der Prärie
aus seinen Augen kam noch eine Kraft, die das Lächeln trotzdem schön machte.
»Meine Tochter«, sagte er, »deine Briefe sind zu mir gekommen, und ich habe mich auf den Weg zu euch gemacht.«
Nachdem die Pferde untergebracht waren, gingen Joe und Queenie ins Haus. Der Alte machte sich noch an seinem Wagen zu schaffen und brachte Fleisch herbei, Wildfleisch; er bat Queenie mit einer Geste, es zu nehmen, und sie nahm es gern und schürte den Ofen an, um Scheiben zu rösten. Während der Mahlzeit wurde nicht gesprochen. Stonehorn war um seinen Gast besorgt und aß nach alter indianischer Sitte erst, als er diesen gesättigt sah. Nach der Mahlzeit ging Queenie zu ihren Kaninchen. Die beiden Männer rauchten.
»Nick Shaw hat dich falsch unterrichtet«, sagte Okute dabei. »Ich bin nicht hierhergekommen, um dir die Pferde abzupressen. Dann wäre es einfacher gewesen, sie gleich oben zu lassen auf unseren Ranches und nur zu schreiben. Daß wir die Tiere übernehmen, ist nur eine der vielen Möglichkeiten. Ich denke, wir können beraten.«
Stonehorn überlegte sich seine Antwort. Schließlich fragte er: »Was kosten der Transport und das Futter, und wie hoch schätzt du den Finderlohn?«
Okute zog den Rauch durch die Lunge.
»Willst du in Geld zahlen?«
Stonehorn verzog die Mundwinkel. »Womit sonst? Suchst du Cowboys?«
»Suchen nicht, obgleich wir dich gebrauchen könnten. Ich suche für mich ein Heim für den Winter.«
Stonehorn war überrascht, unterdrückte aber jedes Anzeichen davon. Er fragte auch nicht nach den Gründen, die den anderen bewegten, wenn er in seinem Alter den Winter nicht daheim verbringen wollte. Okute war gut und teuer gekleidet, er hatte einen guten Wagen, er sprach von ›unseren Ranches‹, er mußte selbst ein vermögender Indianer sein und Freunde und Verwandte besitzen. Von Canada her hatte er eine lange Reise gemacht.
»Was für ein Heim suchst du? Meine Hütte hier ist auch deine Hütte, wenn du bei mir bleiben willst.«
»Hau. Gut! Ich bleibe. Die Pferde sind wieder dein.«
Stonehorns Nerven, die in den vergangenen Monaten immer wieder bis zum äußersten angespannt und psychisch wie physisch gequält worden waren, ließen plötzlich nach, so, wie es ihm schon am Morgen nach seiner Heimkehr einmal geschehen war. Er weinte.
Okute legte ihm die Hand auf die Schulter; eine Geste der Achtung und der Freundschaft. Auch ihm standen die Tränen in den Augen, aber noch wußte kein anderer, warum.
Nach einer still verbrachten Stunde holte Okute vom Wagen noch allerhand herbei, als beste Stücke eine lederne Zeltplane und seine Waffen. Er fällte sich mit Joe zusammen junges Holz als Zeltstangen, verfertigte Pflöcke mit einem Beil, das ebensowohl ein Tomahawk sein konnte, und die beiden bauten schnell und sachverständig das Zelt auf einem ebenen Wiesenstück bei der Koppel. Queenie wollte Decken herbeibringen; Okute breitete eigene aus, ein Büffelfell und ein riesiges Bärenfell und sagte:
»Wenn ihr in diesen letzten warmen Tagen noch meine Gäste sein wollt, Joe und Queenie, so seid ihr mir willkommen. Dann bringt auch eure Decken mit.«
Queenie schleppte schnell die Wolldecken herbei, die ihr nun schäbiger als je erschienen, aber in der Erinnerung an die Zeltnächte mit der Großmutter war sie glücklich. Sie lächelte, und ihr ganzes junges Gesicht konnte noch ein einziges Lächeln werden.
Joe hatte eine kreisrunde flache Vertiefung in der Mitte des Zeltes ausgehoben, legte die Zweige mit Bedacht und brachte das kleine Zeltfeuer in Gang. Okutes Augen schienen heller zu werden; er war mit seinem Gastgeber zufrieden.
Die Männer rauchten wieder. Queenie fing an, einen Ledergürtel mit Muscheln zu besticken. Vater Halkett und Henry hatten ihr im Auftrag der Großmutter das Material dazu gebracht.
An einem Zeltabend konnte man auch beginnen, zu berichten, zu erzählen, zu beraten, aber Joe wartete, ob sein Gast dazu willens war, denn an dem Älteren lag es, ob er das Wort ergreifen wollte.
Okute tat es nach einem gemessenen Schweigen.
»Sie hatten deinen Schecken über die Grenze nach Canada verschoben, Joe. Sie wollten ihn dort als ein erstklassiges bucking horse für die großen Wettspiele in Calgary nächstes Jahr verkaufen. Der Mann einer Enkelin meiner verstorbenen Schwester züchtet bucking horses – auf einer Reservation, aber auf einer etwas besseren als die eure hier zu sein scheint. Er hat sechshundert Stück Vieh und vierzig Pferde. Ihm haben sie den Schecken
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