Nacht über der Prärie
Schloß. Dann stellte er sich auf die linke Seite des Verhafteten, während der Polizist mit der schußfertigen Pistole hinter dessen Rücken stand.
»Was ist los?« fragte der alte Richter. Er befürchtete, daß man ihm Vorwürfe machen würde, wenn in Gegenwart des Mädchens irgend etwas geschah, was der Ordnung nicht entsprach.
»Der Bursche da ist schlechter Laune.«
»Weiter nichts?«
»Noch nicht.«
Queenie sah Stonehorn an. Sie suchte unentwegt seine Augen, und er wich nicht aus, sein Ausdruck war aber nicht gegenwärtig.
»Joe King!« begann der Richter mit jener scharfen Stimme, die Ed Crazy Eagle schon einmal aufgefallen war. »Wo warst du in der Sturmnacht?«
»Ich verweigere die Aussage.«
»Woher hast du das silberne Kettchen, das Harold stets um den Hals getragen hat?«
»Ich habe es gefunden.«
»Wir wissen bereits mehr, als du zu glauben scheinst. Es ist besser für dich, zu gestehen.«
Auf den Zügen des Angeschuldigten erschien die verächtliche Herablassung, die dem alten Richter oder auch möglichen Aussagen von Queenie gelten konnte. Wer wußte es? Joe King kannte die Taktik richterlicher Vernehmungen.
»Wie kamst du dazu, Miss Halkett auf offener Straße wie eine Bekannte zu grüßen?«
»Wir sind früher in die gleiche Schule gegangen.«
»Grüßt du alle ehemaligen Schüler dieser Schule?«
»Mag sein. Aber das übersteigt mein Erinnerungsvermögen.«
»Das übersteigt dein Erinnerungsvermögen.«
»Yes.«
»Du hast in den vielen Untersuchungen, zu denen du die Gerichte gezwungen hast, und im Gefängnis offenbar nicht wenig gelernt.«
»Ich war immer ein schlechter Schüler.«
»Und ich habe es satt, daß du junger Bursche und Bandit mir auf diese unverschämte Weise begegnest! Verstanden?«
»Yes.« – Stonehorn sprach dieses Yes stets ganz kurz, wie abgehackt.
Der alte Richter war über sich selbst ärgerlich. Er hatte sich von der Vernehmung Joe Kings in Gegenwart des Mädchens irgend etwas versprochen, was nun nicht eintrat. Joe hatte seine volle Selbstbeherrschung wiedergewonnen und spielte mit Aussagen wie mit einem Colt in der geübten Hand.
»Du scheinst dich damit abgefunden zu haben, daß du als Mörder hingerichtet wirst, denn du bist klug genug, um zu wissen, daß deine Aussageverweigerung die Indizien nicht mehr entkräften kann. Zweimal hast du dieses Spiel gespielt, das drittemal ist dein Gericht.«
Stonehorn schwieg. Er wußte genau, daß der Richter ernst machen wollte und ernst machen konnte. Harold Booth war zwar nicht als Leiche gefunden worden, und die Indizien waren schwach, aber gegen einen Joe King konnte man jetzt jedermann aufbringen.
Tashina sah immer noch unentwegt auf Joes Gesicht. Wann auch immer er ihren Blick suchen würde, er sollte ihn finden. Und in diesem Moment blitzte ein Gruß in seinen Augen auf. Der Richter hatte es bemerkt.
Er wandte sich Queenie zu.
»Haben Sie etwas zu sagen? Irgend etwas beobachtet, was hier dienlich sein kann? Wissen Sie, wohin sich Joe King gewandt hat, als Sie mit Ihrem Wagen abfuhren?«
»Ich war in dieser Nacht mit ihm zusammen.«
»Du… wo?!« Der alte Richter mußte alle Nervenkräfte zusammenreißen, um die Frage in würdig bleibendem Ton zu stellen.
»Darüber verweigere ich die Aussage.«
»Queenie! Was heißt das?«
»Ich war mit ihm zusammen.«
Der Richter erhob sich. »Queenie! Er hat dich vergewaltigt?«
»Nein.«
Es trat Schweigen ein.
Der alte Richter atmete ein paarmal tief.
»Queenie! Würdest du das vor deinem Vater wiederholen?«
»Ja.«
»Wann bist du nach Hause gekommen?«
»Des Morgens. Mein Wagen war vom Sturm umgerissen worden.«
»Du hast… du bist… weißt du, was du hier sagst?«
»Ja.«
»Willst du diesen verdammten Gangster retten? Bist du verliebt?«
»Ich war mit ihm zusammen. Es ist die reine Wahrheit.«
»Vor Gericht wirst du schwören müssen.«
»Das kann ich.«
»Wie willst du beweisen…?!«
»Ich hoffe, daß wir ein Kind haben werden.«
Queenie sah die Mienen der Polizisten nicht. Sie schaute nur auf Stonehorn. Seine Augen waren wieder abwesend.
»Queenie…« Die Stimme des Richters wurde leise vor Entsetzen. »Queenie… von diesem Mann? Bist du noch bei Sinnen?«
»Ich will es haben. Es wird schön sein und stark.«
»Das Kind eines Mörders…«
»Nein. Mein Mann ist kein Mörder.«
Stonehorn sah seine Frau an. Was sie sagte, erschien dem Verfemten ein viel größeres Wunder als jedem anderen.
Der alte Richter hob das Kettchen in
Weitere Kostenlose Bücher