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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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ein Lächeln, wie sie es noch nie bei ihm gesehen hatte; es war freundlich, in sich vollendet und ohne allen Spott.
    »Weißt du noch?« sagte sie. »Ich habe einen kleinen Kaktus… da gepflückt, wo du mich das erstemal in die Arme genommen hast. Ich war elf Jahre alt, und du warst sechzehn… und du warst noch einmal sitzengeblieben. Das Flaggengelöbnis hast du immer wieder falsch aufgesagt, und bei Mister Teacock wolltest du überhaupt nicht sprechen.«
    »Er war von einem Menschen so weit entfernt wie ein Ziegenbock von meinem Pferd.«
    »Und du hattest ihn – den andern meine ich – verprügelt, daß die Fetzen flogen. Es war früher Sommer wie jetzt, und die weiße Rose begann zu blühen. Die Wasser kamen, der Schnee schmolz. Du hast mich gefragt, ob ich deine Braut werden will… und ich wußte nicht, wie das ist… Dann bist du gegangen, aber du hast gesagt, du kämest wieder.«
    Er vermochte nicht viel zu antworten.
    »Du hast meinen Namen gerufen«, sagte er. »Du bist der erste Mensch, der nach mir gerufen hat, seit meine Mutter starb.« Er riß sie wieder an sich, und sie wollte in ihrem Leben niemals mehr etwas anderes sein als Tashina, die Frau des Inya-he-yukan und die Mutter seiner Kinder.
    Es war noch immer Nacht.
    Tashina krümmte sich, als ob ihr jemand ein Messer in die Eingeweide gestoßen habe, denn sie hörte eine Stimme, schmutziges Gift war diese Stimme.
    »Jetzt ist es aber genug mit deiner Idylle, Chief, wahrhaftig, jetzt kommen wir dran…«
    Stonehorn war schneller aufgesprungen, als Tashina denken konnte. Er schlug dem Burschen mit der Handkante gegen die Kehle, daß er stürzte und ohne einen Laut liegenblieb. In der Linken hatte Stonehorn schon das Stilett. Er warf es jetzt seiner rechten Hand zu, aber der zweite Kerl war nicht mutig genug, um anzunehmen, und rannte weg. Stonehorn warf ihm das Stilett in den Rücken, so daß er zusammenbrach, und riß eine Pistole heraus. Doch kam er noch nicht zum Schuß. Er lag schon im Gras, als auf der anderen Seite der erste Revolver knatterte und die Geschosse über ihn hinwegpfiffen.
    Mit einem Sprung kam er dann auf, schneller, als der andere neu zielen konnte, und schoß. Die Antworten kamen von links und von rechts; es mußten mindestens noch drei Banditen sein, die ihn aufs Korn nahmen, vielleicht auch vier. Er hatte beide Pistolen zur Hand und wechselte den Platz in neue Deckung. Tashina konnte ihn nicht mehr sehen. Sie saß still im Gras und lauschte; ihre Augen waren auf das Pferd gerichtet, bei dem Stonehorn vielleicht noch andere Waffen hatte oder mit dem er vielleicht fliehen konnte. Zwischen den Hügeln peitschten Schüsse in schneller Folge. Das Gefecht zog sich hin. Kein Wort, kein Ruf wurde mehr laut. Es ging auf Leben und Tod, verbissen, mit dem äußersten Haß. Banditen gegen Banditen, dachte Tashina eine Sekunde, aber dann war das weg, und sie fühlte und dachte nichts mehr als… Stonehorn…
    An Tashinas Körper klebten die nassen Fetzen. Ihre Hände vibrierten, als sie das Taschenmesser feststellte, so daß sie es als Stoßwaffe gebrauchen konnte. Sie umklammerte den Griff und verbarg die Schneide. Wenn ein Verbrechen an ihr geschehen sollte, wollte sie sich wehren, und wenn sie sich nicht mehr wehren konnte, wollte sie nicht überleben.
    Das Feuergefecht war für einen Augenblick zum Stehen gekommen. Wahrscheinlich hatten alle Deckung vor einander genommen. Es ertönten scharfe Pfiffe; das waren die Signale von Stonehorns Feinden. Einmal kreischte es auf: »Schwein und Verräter!« Als Antwort kam ein Schuß.
    Am Eingang des kleinen Seitentales, in dem Tashina saß, erschien ein Mann, und obgleich Tashina in der Nacht die Farben seiner Kleidung nicht unterscheiden konnte, wußte sie sofort, daß es der Weiße mit dem braun-roten Hemd war, den sie in der Halle des Flughafens von New City gesehen hatte. Aus den Rufen und aus den Richtungen, aus denen Schüsse fielen, kombinierte sie ein Bild von dem Stand des Gefechtes. Offenbar hielten zwei oder drei Stonehorn in Schach. Sie feuerten immer wieder, und er antwortete sparsam. Er konnte seine Deckung offenbar nicht mehr verlassen. Ein weiterer seiner Feinde, und das mußte der Mann im braun-rot karierten Hemd sein, sollte ihn umgehen und aus dem Hinterhalt niederschießen.
    Aber als er Tashina vor sich hatte, kam diesem Karierten ein anderer, noch gemeinerer, wenn auch weniger kluger Gedanke. »He! Komm her, Stonehorn, du Schlappschwanz, ich habe hier dein

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