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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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überlegte.
    Queenie konnte an diesem Tag nur an zwei Plätzen gefunden werden, rechnete er, denn es war Donnerstag, und für jeden Donnerstag hatte sich das Mädchen mit der Töpfermeisterin verabredet, die in der kleinen Werkstatt nahe der Agenturstraße Töpfereien mit alten symbolischen Mustern herstellte. Queenie wollte die Töpferarbeit studieren, um künstlerische Entwürfe vielleicht dafür nutzbar machen und den Absatz heben zu können. Die Leute auf der Reservation waren arm, und noch waren viel zu viele arbeitslos. Man mußte sich Gedanken machen, was es Nützliches und Schönes zu schaffen gab, um mehr Hände zu beschäftigen. Der Stammesrat und auch Mr. Haverman hatten Queenies Vorhaben begrüßt; man sprach davon. Wie tüchtig war dieses Mädchen, das sich selbst Ferienarbeit suchte und nicht auf die Bemühungen der Verwaltung wartete.
    Der alte Wagen der Familie Halkett parkte nicht an der Straße, aber das wollte nichts sagen, denn Queenie konnte mit einem Pferd gekommen sein, oder vielleicht hatte irgendein entfernter Nachbar sie unterwegs mitgenommen. Aber es schien Runzelmann gewiß, daß Queenie entweder zu Hause, wahrscheinlicher aber in der Töpferei zu finden war. Die Töpfermeisterin war eine Verwandte Runzelmanns. Sie war eine kluge und stille Frau.
    Runzelmann schlenderte zu der Werkstatt. Er traf dort die Töpferin und Queenie, wie er gehofft hatte, grüßte und tat, als ob er es keineswegs eilig habe. Queenie ließ sich eingehend die Technik der Töpferei erklären, denn ohne diese zu kennen, konnte sie natürlich keine Vorschläge machen. Sie fragte schließlich, ob sie nicht erst einmal in den Ferien mitarbeiten dürfe und vielleicht dann nächstes Jahr neue Entwürfe zeigen werde. Da hörte sie, daß es wenig Aufträge gab und kein Geld, um auf Vorrat zu arbeiten. Die Reservation war von der Touristik noch kaum berührt, und die Erzeugnisse des Kunsthandwerkes verkauften sich schwerer als in jenen Gebieten, die durch landschaftliche Schönheit die Ferienfahrer anzogen.
    Die Praxis mochte Queenie in diesem Augenblick wie eine altbackene, eingeschrumpfte Frau erscheinen, die den hochfliegenden Luftgebilden guten Willens Beil anhängte und sie herabzog.
    »Wirst du auch die 12. Klasse der Schule besuchen?« fragte Runzelmann aus dem Hintergrund; er lenkte damit ab und fing Queenies Aufmerksamkeit für sich ein.
    »Natürlich. Ich springe doch nicht ein Jahr vor dem Baccalaureat ab.« Queenie hatte diese Antwort schnell, aus ihrem ganzen bisherigen Vorstellungskreis her gegeben. Als der Satz zu Ende gesagt war, fiel ihr ein, daß sie in diesem Jahr vielleicht einem Kind das Leben schenken würde.
    »Das ist gut. Und dann wird geheiratet?«
    Queenie war einen Moment verblüfft. Wovon sprach denn dieser Runzelmann? Sie fing sich noch rechtzeitig.
    »Wie kommt Ihr denn darauf, Runzelmann?«
    »Nun, weil Harold Booth schon so ungeduldig ist.«
    »Es ziemt sich für einen Indianer, geduldig zu warten. Ein Jäger muß lange auf der Lauer liegen können, bis der rechte Moment kommt.«
    Runzelmann begriff, daß das Mädchen von dem Verschwinden Harolds nichts ahnte. Queenie konnte viel in sich verschließen, aber sich derart zu verstellen, das hatte sie wohl kaum gelernt.
    »Stonehorn ist verhaftet«, sagte er.
    »Warum?« fragte Queenie ernst und ruhig.
    »Er hat Harold ermordet.«
    »Wer sagt das?« In Queenies Verhalten gab es kein Zeichen der Unruhe.
    »Das Kettchen, das Harold immer um den Hals trug, wurde bei Stonehorn gefunden, und er kann nicht nachweisen, wo er sich in der Sturmnacht befand, als Harold zum letztenmal gesehen wurde.«
    »Er muß doch irgendwo gewesen sein.«
    »Allerdings, denn ein Geist ist er nicht, wenn es auch manchmal so scheint.«
    »Was sagt er denn aus?«
    Runzelmann wußte sehr gut, daß er seine Befugnisse überschritt. Er sollte Queenie nicht aushorchen und sie auch nicht etwa informieren, er sollte sie lediglich zum Zeugenverhör bringen. Aber so, wie er Queenie kannte, bestand die Gefahr, daß sie dort den Mund noch weniger auftat als Joe King. Hier bei der Töpferin ließ sich ein Gespräch besser an. Er wollte aber Queenie helfen, wenn es möglich war, denn er war es gewesen, der ihren Namen in die Verhandlung hineingezerrt hatte. Er gab dem Mädchen Antwort.
    »Stonehorn verweigert die Aussage.«
    »Warum?«
    »Das weiß wohl nur er selbst.«
    »Aber klug ist es nicht?«
    »Wenn er den Mord begangen hat, ist es das einzige, womit er die Sache noch hinziehen

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