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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Holzhaus einfachsten Stils, aber mit weißer Farbe sauber gestrichen. Daneben befand sich eine Werkstattbaracke. Vor dem Haus war ein Blumen- und Gemüsegärtchen angelegt. An der Pforte war der Name angeschrieben: Krause.
    Die beiden Indianer gingen gleich zur Werkstatt, denn durch das kleine Werkstattfenster hatten sie den Kopf mit der graublonden Bürste erkannt. Der Handwerker musterte die Eintretenden nur mit einem kurzen Blick und arbeitete weiter. An den Wänden der Werkstattbaracke hingen gebrauchte Jagdgewehre zur Reparatur, aber auch alte Konstruktionen, offenbar als Andenken.
    Die Indianer warteten ruhig, bis der Handwerker seinen augenblicklichen Arbeitsgang zu Ende gebracht hatte und sich ihnen zuwandte. »Hallo! Auch mal bei mir, die Herren?«
    Joe King hockte sich auf einen Werkstattisch und ließ seine langen Beine baumeln. Frank Morning Star hatte eine uralte schwere Büchse ins Auge gefaßt, einen Vorderlader, der sicher mehr als hundert Jahre gesehen hatte.
    »Ihr seid ja ein Museum, Mister Krause.«
    »Ja. Aber diese Sachen gebe ich nicht her.«
    »Könnt ich auch nicht kaufen, Krause. Aber darf man mal sein Rifle zu Euch bringen?«
    »Immer her. Es ist viel zu tun, aber ich mach es schon. Für einen wie Euch mache ich es schon.«
    »Kennt Ihr uns?«
    »Dich kenne ich nicht. Aber den andern da, den Jungen, den du mitgebracht hast, den kenne ich.« Krause blinzelte aus den Augenwinkeln zu Joe hinüber. »Ja, dich erkenne ich wieder, du bist nicht aus Pappe gemacht. Das war nett, wie du dich durch das Knäuel durchgeschlagen hast. Das war noch wie in der guten alten Zeit der bloody grounds und des far west. Klasse war das. Joe King, wie man sich ihn vorstellt. Die New City News haben die Meldung gebracht, daß sechzehn Verletzte auf dein Konto kamen, dazu drei verbeulte Polizisten.«
    »Wo seid Ihr denn geblieben, Krause, als es losging?« fragte Stonehorn und baumelte wieder leicht mit den Beinen hin und her.
    »Joe, ich bin alt und habe die Gicht in den Füßen. Ich hätte dir gern geholfen; es war eine Schande, daß ich’s nicht tat. Aber so was nimmt nie ein gutes Ende, und ich hab die Werkstatt hier. Ich kann mich nicht mit den Leuten überwerfen. Deshalb bin ich rasch aus der Bude rausgeschlüpft, als es ernst wurde. Ich hab aber noch gesehen, wie sie dich herausgeschleppt und dir dein letztes Zappeln vergolten haben, und mich wundert, daß du schon wieder da sitzt, als ob nichts geschehen sei.«
    »Es ist nur eine kleine Unterbrechung gewesen«, sagte Stonehorn, »und wir können fortfahren. Sie hatten dir den Schecken zum Kauf angeboten, und du hattest dich noch nicht entschieden, ob du ihn nehmen wolltest.«
    »Wahrhaftig, richtig, davon sprachen wir gerade. Harold Booth hatte mir nämlich ein Bronc angeboten… einen erstklassigen Hengst und eine dunkelbraune Stute. So was siehst du nicht alle Tage. Aber der Bronc war deinem Rodeo-Bronc verdammt ähnlich, gleicher Bau, gleiche Zeichnung. Ich hab mir den Ankauf von meinem Freund ausreden lassen – noch in der gleichen Nacht hat aber Krader den Schecken genommen. Spottbillig. Und ich hab mich geärgert.«
    Joe King beherrschte sich vollkommen. Er hatte nicht einmal Frank Morning Star einen Blick zugeworfen. »Daß du das Geschäft ausgeschlagen hast, Krause, wundert mich aber. Harold Booth ist dir doch schon lange und als zuverlässig bekannt. Er kauft und verkauft öfters Vieh in New City.«
    »Sicher kannte ich ihn. Hab auch schon hin und wieder Geschäfte mit ihm gemacht; er rechnet genau; er ist Handelsmann. Das hat er von der Mutter. Aber an dem Tag war er in einer sonderbaren Verfassung, ganz verschwitzt und aufgelöst; den Hut im Nacken, angesoffen, und wirres Zeug hat er geredet. Die Sache war mir nicht geheuer. Auch der beste Mann kann mal eine Dummheit machen.«
    »Wieso wirres Zeug?«
    »Du hättest ihm den Auftrag zum Verkauf gegeben! Es sollte aber schnell gehen und ohne Gerede. Schriftliche Vollmacht von dir hatte er nicht. Da ließ ich die Finger davon. Nachher kam ja die Anzeige in unseren New City News, daß die Tiere gestohlen seien… und ich bin froh gewesen, daß ich nicht in der Sache drinsteckte.«
    »Nun steckst du aber drin, Krause, denn was du jetzt von Harold Booth erzählt hast, das mußt du vor dem Sheriff zu Protokoll geben und vor Gericht aussagen.«
    Der alte Büchsenmacher kratzte sich hinter dem rechten Ohr.
    »Ach, verdammt, das paßt mir wenig.«
    »Ist aber nicht anders zu machen.«
    Frank Morning Star

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