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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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zu wollen, doch gab ihm Queenie nicht mehr die Frist und Gelegenheit dazu, und so verlief sich das Gespräch wie Füße, die in tiefem Sand steckenblieben.
    Sie ging zu ihrem Mann. Joe tankte noch einmal, und die beiden fuhren schnell nach Hause. Unterwegs begegneten sie dem Studebaker der Booth, der Schlangenlinien fuhr. Joe gab Gas und erhaschte einen Moment, in dem er ungefährdet passieren konnte. Zu Hause berichtete Queenie den Verlauf des Prozesses.
    Draußen auf der Straße wurde Motorengeräusch hörbar. Okute ging an den Zeltschlitz und spähte. Als er sich wieder an das Feuer gesetzt hatte, sagte er: »Der Studebaker. Und Harold, betrunken. Er hat mit der Faust heraufgedroht. Seht euch vor, er führt noch etwas im Schilde.«
    Joe schaute den Alten prüfend an: »Wie war das in deinen jungen Jahren –?«
    »Als ich jung war – habe ich acht Jahre einen großen Feind gejagt, bis ich ihn endlich hatte. Und mit einem Kojot hat es noch länger gewährt.«
    »Um den großen Feind in Waffen beneide ich dich, Inya-he-yukan. Meine Feinde draußen haben Waffen und sind doch nicht groß. Meine Gegner hier haben Polstertüren, Kugelschreiber und Lügen zur Hand. Sie sind alle noch nicht mit mir fertig und ich nicht mit ihnen.«
    »Für mich aber, mein Sohn Inya-he-yukan, hat sich etwas vollendet. Mein einhundertzwölfter Winter beginnt. Es ist genug, und ich will bald zu meinen Vätern gehen. Aber vorher wollte ich wissen, daß ich einen Sohn habe, in dem ich meinen Geist wiederfinde. Ich habe ihn.«
    Es war dunkel im Zelt, aber warm für die Menschen, die es bewohnten, die Funken verglommen wie jede Nacht, und draußen rührten sich die Pferde.
    Als der Schlaf alle Gedanken auslöschte, schlief auch Queenies Angst ein, und sie träumte nicht einmal. Es war aber gewiß, daß mit dem Morgen auch ihre Furcht vor Harold Booth wieder wach werden würde.
     

Scout
     
    Frank Morning Star war Vollblutindianer, 42 Jahre alt, 1,85 m groß. Seine Augen wirkten schwarz. Das straffe Haar war kurz geschnitten, die Haut braun, ohne Abschattierung in Winter und Sommer; dadurch unterschied sie sich von der eines sonnverbrannten Weißen. Frank hatte den Krieg als amerikanischer Soldat mitgemacht. Er war in die Prärie zu seinem Stamm zurückgekehrt, als Ratsmann gewählt, zur Arbeit auf dem Gebiet der Kultur berufen, zum Vorsitz im Rat und stellvertretenden President bestimmt worden. Zu sagen hatte er bei alledem wenig, denn die letzten Entscheidungen wurden von der Reservationsverwaltung der weißen Männer gefällt.
    Alle diese Merkmale seiner Person und seiner Position gaben Grundlage und Atmosphäre seines zwiespältigen Lebensgefühls wieder, auch an diesem Morgen, als er sich in seinem kleinen, von der Verwaltung gelieferten Holzhaus zum Ausgehen fertig machte und sich nur der Frage bewußt zu sein glaubte, ob er den Weg zu Bill Krauses Werkstatt zu Pferd oder mit dem Wagen machen sollte. Er entschloß sich für das letzte, startete vorsichtig, um dem sehr alten Ford nichts zuleide zu tun, und fuhr auf der einsamen Straße durch die Prärie nach New City. Er wollte sein Jagdgewehr dem Büchsenmacher Krause zur Durchsicht bringen, freute sich ein wenig auf das Wiedersehen mit dem originellen Kerl und dachte nicht von fern an überraschende Ereignisse oder Nachrichten.
    Das Städtchen zu Füßen der waldigen Hügel vergrößerte sich rasch. Frank entdeckte bei der Einfahrt ein Dutzend einstöckiger Holzhäuser, die eben aus Fertigbauteilen aufgestellt wurden. Im Zentrum, in einer Straße, die noch an die Gründerzeiten im Wilden Westen erinnerte, gönnte sich Frank in der Cafeteria Horwood eine Tasse Kaffee, und da in dem Preis von 10 cents eine zweite Tasse inbegriffen war, genoß er auch diese. Er las die New City News, erfuhr durch die Schlagzeile, daß zwei junge Menschen vermißt waren, und versäumte beim Lesen, das Mienenspiel der älteren Bedienerin zu beobachten. Erst als er 15 cents und die wieder zusammengefaltete Zeitung neben seine geleerte Tasse auf die Tischplatte gelegt hatte und aufstand, fiel ihm das Zucken der Mundwinkel und jene merkwürdige Bewegung der Ohren auf, die für Esmeralda Horwood charakteristisch waren. Er überlegte, ob er die Frage stellen sollte, auf die sie wartete, um Gerüchte verbreiten zu können, unterließ es aber, ihr diesen Gefallen zu tun und ging mit einem »… bye« aus dem kleinen Lokal.
    Während er mit seinem treuen Wagen die Straße nahm, die aus der Stadt hinaus und an den

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