Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
buschbestandenen Hügeln aufwärts führte, verfolgte ihn aber noch Esmeraldas Grinsen. Er vergaß es erst, als er bei der mitten im Busch gelegenen Werkstatt ankam.
    An der Gartentür war das Schild zu lesen: ›Bill Krause‹, dieser Name war Garantie für zuverlässige Arbeit. Frank gab dem Handwerker sein Jagdgewehr und behauptete dabei, daß es um die Ecke zu schießen begonnen habe.
    »Mal etwas Überraschendes, Frank. Um den Spaß sollte ich dich eigentlich nicht bringen.«
    Der Indianer setzte sich auf den Werkstattisch und beobachtete Krauses Hände; diese Hände arbeiteten sorgsam, mit Achtung vor ihrer eigenen Aufgabe, fast wie die eines Indianers.
    »Laß das Ding da, Frank.«
    »Ich lasse es da, Krause.«
    Morning Star hätte nun gehen können, aber er ging nicht, sondern griff nach der neuesten Nummer der New City News, die hinter einem alten gun, einem vorsintflutlichen Museumsstück, an der Wand steckte, und las den Bericht über die verschwundenen jungen Menschen noch einmal. Das Geschwisterpaar, das Mädchen 18, der Bruder 19 Jahre alt, war vor einem Monat in den Wäldern der Hügel nördlich New City gesehen worden. Seitdem fehlte jede Spur.
    »Weil sie gar nichts wissen, möchten sie es eurem Joe in die Schuhe schieben«, sagte Krause.
    Morning Star antwortete nicht sofort. Er hatte gezuckt, als ob ein Schlag durch seine Nerven gegangen sei; aus seinen dunklen Augen schoß der Zorn jedoch nicht, denn er bedeckte sie sofort mit den Lidern. Schließlich antwortete er: »Etwas Dümmeres können sie sich wohl nicht einfallen lassen.«
    »Sie sind nicht dumm, Frank, sie sind boshaft. Esma hat das Gerücht zum Brennen gebracht, wie ein kleines gedecktes Feuer; aber wenn einer hineinblasen will, können die Flammen sofort aufschlagen. Es wird Leute geben, die Wind machen wollen.«
    Morning Star las den Bericht zum dritten Mal.
    »Wir müssen Esmas Feuerchen austreten, ehe es ein Brand wird. Hau. Darf ich die Zeitung mitnehmen?«
    »Kannst du. Aber wie willst du ein Gerücht ersticken, das schon durch die ganze Stadt geht?«
    »Soweit ist es?«
    »Ist es.«
    »Also, Zeit, daß ich etwas tue.«
    Frank glitt vom Werkstattisch, hob grüßend die Hand und war auch schon durch die Tür verschwunden. Er startete weniger vorsichtig, als er es bei Beginn dieser Fahrt getan hatte, und ließ den Wagen die Serpentinen abwärts rollen. Er fuhr zur Redaktion der New City News und wurde vom Chef ohne Verzug vorgelassen, obgleich oder vielleicht gerade weil sich schon ein anderer Besucher in der Chefredaktion des Lokalblattes eingefunden hatte. »Ausgezeichnet, daß Sie kommen, Morning Star. Darf ich Sie bekannt machen – Mister Morning Star, stellvertretender Chief der Reservation, Mister Holloway, Privatdetektiv. Ich nehme an, daß Mister Holloway zweckdienliche Mitteilungen vergütet.«
    »Ich glaube nicht, daß ich mir das, was ich vorhabe, bezahlen lasse«, sagte Frank, »aber kommen wir zur Sache. Sie, Mister Holloway, sind von dem Rechtsanwalt Dr. Bergen, San Francisco, beauftragt, dessen beide Kinder, Jerome und Caroline, zu suchen?«
    »Beauftragt.«
    Der Chefredakteur bat seine beiden Besucher, Platz zu nehmen.
    »Wissen Sie schon mehr, als in der Zeitung steht?« fragte Frank und beobachtete dabei, ob sich in Holloways glatten Mienen etwas veränderte. Der Detektiv schob nur die Unterlippe vor.
    »Etwas mehr weiß ich. Die nächste Nummer wird das bringen. Ich informiere Sie vorweg – Mister Morning Star. Sie kennen Ihren Stammesgenossen Joe King persönlich?«
    »Mister King junior? Ja, natürlich. Ich dachte aber, wir sprechen von Jerome und Caroline Bergen.«
    »Von dem Verschwinden der beiden.« Holloway holte die Brieftasche aus dem Jackett und zog eine Fotografie hervor.
    »Das ist Joe King.«
    »Ein Polizeifoto?«
    »Ja.«
    »Warum interessiert es Sie, Mister Holloway?«
    »Bitte, Joe King ist jung, mager, sehnig. Seine Augen sollen unheimlich wirken, latenter oder beginnender Wahnsinn. Er war ein Dieb und ein Gangster, er ist ein Rowdy und vielleicht von Natur ein Killer, hat hier bei einer Schlägerei 16 Männer verletzt, vier Polizisten konnten ihn kaum überwältigen. Nach seiner Haft läuft jetzt für ihn die Bewährungsfrist. Er soll die Reservation nicht verlassen, aber es gibt keinen Zaun um dieses gottverlassene Gebiet, und wer will sagen, wie oft er sich heimlich in New City oder in den Hills aufhält? Hohe Kriminalbeamte halten ihn noch immer eines Mordes für fähig.«
    »Esmeralda

Weitere Kostenlose Bücher