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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Wut über den vermeintlichen Konkurrenten um. Er riß an der Kette, die seinen Fuß hielt, senkte die Hörner, stellte den Schwanz und antwortete mit einem gereizten dumpfen Ton, der an die Nerven ging. Die Pferde wurden unruhig. Sie stampften, drehten sich und rissen an den Zügeln. Alle Cowboys waren aufgesprungen. Alex Goodman jagte hinüber auf die andere Seite, um seinem Vater, dem alten Goodman, mit harten Worten jeglichen weiteren Unsinn zu verbieten. Dann sprengte er zurück; jeder Mann wurde gebraucht. Mit dem Bullen war der Teufel los, und er hatte ungebärdige Kräfte wie nur je ein Leitstier.
    Stonehorn hatte sich für teures Geld nicht das Schlechteste ausgesucht.
    Der Traktor wurde abgehängt und fuhr davon. Während der Bulle auf dem Platze tobte, brachten die Männer die Rampe an.
    Der leere Lastwagen, aus dem die erste Kuh ausgeladen worden war, fuhr unterdessen auf die Straße zurück. Die Fahrer der drei Wagen, in denen sich noch Kühe befanden, ließen die Motoren an, um rasch beweglich zu sein. Das Geräusch machte den Bullen noch zorniger.
    Der Senior-Cowboy, Stonehorn und Okute hielten zu Pferd beieinander. Der Senior hatte Peitsche und Stock bereit, Stonehorn und Okute nahmen die Lassos wurffertig zur Hand.
    »Raus mit ihm!« schrie der Senior. Es bestand Gefahr, daß das Tier den Wagen zu Bruch gehen ließ und selbst dabei Schaden nahm.
    Goodman ging von hinten an das wütende Tier heran, schloß die Fußkette auf und sprang sofort mit einem weiten Satz ab. Der zweite Cowboy, der den Stier mit seiner Peitsche aus dem Transportwagen treiben sollte, war nicht schnell und nicht energisch genug. Das bereits freigegebene Tier drang vor, brach den Käfig auseinander und stürmte mit der Geschicklichkeit des stets auf wilder Weide lebenden Tieres voran, mit einem seitwärts gerichteten Sprung hinaus, ohne sich zu verletzen. Der Bulle gewann den Grasboden, fühlte sich sicher und zugleich voll Wut und war bereit, jeden Gegner anzunehmen. Zunächst mißfielen ihm das Motorengeräusch und ein Lastauto. In diesem Wagen befand sich die eine der beiden trächtigen und daher besonders wertvollen Kühe. Der Stier galoppierte darauf zu. Dem Senior gelang es, ihm den Weg abzuschneiden, und er brachte das Tier mit den Schlägen seiner langen Peitsche und einem Stockschlag von der Seite her zum Wenden, so daß es an dem Lastwagen vorbeigaloppierte.
    Zwei Pferde brachen mit ihren Reitern aus, und die jungen Cowboys waren damit beschäftigt, die Tiere wieder in ihre Gewalt zu bringen.
    Auf der anderen Talseite herrschte Stille. Die Zuschauer fühlten sich des Atems beraubt; manche hatten den Mund offen. Stonehorn und Okute verständigten sich mit einem Blick und einer Handbewegung. Joe trieb seinen Schecken, der das mutigste Temperament hatte, zum gestreckten Galopp, um den Büffel einzuholen. Okute folgte dem Bullen von hinten. Der Büffel operierte mit geschickten Seitensprüngen und Wendungen. Einer der jungen Helfer, der sich herangewagt hatte, kam in solche Gefahr, aufgespießt und niedergetrampelt zu werden, daß er auf den Büffel schießen wollte. Aber der Senior knallte ihm die Peitsche über die Hand, so daß ihm die Waffe entfiel und der Büffel gleichzeitig wieder nach einer anderen Richtung ausbrach.
    Stonehorn war dem wütenden Tier inzwischen zur Seite gekommen, und Okute war ihm auf eine Lassolänge nahe. Die Lassos wirbelten, und die Schlingen öffneten sich. Okute fing von unten her das linke Hinterbein des Büffels. Stonehorns Lasso legte sich über den Büffelkopf bis zum Hals. Es war Präzisionsarbeit. Der Ruck von rechts und der von links, von oben und von unten erfolgten gleichzeitig. Der Büffel wurde umgerissen. Der Schecke ging dabei auf die Hinterhand. Okutes Pferd stürzte. Aber die Reiter hatten ihre Lassos nicht verloren. Sie zogen die Schlingen noch fester. Der Büffel hatte durch den unerwarteten und heftigen Sturz mitten im Galopp einen Augenblick die Richtung verloren. Stonehorn sprang ab, Okute kam unter dem Pferd hervor. Während Stonehorn Nase und Horn des mächtigen Tieres packte und damit hebelnd den Kopf niederhielt, schlang Okute im Nu das Lasso, das ein Hinterbein gefangen hatte, auch um ein Vorderbein.
    Der Büffelbulle war hilflos geworden.
    Stonehorn nahm sein Lasso, das jetzt nicht mehr erforderlich war, vom Hals des Tieres. Er war naß von Schweiß und atmete hastig. Okute war es durch Sturz und Anstrengung schwindlig, aber er hielt sich auf den Beinen.
    Der Senior

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