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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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irgendwo die Geier zerhacken!«
    Booth stand an der Seite des Richtertisches. Er konnte Joe King in das Gesicht sehen, das völlig unbeweglich blieb. »Du Bandit und Sohn einer Mörderin…« Booth kannte sich nicht mehr. Er wollte auf den Gefesselten einschlagen. Ein Polizist fing seinen Arm ab.
    Booth keuchte. »Wo ist… seine Leiche?«
    Joe King schwieg.
    »Wo willst du das Kettchen gefunden haben?« Auch der Richter vermochte seine Erregung kaum mehr zu unterdrücken.
    »Ich habe es am Straßenrand im Gras zufällig gefunden, hundertfünfzig Fuß von den Häusern hier entfernt, in Richtung New City. Es machte den Eindruck, daß es dort schon länger lag.«
    »Wie bist du darauf gekommen, dort dieses Kettchen zu suchen?«
    »Ich habe es nicht gesucht. Ich habe es rein zufällig gefunden.«
    »So. Du hast es rein zufällig gefunden. Wann?«
    »Vor einer Woche.«
    »Warum hast du es nicht abgeliefert? Es ist aus Silber.«
    »Das interessierte mich nicht.«
    »Das interessierte dich nicht. Was interessiert dich denn?«
    »Ich verweigere die Aussage.«
    Es trat eine Pause ein. Der Richter hatte ein weißes Blatt vor sich, auf dem schon einige Punkte notiert waren, und vervollständigte jetzt mit eigener Hand diese Protokollunterlagen. Er wollte sich damit zur Ruhe und zur Sachlichkeit zwingen.
    Isaac Booth war auf einem Stuhl zusammengeknickt und legte die Hand über die Augen. Runzelmann lehnte an der Tür.
    Straff standen nur die beiden Polizisten und Joe King. Der größere der Polizisten hatte Joe King fest am Arm gepackt, der kleinere hatte die Pistole gezogen, denn beide fürchteten einen Ausbruchsversuch des Angeschuldigten. Er hatte immerhin die Füße frei.
    Joe King schaute auf die Pistole mit einem Ausdruck jener mitleidigen Verachtung, die ihm schon viele Feinde gemacht hatte.
    »Können wir heute vormittag noch etwas tun, um mehr Licht in die Sache zu bringen?« fragte der Richter Runzelmann, der als besonders bewandert in allen Stammesverhältnissen und -wirrnissen galt. Runzelmann beantwortete die Frage nur ungern, aber er tat es.
    »Vielleicht kann Queenie Halkett irgendeinen Hinweis geben. Sie ist an jenem Abend vor dem Supermarket gesehen worden. Ihr Wagen stand dort.«
    »Das Mädchen weiß überhaupt nichts«, sagte Stonehorn kurz und heftig mit einem feindseligen Blick auf Runzelmann. Der Richter hob langsam den Kopf und schaute Joe King von unten herauf an. »Das war in allen deinen vielen Verhören das erstemal, daß du voreilig und ungefragt und unklug geantwortet hast, Joe King. – Wir werden Queenie rufen.«
    Der Angeschuldigte kam in die denkbar schlechteste Stimmung, nachdem er sich eine Blöße gegeben hatte. Nichts konnte er weniger ertragen, als verwundbar oder überhaupt in seinen eigenen Augen unvollkommen zu erscheinen. Tashina würde denken, daß er es war, der sie in diese Sache durch irgendwelche Aussagen hineingezogen hatte. Natürlich wurde sie erst getrennt von ihm vernommen. Er konnte ihr keinen Wink geben; er konnte sie von sich aus nichts wissen lassen, gar nichts. Wahrscheinlich spielte sich dann eine Szene ab, in der sie ihn zu verleugnen suchte, oder sie sagte, vom Richter gedrängt, zuviel. Die Polizisten, die Richter, diese Familie Booth würden triumphieren, und Queenie würde zu leiden haben. Stonehorn war nahe daran, wirklich einen verrückten Ausbruchsversuch zu wagen, um die Vernehmung von Queenie noch abzuwehren.
    Aber er sagte sich, daß auch dieser Weg nicht mehr gangbar war, denn die Zeugin Queenie wurde durch einen solchen Vorgang nicht weniger interessant.
    Der Richter ließ Stonehorn abführen. Er wurde in die Zelle mit vergittertem Fenster gebracht, die gleich neben dem Gerichtshaus zu dem primitiven Polizeigefängnis gehörte.
    Stonehorn kannte die Zelle schon lange und zur Genüge. Er ließ sich auf dem Hocker nieder. Seine Hände blieben gefesselt. Dauernd schaute bald der eine, bald der andere Polizist prüfend durch den Spion an der Tür.
    Unterdessen war Runzelmann beauftragt worden, Queenie unauffällig herbeizuschaffen. Der Richter wollte der Familie Halkett und dem Mädchen selbst möglichst alle Schande ersparen. Wenn ein Name überhaupt im Zusammenhang mit Joe King ins Gerede kam, gleich, aus welchem Grunde, so schien er beschmutzt. Der alte Richter bereute schon fast, daß er auf den Vorschlag Runzelmanns eingegangen war.
    Aber nur an diesem Punkt konnte die Raubtierfalle für Joe King aufgestellt werden.
    Runzelmann stand auf der Straße und

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