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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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mehr da. Er lief umher. Erika, die im Internat wohnte, konnte ihm endlich Auskunft geben. »Ein Herzkrampf, Mister King.« Stonehorn wurde zu dem Krankenzimmer geführt. Vor der Tür traf er Eivie, der den Raum eben verlassen hatte.
    »Hallo, King, wo waren Sie denn?«
    »Auf dem Gericht.«
    »Ach so. – Ihre Frau verging vor Angst. Und…?«
    »Ich habe meine beschlagnahmte Pistole zurückerhalten.«
    »Himmel, und deshalb ist uns Ihre Frau beinahe eingegangen. Sie schläft jetzt. Gehen Sie hinein, aber verhalten Sie sich ruhig, bis sie von selbst aufwacht.«
    Stonehorn öffnete und schloß die Tür lautlos. Er setzte sich auf einen Hocker an Queenies Lager und wartete.
    Sie schlief eine Stunde ruhig, dann schien sie schlecht zu träumen. Stonehorn weckte sie mit einer leisen Bewegung. Sie machte die Augen auf und schaute ihn lange unentwegt an. Schließlich tastete sie, ob er aus Fleisch und Blut sei. »Da bist du wieder, Joe.«
    »Ja.«
    »Ist… war etwas… mit den… Brandy-Black…«
    »Nichts, Queenie.«
    »Nichts?«
    »Nichts.«
    »Ich habe Angst gehabt. Um dich. Ich dachte, ich bin schuld – und dann mochte ich auch nicht mehr leben. Menschen, die gesungen haben, müssen sterben. Nicht?«
    »Queenie – hast du etwas genommen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein – Joe. Das brauchen wir nicht. Wir sind ja Wilde. Das… wie heißt es?«
    »Vegetative Nervensystem.«
    »Ja. Das regieren wir.«
    »Willst du weiterschlafen, Queenie? Ich bleibe da.«
    »Nimm mich mit, Joe.«
    »Wenn Eivie es erlaubt.«
    Queenie versuchte ein dünnes Lächeln. »Eivie… Du hast ihm ja auch nie gehorcht, Joe. Nimm mich mit.«
    Stonehorn hob sie auf und trug sie zu seinem Wagen. Sie konnte darin nicht liegen, aber er bettete sie geschickt auf den einen Sitz, und Eivie hatte nichts dazu zu sagen.
    Joe fuhr langsam, und sie kamen des Nachts bei ihrem Hause an. Queenie hätte vielleicht schon gehen können, aber sie ließ sich über die nasse, glitschige Wiese tragen und lag dann wie neugeboren auf dem harten Lager.
    »Ich bin doch viel schwächer als du, Joe«, sagte sie nach langem Nachdenken. – »Wann holst du denn nun unsere Büffel?«
    »In einem halben Monat, Queenie. Das wird ein Fest.«
    Einen Tag, ehe die Büffel kommen sollten, traf in dem Dezernentenhaus der Superintendentur Kate Carson ihren Kollegen Haverman zu Beginn der Mittagspause.
    »Haverman, wie ist das morgen? Gehen Sie zu den Büffeln?«
    »Muß ich mir ansehen. Gibt es noch einen Tribünenplatz bei Kings Haus? Da oben wird es wohl am sichersten sein. Mich soll wundern, wie sie mit den Bestien fertig werden. Büffel sind heimtückisch und unberechenbar.«
    »Erfahrungen gemacht, Haverman?«
    »Im Naturschutzpark. Ich parke da, völlig harmlos. Unser Bub tollt umher. Meine Frau und ich frühstücken. Auf einmal steht ein Büffel da.«
    »Beruhigend, Haverman, daß ich Sie noch frisch und lebendig vor mir sehe! Sie haben das Schlachtfeld geräumt?«
    »Unter Zurücklassung unseres Geschirrs! Der Wagen wollte nicht starten – mir bricht heute noch der Schweiß aus, wenn ich daran denke.«
    »Man darf im Büffelgebiet die Straße nie verlassen. Wußten Sie das nicht?«
    »Wußte ich. Aber ich hatte meine Frau dabei. Frauen haben immer etwas von einem outlaw an sich.«
    »Büffel auch. Die Cowboys im Naturschutzpark wagen nicht, die Herden zu treiben. Ortsveränderung nur mit Hilfe von Stampedo. Bin neugierig, wie King mit den wilden Tieren der Prärie fertig werden will. Oben beim Haus werden wir aber wenigstens sicher sein. Kommt Hawley?«
    »Morgen nur Eivie. Und wahrscheinlich sonst noch eine Menge Volk. Falls etwas schiefgeht – King ist ja glücklicherweise ein Meisterschütze. Dann gibt es eben eine Büffeljagd.«
    »Hoffe nicht, daß King sein eigenes Geld totschießen muß.«
    Der Morgen brach an.
    Der Schnee war schon zum großen Teil abgetaut, aber die Reste froren in der nächtlichen Kälte noch zu Eis. Der Wind blies, Wolken fuhren am Himmel, die Gräser beugten sich. Gelbgrau lag das unwirtliche Land da, wild und endlos wie seit Jahrtausenden, und die einzeln stehenden kleinen Häuser, die wenigen Straßen verschwanden zwischen Hügeln und Tälern. Kiefern, Kakteen, Hartgras behaupteten das Revier.
    Queenie und Mary arbeiteten zusammen, um das Festmahl für die Gäste vorzubereiten. Okute hatte reichlich gespendet, so, wie es einem alten Häuptling zukam, und Mary hatte eingekauft. Schon vor Tagesanbruch duftete es nach geröstetem Fleisch.

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