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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Joe. Mit den beiden Toten in den Bad Lands. Er hat gesagt, du habest ohne Anruf zwei hilfsbereite Männer erschossen, die mittun wollten beim Wiedereinfangen der Pferde. Wahrscheinlich habest du geglaubt, in dem einen davon Booth vor dir zu haben. Du habest dann die Toten angebrannt und verstümmelt, um den Doppelmord zu vertuschen. Das wollte er morgen in seinem Prozeß aussagen, wenn wir ihm nicht zwanzigtausend Dollar Schweigegeld geben. Er habe aber schon einigen das Geheimnis anvertraut, und wenn er sterbe, würden sie ihn rächen.«
    »Deshalb hast du ihn erschossen?« Joes Stimme klang härter, als er selbst es wünschte.
    »Nein. Nicht deshalb. Aber danach. Ich habe ihn hinausgewiesen, wohl zehnmal mit Worten, und ihn gewarnt. Als er nicht ging, habe ich geschossen. Aber da fiel er auch schon über mich her.«
    »Was hast du der Polizei gesagt?«
    Das nüchtern-sachliche Forschen, das Joe natürlich und vor allem notwendig schien, quälte Queenie von neuem. Ihre Hand, die in der ihres Mannes lag, öffnete sich schlaff. Sie legte den Kopf zur Seite und sah Joe, von dem sie nicht nur die verbindende Geste, sondern auch ein tröstendes Wort erhofft hatte, nicht mehr an, während sie weiter zu ihm sprach.
    »Ich habe die Wahrheit gesagt. Er sei betrunken über mich hergefallen, als ich allein war.«
    »Nichts weiter?«
    »Nichts weiter.«
    »Du bleibst fest?«
    »Ja.«
    »Notwehr ist sicher?«
    »Ja.«
    »Sie werden dich freisprechen. Nur über die Pistole sind sie wütend. Aber sie können nicht mehr machen, als mich den Rest der Haft absitzen lassen.« Als Joe sah, wie Queenies Augen erschreckt größer wurden, lächelte er. »Zur Geburt wäre ich vielleicht wieder da.«
    »Joe, sie können dich nicht für meine Pistole bestrafen!«
    »Wenn du es ihnen so lieb sagst, Queenie, bestimmt nicht.« Er wurde wieder ernst. »Aber es ist gut, daß er tot ist, hau.«
    »Es ist gut, daß nicht du es tun mußtest, Stonehorn. Werden seine Freunde sich nun an uns rächen?«
    »Möchten sie wohl, hält aber schwer. Ich habe in Notwehr gehandelt und bin der einzige noch lebende Zeuge.«
    Okute wurde unterrichtet. Er hörte sich alles an, sagte nichts dazu und unternahm noch am gleichen Tag einen längeren Ausflug, für den er ausgiebig getankt hatte.
    Queenie lag unterdessen im Hospital. Joe war nach der schreckenvollen Nacht mehr in Angst um das Kind als Queenie selbst. Er hatte seine Frau überredet und mit sanfter Gewalt in den Wagen geleitet, um sie in die Pflege von Margot Crazy Eagle und unter die ärztliche Kontrolle von Piter Eivie zu bringen. Äußerlich hart, im Innern wie flüssiges Gestein, glühend und unruhig, hatte er gewartet, bis Eivie persönlich ihm den Bescheid brachte, daß trotz der Blutungen keine unmittelbare Gefahr einer Fehlgeburt besteht, daß Queenie aber wenigstens eine Woche Bettruhe nötig habe.
    »Besuche?«
    »An den Besuchstagen bitte.«
    Joe verabschiedete sich von Queenie mit freundlicher Zuversicht. Die junge Frau fühlte sich beruhigt. Joe aber wurde die Angst noch nicht los, daß Booth sein Kind ermordet haben könnte.
    Es war eine Erleichterung für Queenie, daß sie in einem völlig anderen Haus völlig andere Luft atmete und mit völlig anderen Menschen umging. Sie hatte keinerlei Pflichten als die, auf ihre Gesundheit zu achten, und in den desinfizierten Betten und Wänden wohnten keinerlei Träume. Die Atmosphäre war air-conditioned. Queenie erinnerte sich lebhaft an die Kunstschule und wie von fern an Stonehorns Bemerkungen über Menschen, die in gefilterter Luft und geregelter Temperatur ein umwirkliches Leben führten. Sie teilte das Krankenzimmer mit zwei jungen Frauen, die einige kleine Komplikationen schon überwunden hatten und kurz vor der Entbindung standen. Alle drei genossen die Ruhe und die Pflege und das regelmäßige gute Essen in vollen Zügen. Sie erzählten sich harmlose Scherze und Erlebnisse, lachten miteinander, und keine von ihnen fühlte sich krank. Die braunhäutigen jungen Gesichter, das schwarze Haar stachen aufmunternd ab von der schneeweißen Bettwäsche. Queenie erlebte die Tage, an denen erst die eine, dann die andere junge Frau geholt wurde, auch wie sie zurückkehrten, erschöpft, aber glücklich, und wie sie zu gegebener Stunde, von leuchtender Sauberkeit umgeben, den kleinen hungrigen Wesen die Milch spendeten. Als die beiden das Krankenhaus verlassen durften, blieb Queenie einen Tag allein, ehe neu belegt wurde. Margot Crazy Eagle besuchte sie für

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